Wentorf. Barrierefrei soll die Toilette im Wentorfer Einkaufszentrum sein. Rollstuhlfahrer können sie aber nicht nutzen. Woran es hakt.

Toilettengänge plant die Wentorferin Susanne Denkert sorgsam. Denn sollte die 64-jährige Rollstuhlfahrerin unterwegs das menschliche Bedürfnis überkommen, kommt sie leicht in Schwierigkeiten. Im sogenannten Würfel des Einkaufszentrums Casinopark gibt es zwar eine Toilette für Gehbehinderte. Doch entgegen der Kennzeichnung ist sie nicht behindertengerecht: Der Raum viel zu klein für Rollstuhlfahrer. „Ich komme zwar mit dem Rollstuhl rein, zum Drehen ist er aber zu eng “, sagt Denkert. Was zur Folge hat, dass sie sich nicht auf die Toilette hieven kann.

Und selbst einfaches Händewaschen wird hier zum Problem, denn der automatische Türöffner funktioniert nicht. Dabei hatte sich die Wentorferin bereits vor neun Jahren an unsere Zeitung gewandt und darauf aufmerksam gemacht, dass genau der hier fehlt. Denn das Öffnen der schweren Tür mit Schlüssel ist vom Rollstuhl aus sehr umständlich und ohne Hilfe kaum machbar ist. Kurz darauf wurde die Automatik eingebaut, hat die Gemeinde keinen Aufwand und keine Kosten gescheut, die Barrierefreiheit in der Toilette in der Ortsmitte herzustellen.

Eigentümer will Behinderten-WC im Wentorfer Casinopark optimieren

Dass die nun aber zu klein ist für die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern, ist Bürgermeister Dirk Petersen neu. Eine Lösung des Problems sieht er aber nicht: „Ich wüsste nicht, wie die unter den gegeben Umständen aussehen soll.“ Der Würfel könne ja nicht beliebig erweitert werden, sagt Petersen, der sonst die Barrierefreiheit in der Gemeinde im Blick hat und stolz auf sein barrierefreies Rathaus mit Fahrstuhl ist.

Beim Eigentümer der Gewerbeflächen, der Swiss Life Asset Managers Deutschland GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main, war das Toilettenproblem bislang nicht bekannt. Hier will man sich dem Problem jetzt annehmen, soll der Hausmeister den Türöffner reparieren. „Zudem prüfen wir, wie die Toilettenanlage auf ihre Nutzung hin optimiert werden kann“, sagt Stephan Pacho, Kommunikationsleiter der Vermögensgesellschaft Swiss Life Asset Management.

Behindertenbeauftragte des Kreises kann sich das alles nicht erklären

Der Umbau der Toilette lag vor dem Eigentümerwechsel im Sommer 2020. Die Toilettennutzung ist unentgeltlich – zumindest für diejenigen, die einen Schlüssel haben. Zehn Euro hat ihrer gekostet, sagt Denkert, der auch für barrierefreie Toiletten an Autobahnen passt.

Wie es passieren kann, dass ein Toilettenraum für Gehbehinderte zu klein geraten kann, kann sich die Behindertenbeauftragte des Kreises Kirsten Vidal nicht erklären, zumal es doch „eigentlich baurechtliche Vorgaben“ gibt. Etwa fünf Prozent aller Kreisbewohner sind gehbehindert, weiß Vidal. Doch Chancengleichheit und Teilhabe müsse es auch für Seh- und Hörbehinderte, für Migranten und Menschen mit geistiger Behinderung geben.

350 Quadratmeter große Fläche steht seit zwei Jahren leer

Barrierefreiheit im sogenannten Würfel im Casinopark ist das eine, Leerstand das andere. Seit zwei Jahren gelingt es dem Investor nicht, hier einen neuen Mieter für die repräsentative Gewerbefläche zu finden. „Die 350 Quadratmeter stehen aktuell leider immer noch leer. Wir bemühen uns mit weiteren Maßnahmen allerdings konsequent, die Fläche zu bewerben und eine Lösung zu finden“, sagt Stephan Pacho und betont, dass es der einzige Leerstand ist. „Unsere Präferenz wäre eine gastronomische Nutzung“, sagt Pacho. Denn die würde die Attraktivität und Verweildauer des Platzes erhöhen.

Dass in diesen Punkten noch Verbesserungsbedarf im Casinopark besteht, das sieht auch Bürgermeister Dirk Petersen. Schön öfter hat der Verwaltungschef in der Politik angeregt, den Platz zu begrünen, mit mehr Sitzplätzen und einem Springbrunnen zu versehen. Bislang gibt es hier kaum Schattenplätze, heizt sich die gepflasterte Fläche an heißen Sommertagen zusätzlich auf.

Das Geld wurde für einen Schulbau dringender benötigt

Als der Platz vor mehr als 20 Jahren geplant wurde, war in seiner Mitte übrigens ein Brunnen vorgesehen. „Den habe ich einkassiert“, sagt der damalige Bürgermeister Holger Gruhnke gegenüber unserer Zeitung. Unter Gruhnke ist der Casinopark geplant worden. Das Geld wurde für einen Schulbau dringender benötigt, sagt er. Gegen den Wind, der über den Platz fegt und an dem sich viele Wentorfer stören, hätte auch kein Brunnen geholfen.

Als störend empfinden viele derzeit auch die beiden Trinker, die auf den Bänken rumlungern, ihre Flaschen liegen lassen oder schlimmsten Fall mit einem Wurf über die Schulter entsorgen. „Eine hätte mich fast erwischt“, sagt Denkert.

Die Ordnungsamtsmitarbeiter haben das Problem im Blick, sprechen Platzverweise aus. „Und auch die Mitarbeiter vom Bauhof säubern regelmäßig den Platz“, sagt Petersen. Allerdings nicht am Wochenende. In der Polizeistation sind die beiden Männer ebenfalls bekannt, sind den Beamten aber die Hände gebunden. Vor einigen Jahren war das Problem gravierender, wurde die Polizisten nachts öfter gerufen, weil Jugendliche bei lauter Musik grölten.