Wentorf/Aumühle. Die Aumühler Künstlerin bietet Besuche in ihrem Wentorfer Atelier und auch Werke zur Miete an – ein Einblick in den Kunstmarkt.

Künstler haben es schwer, seit die Pandemie ausgebrochen ist: Ausstellungen und vor allem Vernissagen sind kaum möglich. Und wenn doch, ist ihnen die Unbeschwertheit verloren gegangen. „Der Verkauf wird uns zurzeit sehr erschwert“, erzählt die Aumühler Künstlerin Anja Witt. „Denn die Vernissagen sind dafür superwichtig. Die Leute sind zwar hungrig auf Kunst, aber der Spaß fehlt, wenn alle mit Maske herumstehen.“

Anders Petersen vom Bundesverband bildender Künstlerinnen und Künstler Schleswig-Holstein bestätigt dies: „Wir Künstlerinnen und Künstler der bildenden Kunst sind deutlich von der Pandemie betroffen, wenngleich nicht so stark wie die Kolleginnen und Kollegen aus der Musik oder von der Bühne. In den vergangenen zwei Jahren haben wir viel Unterstützung erfahren, doch die Stimmung in der Öffentlichkeit ist nach wie vor schlecht. Bereits während des Winters war die Öffentlichkeit beim Ankauf von Kunst oder auch beim Besuch von Vernissagen sehr zurückhaltend. Denn die meisten Verkäufe laufen nach wie vor über Vernissagen. Außerdem haben sich auch mehrere Wettbewerbe sowohl für Kunst am Bau als auch für Kunst im öffentlichen Raum verzögert, etwa, weil sich die Jurys wegen Corona nicht treffen konnten.“

Das großformatige Gemälde geht nach Schleswig-Holstein

Anja Witt aber ist zuversichtlich: „Im Sommer wird es besser“, sagt die Aumühlerin. Schon jetzt hat die Künstlerin allen Grund zur Freude: Über eine Kieler Galerie ist es ihr gelungen, ein großformatiges Bild zum Preis von 4500 Euro an den Schleswig-Holsteinischen Landtag zu verkaufen. „Ich habe mich schon riesig gefreut, dass die Kieler Galeristin Ute Brennwald eine Ausstellung gezeigt hat“, erzählt Anja Witt. Zusammen mit zwölf weiteren Künstlerinnen und Künstlern hat sie an der Gruppenausstellung „Angekommen“ teilgenommen.

Schon bei einer Galerie landen zu können, sei schwierig, habe auch viel mit Glück zu tun: „Meine Galeristin habe ich durch ein Projekt mit Wissenschaftlern kennengelernt“, erzählt die Künstlerin. Sie sei mit diesen gemeinsam auf einer Bootsfahrt gewesen. „Danach habe ich Ute Brennwald einfach angeschrieben und davon berichtet“, verrät Witt. „Allerdings hat sie mich zuerst abgelehnt: Ich passe nicht in ihr Programm.“ Ein Jahr später habe die Galeristin sie dann doch zu der Gruppenausstellung eingeladen. Für ihre meist großformatigen Acrylbilder hatte Anja Witt dort viel Platz, konnte elf Arbeiten zeigen.

Die meisten ihrer Arbeiten sind vom Meer inspiriert

Zu den Besuchern gehörte auch eine Referentin des Landtags. „Der Landtag hat einen Sammlungsauftrag und kauft Bilder an“, erklärt Galeristin Ute Brennwald. Für sie ist es ebenfalls eine Premiere, dass ein bei ihr ausgestelltes Bild künftig im Landtag – in einem Konferenzraum – hängen wird. Anja Witt hat ihr Werk „above and below“ genannt. „Das Bild passt gut in die Politik und auch zur Stadt Kiel“, sagt sie. Wie die meisten ihrer Motive, ist auch dieses vom Meer inspiriert, in abstrakter Form und Farbe.

Das großformatige Acrylbild auf Leinwand, 2021 gemalt, zeigt ein gewaltiges Zusammentreffen einer vertikalen Bewegung von oben, zum Beispiel der Atmosphäre, auf eine horizontale Wasserfläche in der unteren Bildhälfte. „Urkräfte treffen auf der großformatigen Leinwand aufeinander“, beschreibt die Künstlerin ihr Gemälde. Der Betrachter entdeckt Schichtungen, die sich übereinanderschieben, durchscheinende und dichte, schwer wirkende Flächen treffen aufeinander.

Vor 30 Jahren wechselte sie das Metier landete in der Kunst

„Quer im Bild tauchen plötzlich signalfarbene Spuren auf, fremd und unerwartet, was ist da los?“, fragt Anja Witt. In diesem Bild beschreibt sie den Umgang mit etwas Neuem, thematisiert die Frage, wie der Mensch im ganzen „Drunter und Drüber“ sensibel bleiben könne, erläutert sie.

Anja Witt, die an der Universität Kiel Ozeanographie studierte, hat lange in der Landeshauptstadt im Geomar, einem der weltweit führenden Zentren für Meeresforschung, gearbeitet. Vor 30 Jahren wechselte sie das Metier landete in der Kunst. Ihre Werke beschäftigen sich alle mit dem Meer. Sie zeigt Wechselwirkungen und Prozesse wie Strömungen, die nicht nur an der Oberfläche, sondern auch in den Tiefen ablaufen – eben „above and below“.

Wer nur in Kanzleien oder Arztpraxen ausstellt, hat es schwer

Ihren beruflichen Wechsel hat sie nicht bereut, durch ihre Malkurse und weitere Angebote kann sie von ihrer Kunst leben, auch wenn sie eher sporadisch Gemälde verkaufe. „Um Bilder zu verkaufen, ist es wichtig, präsent zu sein“, erklärt Anja Witt. Dafür und um Kontakte zu knüpfen, nutzt sie auch soziale Medien. Ihren Instagram-Kanal aktualisiert sie wöchentlich. „Die digitalen Medien sind super, um alle auf dem Laufenden zu halten“, weiß sie. Der Verkauf von Kunst funktioniere darüber allerdings nicht.

Ihre Werke kosten auf Papier von 180 Euro an aufwärts, bei den Gemälden auf Leinwand geht es bei den kleinen Formaten bei 300 Euro los. Die Preise wählt jeder Künstler selbst: Dahinter stecke nicht allein die kreative und die handwerkliche Arbeit, sondern auch der Marktwert. Und der richte sich nach der Ausstellungshistorie: „Da gucke ich, was nehmen denn die Kollegen. Jemand, der nur in Arztpraxen oder Kanzleien ausgestellt hat, hat es nicht leicht“, weiß Witt. „Wer noch keine Agenda hat, kann es natürlich dennoch mit höheren Preisen versuchen.“

„Wichtig für den Verkauf ist das Live-Erlebnis der Interessenten“

Eine Galerie könne beratend eingreifen. Aus kaufmännischer Sicht lohne sich eine Galerie zwar nicht: Provisionen von 50 Prozent sind üblich. Dafür bringt sie wertvolle Kontakte. „Wichtig für den Verkauf ist das Live-Erlebnis der Interessenten“, erklärt die Künstlerin. „Nur so können sie erleben, wie groß ein Bild ist und wie die Farben tatsächlich wirken.“ Oft würden Gäste im Wentorfer Atelier stehen und staunen: „Was, so groß ist das Bild?“ Das erlebt Witt immer wieder. Sie lädt gern in ihr Atelier am Südring ein, zeigt ihre Arbeiten und erklärt sie. „Es ist spannend für mich zu sehen, wie jemand auf die Bilder zugeht“, erzählt Witt.

Sie bietet für Norddeutschland auch ein kostenloses Probehängen für eine Woche in den eigenen vier Wänden an. „Das ist doch ein bestimmendes Einrichtungselement“, sagt sie verständnisvoll. So könnten Interessenten in Ruhe entscheiden, ob das Bild zu ihnen passt. Seit langer Zeit vermietet sie sogar ihre Werke. Die Monatsmiete entspricht etwa zwei Prozent des Kaufpreises. Diese Offerte nutzen vor allem Firmen, die dies steuerlich absetzen können. „Ich möchte, dass meine Kunden glücklich sind“, sagt Anja Witt. Wer neugierig ist, erfährt auf www.anjawitt.de mehr.