In Lüneburg waren im Vorjahr 3179 Menschen auf das Arbeitslosengeld II angewiesen, obwohl sie einen Job hatten.

Lüneburg. Immer mehr Beschäftigte im Landkreis Lüneburg verdienen so wenig, dass sie ihren Lohn mit Hartz IV aufstocken müssen - das belegt eine offizielle Statistik der Bundesagentur für Arbeit (AfA). Während im Januar 2007 noch 2305 Beschäftigte eine Aufstockung beantragen mussten, waren es im Mai vergangenen Jahres bereits 3179 Erwerbstätige. Demnach war im gleichen Zeitraum mehr als jeder vierte Hartz-IV-Empfänger im Landkreis Lüneburg erwerbstätig, das sind 28,2 Prozent.

Der Lüneburger Regionsvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Hartwig Erb, fordert deshalb: "Wir wollen einen Mindestlohn." Folgt man einem aktuellen Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), so ist bundesweit nur ein geringer Teil der Aufstocker allein wegen geringer Stundenlöhne bedürftig. Die Betroffenen arbeiten häufig weniger als 35 Stunden pro Woche, das ergab eine Umfrage unter knapp 20 000 Personen. Trotz hoher Arbeitsmotivation der Betroffenen verhinderten mangelnde Kinderbetreuungsangebote, eine zu geringe Qualifikation oder gesundheitliche Einschränkungen eine Vollbeschäftigung.

Die zu Grunde liegende AfA-Statistik weist 949 Erwerbstätige mit einem Bruttolohn von mehr als 800 Euro aus. Lennard Aldag, Organisationssekretär des DGB, sagt: "Wir gehen davon aus, dass diese Menschen annähernd Vollzeit arbeiten, ohne davon leben zu können."

Nach Berechnungen des DGB muss der Staat dieser Gruppe im Schnitt 529 Euro Hartz IV-Zuschuss pro Person und Monat zahlen, damit das gesellschaftliche Existenzminimum sichergestellt werden kann. Insgesamt wären das monatlich rund 502 000 Euro.

"Das sind Spekulationen, die so nicht bestätigt werden können", hält Arge-Sprecher Thomas Bolle dagegen. Insgesamt bestätigt der Experte bestätigt zwar die steigende Tendenz im Bereich der Hartz-IV-Aufstocker, allerdings "ist es sehr schwierig, hier verlässliche Aussagen über Kosten zu machen."

Eine Prognose für das Jahr 2009 hält Bolle für schwierig: "Da gucken wir in die Glaskugel." Einerseite wirke sich die Einführung der Mindestlöhne in einigen Bereichen sicher positiv aus. Andererseits würden wegen der Rezension häufiger Minijobs angeboten. Auch diesen Teilzeitkräften steht eine Aufstockung mit Arbeitslosengeld II zu.

Bereits ohne die Zahl der Hartz-IV-Empfänger mit Minijob zu berücksichtigen "muss der Staat die Armutslöhne in unserem Landkreis monatlich mit über einer Million Euro subventionieren und damit rund zwölf Millionen Euro im Jahr aufwenden", so Hartwig Erb. Auch hier kontert Bolle: "Das ist aus der Luft gegriffen." Es würden keine Zahlen zu den Gesamtausgaben bezogen auf die Gruppe der Hartz-IV-Aufstocker erfasst.