Schwarzenbek. Der aktuelle Standort ist zu klein, deshalb steht ein Umzug an. Das Land steuert 385.000 Euro bei. Das sind die genauen Pläne.

„Gewalt gegen Frauen geht gar nicht“, betonte Bürgermeister Norbert Lütjens am Freitagvormittag bei einem ganz besonderen Festakt im Schwarzenbeker Rathaus. Das Verwaltungsgebäude ist für die Öffentlichkeit zwar nach wie vor geschlossen, aber am Freitag gab es eine Ausnahme für mehr als 20 geladene Gäste. Denn Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) kam mit einem Zuwendungsbescheid des Landes über 385.000 Euro für den Umbau einer zentrumsnah gelegenen städtischen Immobilie zum neuen Frauenhaus in Schwarzenbek.

Gewalt in Familien ist ein großes Thema - Frauenhäuser sind wichtig

„Das Geld reicht natürlich nicht für das Projekt, aber es hilft ungemein für diese wichtige Sache“, sagte Bürgervorsteher Rüdiger Jekubik (SPD). „Mit seltener Einigkeit haben wir Politiker dem Vorhaben trotz der angespannten Finanzlage zugestimmt.“ Der Umbau des großzügigen Einfamilienhauses mit einem sehr großen Garten und optimalem Sichtschutz wird nach bisherigen Schätzungen mehr als 1,1 Millionen Euro kosten – mindestens. „Die Baupreise steigen ständig, Baustoffe sind schwer zu bekommen. Vermutlich wird die Summe am Ende höher ausfallen“, so Bürgermeister Norbert Lütjens.

Stadt muss Eigenmittel in Höhe von 300.000 Euro aufbringen

.
. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

Für den Umbau muss die Stadt Eigenmittel in Höhe von 300.000 Euro aufbringen, dazu gibt es ein zinsloses Darlehen in Höhe von 450.000 Euro von der Investitionsbank. „Es gibt einen breiten politischen Konsens, dass wir das machen“, so der Verwaltungschef. Er habe sich selbst ein Bild vor Ort gemacht, wie problematisch die beengten Räumlichkeiten seien. „Aber trotz des harten Themas und der schweren Schicksale habe ich dort viele lächelnde Gesichter gesehen.“ Das zeige, wie wichtig so ein Frauenhaus als Ort der Zuflucht sei.

Innenministerin Sütterlin-Waack betonte: „In einer idealen Welt brauchen wir keine Frauenhäuser. Bis es so weit ist, müssen wir die Häuser gut ausstatten.“ Für die bauliche Verbesserung von Frauenhäusern hat das Land 10,4 Millionen Euro bereitgestellt. Aus diesem Fördertopf stammt auch der Zuschuss. „So viel Geld für Frauen in Not hat es in diesem Land bislang noch nie gegeben“, so die Christdemokratin. Aber das sei auch wichtig, weil Gewalt gegen Frauen kein gesellschaftliches Randproblem sei. „Jede dritte Frau hat Gewalterfahrungen gemacht. Besonders schlimm ist das im häuslichen Umfeld, weil dieser Bereich als besonders geborgener Schutzraum wahrgenommen wird.“

1994 entstand das erste Frauenhaus in Schwarzenbek

Schwarzenbek hat sich kreisweit schon sehr früh mit der Gewaltproblematik befasst. Schon vor fast 40 Jahren wurde der Verein „Frauen in Not“ in Schwarzenbek gegründet. 1994 entstand das erste Frauenhaus in einer ehemaligen Polizeiwache am Hellerkamp. „Bis dahin hat die Polizei nachts bei mir angerufen, wenn weibliche Gewaltopfer auf der Wache erschienen sind“, erinnert sich Hans-Jürgen Stribrny (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses und langjähriger Sozialamtsleiter in Schwarzenbek. „Ich habe sie dann in Hotels und Pensionen untergebracht. Gewalt gegen Frauen war ein Tabu-Thema, aber die Notwendigkeit eines Frauenhauses war schon damals Konsens in der Stadt.“

Bis 2012 war das Frauenhaus in dem ehemaligen Siedlerhaus aus dem Jahr 1929 mit zwölf Plätzen untergebracht. Dann erfolgte der Umzug in eine andere Immobilie in Innenstadtnähe, die derzeit 21 Plätze bietet. „Wir haben allerdings kein Büro, es ist sehr eng und das Haus ist auch alt“, sagen Vera Zingarini und Ludmila Sitnikowa, die gemeinsam mit zwei Kolleginnen das Frauenhaus betreuen. „Als wir die jetzt für uns vorgesehene Immobilie im Jahr 2016 besichtigen durften, hatten wir uns sofort in das Haus verliebt. Dort gibt es wesentlich mehr Platz und einen großen Garten für die Kinder“, so Ludmila Sitnikowa. „Für traumatisierte Frauen sind Rückzugsräume wichtig“, ergänzt Vera Zingarini.

Rund 50 bis 70 Personen suchen jedes Jahr für einige Wochen oder mehrere Monate Zuflucht im Frauenhaus. Oft sind es auch Flüchtlingsfrauen mit vielen Kindern, aber Gewalt ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das durch die Enge in Coronazeiten mit Lockdown, Homeschooling und Kurzarbeit zugenommen hat. Hilfe gibt es beim Frauennotruf: 08000/116 016.