Schwarzenbek. Mit dem neuen Onlineangebot „text us“ können Opfer von häuslicher Gewalt schnell und niederschwellig um Hilfe bitten.

Die Corona-Pandemie bringt große Belastungen für Familien mit sich, vor allem, wenn der Haussegen schon vorher schief hing. Die häusliche Gewalt hat deshalb deutlich zugenommen, aber in der Frauenberatung hatten die mittlerweile sieben, für den Kreis Herzogtum Lauenburg zuständigen Mitarbeiterinnen während des Lockdowns eher wenig zu tun. Der Grund: Gewaltbereite Männer waren zu Hause, die Opfer hatten keine Chance, ihrem Martyrium zu entfliehen, geschweige denn, eine Beratung einzuholen.

Zahl der Opfer während der Corona-Pandemie gestiegen

Das soll sich jetzt mit der Einführung des Onlinesystems „text us“, dessen Software und Schulung der Mitarbeiter von den Sparkassen des Landes mitfinanziert wurde, ändern. „Mit dem System können Frauen mal eben schnell in einem unbeobachteten Moment – notfalls auch aus dem Badezimmer heraus – eine Anfrage per E-Mail stellen und sich darauf verlassen, dass die Daten anonymisiert werden. Auch die Antwort erfolgt dann über den gleichen Kanal“, sagt Susanne Keller von der Beratungsstelle Frauen helfen Frauen.

Neue Hilfsangebot soll niedrigschwelligen Zugang zu Beratung bieten

„Manche Frauen haben über die erlebte Gewalt noch nie mit jemandem gesprochen, und sind sich zunächst unsicher, ob sie bei uns überhaupt richtig sind. Eine Nachricht zu schreiben, ist da oft leichter als der Griff zum Telefon. Wir freuen uns sehr, dass wir diesen zusätzlichen niedrigschwelligen Zugang zu Beratung und Unterstützung anbieten können“, so die Beraterin.

Auch Schleswig-Holsteins Gleichstellungsministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) begrüßt das neue Angebot: „Sicherheit umfasst mehr denn je auch den Schutz persönlicher Daten“, betont die Ministerin. „Je mehr die eigene digitale Identität an Bedeutung gewinnt, desto schützenswerter wird sie. Ich freue mich sehr, dass die Sparkassen Schleswig-Holsteins sich in der Digitalisierung der Frauenberatungsstellen engagieren.“

Gewalt gegen Frauen setzt sich im digitalen Raum fort

Warum hohe Sicherheitsstandards gerade im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt so wichtig sind, erklärte Sabine Wöhl von der Beratungsstelle Frauen helfen Frauen. „Digitalisierung bedeutet auch, dass sich Gewalt gegen Frauen im digitalen Raum fortsetzt. Viele gewalttätige Männer überwachen zum Beispiel die Online-Kommunikation ihrer Partnerin oder auch Ex-Partnerin“, sagt sie.

Sabine Wöhl (v.l.) und Susanne Keller von der Frauenberatungsstelle stellen gemeinsam mit Filialdirektor Thies Dieckert von der Kreissparkasse in Schwarzenbek das neue Online-System „text us“ vor.
Sabine Wöhl (v.l.) und Susanne Keller von der Frauenberatungsstelle stellen gemeinsam mit Filialdirektor Thies Dieckert von der Kreissparkasse in Schwarzenbek das neue Online-System „text us“ vor. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

Ein Passwort, das einmal als vermeintlicher Liebesbeweis geteilt wurde, könne den Männern weiterhin Zugang zum Smartphone und den E-Mails der Partnerin verschaffen. „Deshalb wollen wir Frauen und Mädchen einen einfachen und sicheren Weg bieten, sich bei uns zu melden. Wir möchten alle Betroffenen ermutigen: Ihr seid nicht allein – ,text us’“, appelliert Sabine Wöhl.

„Text us“ ist im Internet auf der Seite der Frauenberatung zu finden

Die Anschaffung von „text us“ wurde von den schleswig-holsteinischen Sparkassen finanziert. „,Text us‘ ist ein wichtiges und zeitgemäßes Angebot für betroffene Frauen und Mädchen. Gerade in der aktuellen Situation, in der persönliche Beratung nach wie vor oft nur eingeschränkt möglich ist, kommt der digitalen Kontaktmöglichkeit eine besondere Bedeutung zu. Gerne ermöglichen wir mit unserer Unterstützung den Betroffenen diesen weiteren Zugang zu Beratung und Hilfe“, sagte Thies Dieckert, Filialdirektor der Kreissparkasse in Schwarzenbek.

Das Online-Portal „text us“ können Ratsuchende rund um die Uhr und über jedes Gerät nutzen, den eigenen Laptop, das Smartphone einer Freundin oder im Internetcafé. Die Adresse lautet www.lfsh.de/textus. „Es ist ein niedrigschwelliges Angebot, um erst einmal Kontakt aufzunehmen. Wir haben auch Dolmetscher, um auf Fragen zu antworten, die nicht auf Deutsch gestellt werden“, so Susanne Keller.