Immer öfter bleiben Gemeinden auf erschlossenen Grundstücken sitzen.

Lüneburg. Der Bauboom in den Orten des Landkreises Lüneburg ebbt ab. Schossen seit den 1990er-Jahren selbst in den entlegensten Winkeln des Landkreises Baugebiete wie Pilze aus dem Boden, bleiben Gemeinden und Bauträger seit geraumer Zeit abseits des Speckgürtels rund um die Stadt Lüneburg auf ihren Bauplätzen sitzen.

Verschärft wurde die sinkende Nachfrage noch durch die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise. Und nun greift der Landkreis Lüneburg zudem in die Siedlungspolitik ein. Das Regionale Raumordnungsprogramm als Leitfaden für die Entwicklung des Landkreises wird verändert. Der Kreis plant, bei der Ausweisung von Bauland auf die Bremse zu treten.

In den kleinen Dörfern dürfen die Kommunen mit dem neuen Raumordnungsprogramm, dessen Entwurf ab Mai in den politischen Gremien beraten wird, künftig nur noch Flächen für den Eigenbedarf seiner Einwohner an neuen Häusern ausweisen und Lücken in der bereits vorhandenen Bebauung schließen. Große Baugebiete sind dann unzulässig. Diese erlaubt der Kreis nur noch in den zentralen Orten wie etwa Lüneburg, Adendorf, Amelinghausen, Bardowick, Reppenstedt und Scharnebeck, die über eine entsprechende Infrastruktur verfügen und an den Personennahverkehr angebunden sind.

,,In der Siedlungspolitik muss sich etwas ändern", betont Kreisrätin Monika Scherf. "Unser Ziel ist es, den Flächenverbrauch für Wohnbebauung im Landkreis bis 2020 um 50 Prozent zu senken." Im Landkreis Lüneburg seien ihren Worten zufolge alleine in den Jahren 2006/2007 rund 100 Hektar Land als Siedlungsfläche ausgewiesen worden - bundesweit sind es täglich 120 Hektar.

,,Alarmzeichen gibt es - und zwar, wenn in kleinen Gemeinden der Ruf nach Kindergärten und Schulen laut wird. Das ist falsch, denn die Einrichtungen benötigt in der Zukunft dort keiner mehr", meint Scherf. Der demografische Wandel sei im Anmarsch und erreiche in einigen Jahren auch den Landkreis Lüneburg. ,,Darauf müssen wir vorbereitet sein und reagieren jetzt, indem wir festlegen, was wo sinnvoll ist. Der Schwerpunkt in der Siedlungspolitik liegt deshalb künftig in den zentralen Orten", betont die Kreisrätin. Zudem solle der bestehende Immobilienbedarf geschützt werden. ,,Im Zweifel geht der Umbau, die Umnutzung oder der Abriss und Wiederaufbau von Gebäuden vor die Ausweisung von Neubaugebieten."

Peter Monreal, Geschäftsführer der Scharnebecker Erschließungs- und Baugesellschaft (SEB), sagt, in der Samtgemeinde Scharnebeck habe die SEB noch genügend Auswahl an Bauland. ,,Rund 130 Grundstücke, die sich auf die Orte Artlenburg, Boltersen, Hittbergen, Jürgenstorf, Rullstorf-Kronsberg und Scharnebeck verteilen." Auch wenn die Nachfrage nicht mehr so groß sei wie noch vor fünf Jahren, ist Monreal überzeugt, bis 2015 die Grundstücke zu vermarkten. ,,Es wird zwar sanfter werden als bisher, doch bis 2015 wird für den Landkreis eine Zunahme der Bevölkerung prognostiziert. Erst danach müssen wir kleinere Brötchen backen."

Den Optimismus zieht der SEB-Geschäftsführer daraus, dass zum einen die Stadt Hamburg nicht ausreichend Wohnraum schaffe, die Menschen deshalb weiter auf das Umland im Süden auswichen. Zum anderen seien die Spareinlagen auf den Bankkonten hoch. ,,Geld fürs Bauen ist da."

Peter-Henning Reinstorf von der Niedersächsischen Landgesellschaft (NLG) in Lüneburg, die zum Beispiel in Hohnstorf/Elbe und Westergellersen Grundstücke vermarktet, räumt ein: ,,In den Dörfern ist es schwieriger geworden, Interessenten zu finden." Gründe seien unter anderem, dass die Eigenheimzulage weggefallen sei und dass die Spritkosten zwischenzeitlich sehr hoch gewesen seien. ,,Trotzdem läuft das Geschäft in der Stadt Lüneburg gut. Im Baugebiet am Brockwinkler Weg sind nur noch fünf bis sechs Grundstücke frei und es gibt für diese 40 Interessenten", berichtet er.

Jedoch habe er eine Trendwende beobachtet. ,,Früher war ruhiges Wohnen im Grünen gefragt, heute ist das Wohnen am Stadtrand angesagt." Die großen Baugebiete in den Dörfern seien eine Ausnahmeerscheinung gewesen, weil die geburtenstarken Jahrgänge und die Menschen aus der ehemaligen DDR in den 1990er-Jahren auf den Markt drängten. ,,Kleine Baugebiete wird es weiterhin im Landkreis geben, große hingegen nicht mehr."