Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) hat gestern in Hannover die Abschaffung der Richtgrößenprüfungen im Arznei- und...

Lüneburg. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) hat gestern in Hannover die Abschaffung der Richtgrößenprüfungen im Arznei- und Heilmittelbereich gefordert und die sofortige Aussetzung sämtlicher Verfahren im Zusammenhang mit Richtgrößenregressen veranlasst.

"Schon in den vergangenen Jahren haben wir immer wieder auf die katastrophale Datenlage der Krankenkassen hinsichtlich der Richtgrößenprüfungen hingewiesen. Diese Kritik ist nun erstmals von einem Gericht bestätigt worden", sagt der stellvertretende KVN-Vorstandsvorsitzende, Dr. Volker Steitz.

Die Lüneburger Rundschau hat in der Vergangenheit mehrfach über dieses Thema berichtet. So auch über den Lüneburger Orthopäden Fred Dahl. Dem Mediziner drohten hohe Geldstrafen, weil er sein Heilmittelbudget für mehrere Quartale überschritten hatte, aber dennoch zum Wohl der Patienten weiter die nötigen Massagen, Physiotherapien oder Wärmebehandlungen verschrieb. Hintergrund ist, dass die Ausgaben der Mediziner seit Jahren gedeckelt sind. Die KVN hatte ihm mit einer Strafe von rund 16 000 Euro gedroht.

In Niedersachsen sind allein für das Jahr 2006 insgesamt 134 Praxen vom Prüfungsausschuss informiert worden, dass ihnen Regresse in bis zu sechsstelliger Höhe drohen, weil sie die Richtgrößen überschritten haben. Die gesamte Regresssumme beläuft sich auf sechs Millionen Euro.

Die KVN lässt in ihrer Pressemitteilung verlauten, "ein Festhalten am Budget und an der Bedrohung der Ärzte mit Richtgrößenprüfungen (sei) unsinnig" und beruft sich dabei auf ein Rechtsschutzverfahren des Landessozialgerichts (LSG). Die Regressforderungen seien schon aus formal juristischen Gründen nicht durchsetzbar.

Steitz sieht den Gesetzgeber nun in der Pflicht, mit anderen Mitteln dafür zu sorgen, dass die Verordnungskosten im Rahmen bleiben. "Ärzte sollten sich in Zukunft nur noch dafür rechtfertigen müssen, dass ihre Verordnungen der Indikation angemessen sind. Existenzängste und Unsicherheit von Ärzten bei der Patientenversorgung müssen endlich ein Ende haben", fordert der KVN-Chef.