Wentorf. Sie wollen niemanden stören, aber auch mal unter sich sein. Dafür haben sie in Wentorf ein Projekt angeschoben – mit Erfolg.
Anfang des Jahres haben sich Jugendliche aus Wentorf erstmal getroffen, um in einer Zukunftswerkstatt einen möglichen Standort für einen zentralen Treffpunkt unter freiem Himmel zu erarbeiten. Tatsächlich könnten bereits Ende des Jahres darüber beschlossen werden.
Gerade bei Familien ist die Gemeinde Wentorf als Wohnort begehrt: Für Kinder gibt es dort Betreuungseinrichtungen, Schulen, Sportangebote, Angebote der Kirchengemeinden, der Feuerwehr, viele Spielplätze und das Prisma, das Jugendzentrum, das vor allem bei Elf- bis 15-Jährigen sehr beliebt ist. Doch wenn die Kleinen aus den Kinderschuhen herausgewachsen sind, bietet die Kommune in Hamburgs Speckgürtel wenig.
Wentorf bietet Heranwachsenden keinen Treffpunkt
„Sobald es regnet, stehen wir irgendwo vor den Supermärkten herum und wissen nicht, wo wir uns treffen sollen“, erzählt beispielsweise Davin Erb (18), der eine Ausbildung zum Speditionskaufmann absolviert. „Für uns Ältere ist das Prisma beispielsweise nicht geeignet. Für Elf- bis 15-Jährige ist es ein Superangebot. Wir wollen unter uns sein.“
„Junge Leute ab 15 Jahren wollen sich ausprobieren und sich auch einmal ohne Aufsicht treffen“, bestätigt Mario Kramer, Wentorfs Kinder- und Jugendpfleger. Viele Jugendliche hätten die Erfahrung gemacht, dass sie von ihren Treffpunkten vertrieben werden, berichtet Kramer. Schließlich brachte Straßensozialarbeiterin Sandra Zahn die jungen Leute mit in den Bürgerausschuss – und der Stein kam ins Rollen: „Diese Verdrängungspolitik bringt uns nicht weiter“, sagt sie. „Jugendliche werden sich immer draußen treffen.“ Das Thema beschäftigt sie, seitdem sie seit etwa neun Jahren vom Kreis aus die Straßensozialarbeit in Wentorf macht. „Dann lasst uns einen Ort mit größtmöglicher Akzeptanz schaffen“, schlug sie der Politik vor.
CDU-Anfrage gab den Anstoß für die Zukunftswerkstatt
Eine Anfrage der CDU gab den Anstoß für ein Beteiligungsprojekt, eine Zukunftswerkstatt, die im November in ein reales Ergebnis münden könnte: Im Februar trafen sich 13 Jugendliche und Heranwachsende im Alter von 15 bis 28 Jahren und entwickelten gemeinsam mit Sandra Zahn und Mario Kramer einen möglichen Standort für einen Unterstand für die Jugendlichen.
„Es war interessant, welche Kritikpunkte die jungen Leute nannten“, erinnert sich Kramer. „Allem voran das Fehlen eines wettergeschützten Unterstandes – aber auch die Verdrängung an anderen Trefforten durch Anwohner wurde mehrfach genannt. Außerdem bemängelten die Jugendlichen fehlende Einkaufsmöglichkeiten nach 22 Uhr sowie den nicht jugendgerechten Busfahrplan in Wentorf.“ Auch die Schließzeiten der Skateranlage sowie die unzugänglichen Sportplätze, der Müll im Park wegen zu seltener Leerungen hätten in der Kritik gestanden.
Jugendliche wünschen sich einen Rundpavillon mit Tischen und Bänken
Als Unterstand wünschen sich die jungen Wentorferinnen und Wentorfer einen Rundpavillon mit Seitenwänden, Sitzgelegenheiten für bis zu 15 Personen, Bänke und Tische, am liebsten auch Strom für eine ausreichende Beleuchtung – möglicherweise mit einer Solarzelle auf dem Dach.
Wichtig sei den jungen Menschen aber vor allem, dass sich der Treffpunkt zwar an einem zentralen Ort befinde, wo sich jedoch niemand beschweren könne. Auch ausreichend Müllbehälter samt regelmäßiger Leerungen und mehr Respekt von der Polizei stehen auf dem Wunschzettel.
Als Standort hat die Gruppe den Park zwischen dem Casinopark, dem Südring und dem Parkplatz herausgearbeitet. „Er ist ideal. Denn der ist einerseits zentral, andererseits gibt es nicht viele Anwohner in der Nähe“, erläutert Wentorfs Jugendpfleger. Beim Pavillon am Henkenhoop beispielsweise habe es eine zu dichte Bebauung gegeben, sagt Davin Erb, der dort selbst einmal Anwohner gewesen ist. Der Streit sei programmiert gewesen.
Liegenschaftsausschuss will darüber beraten
Zusätzlich habe es bereits eine positiv verlaufene Aussprache zwischen drei Vertretern der Jugendlichen, drei der Anwohner, Mario Kramer, Sandra Zahn, den Vorsitzenden des Bürger-, des Planungs- und des Liegenschaftsausschusses gegeben. Der Austausch der Argumente sei „wertschätzend“ verlaufen, berichtet Mario Kramer.
Deshalb versucht die Jugendarbeit der Gemeinde jetzt, den überdachten Treffpunkt zu installieren. Am 10. November soll der Liegenschaftsausschuss darüber beraten und entscheiden. Noch steht die Tagesordnung nicht. Für die Politik wäre ein Beschluss innerhalb eines Jahres eine Blitzentscheidung – für Jugendliche aber ist schon ein halbes Jahr eine lange Zeit.
Straßensozialarbeiterin hält die Jugendlichen auf dem Laufenden
Ein Umstand, der schon viele junge Menschen, die sich eigentlich interessieren und engagieren möchten, in die Politikverdrossenheit getrieben hat. Für sie wäre es wichtig, dass ihr Treffpunkt in der nächsten Sitzung thematisiert wird.
Doch Sandra Zahn und Mario Kramer haben die Teilnehmenden der Zukunftswerkstatt vorgewarnt. „Wir haben ihnen die politischen Abläufe erklärt und gesagt, das kann dauern. Wenn das Thema jetzt im November diskutiert wird, wäre das ein Knaller“, sagt Sandra Zahn.
Über die Straßensozialarbeiterin hält Kramer die Jugendlichen auf dem Laufenden. Einige haben angekündigt, dass sie in die Sitzungen kommen wollen. Davin Erb ist schon gespannt: „ Wir waren immer dabei, wenn unser Thema politisch diskutiert worden ist.“