Kuddewörde. Große Ehre für Joachim Winkel: Ehemaliger Lehrer erhält Orden für sein musikalisches Engagement, das auch im Ausland anklang fand.

Das Haus von Joachim Winkel ist ein typisches Künstlerhaus. Etwas versteckt in zweiter Reihe liegt der alte Bauernhof mit hellblauen Fensterrahmen und Fachwerk am Rand von Kuddewörde. Und tatsächlich ist es das Haus eines Künstlers. Joachim Winkel ist Musiklehrer, Chorleiter, Musiker, Sänger. In seinem Wohnzimmer dominiert neben dem großen antiken Esstisch das Klavier – sein aktuelles Übungsobjekt, schmunzelt der 79-Jährige. Denn eigentlich ist die Bratsche sein Hauptinstrument.

Für seine Verdienste um die musikalische Jugendbildung, Kulturvermittlung und den internationalen kulturellen Austausch ist Joachim Winkel von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet worden. Am Dienstag, 11. Mai, hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther die Auszeichnung in Kiel überreicht.

Joachim Winkel aus Kuddewörde mit Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet

Es ist eine Auszeichnung, mit der sich Joachim Winkel ein wenig schwer tut. Nein, stolz darauf sei er nicht, sagt er. Er hat lange überlegen müssen, ob das gerechtfertigt sei. Versöhnt habe ihn der Gedanke, dass es keine Würdigung seiner Person sei, sondern eine Anerkennung des Engagements für die Musik. „Ich freue mich, dass die Arbeit, die das Ehrenamt macht, auf diese Weise gesehen wird“, sagt er.

Joachim Winkels Leben steckt voller Musik. Geboren in Berlin, aufgewachsen unter anderem in Kassel, hat er dort gemeinsam mit seinem Vater erste Konzerte besucht. Als Zehnjähriger hat er mit Geigenunterricht begonnen, wechselte aber später zur Bratsche.

Heutiger Jugendchor Reinbek geht auf seine Initiative von 1968 zurück

Drei Monate vor dem Abitur entschloss er sich, Schulmusik in Berlin zu studieren. Und dann ging alles ganz reibungslos. Examen, Referendariat in Hannover und 1968 seine erste Stelle als Musik- und Englischlehrer an der Sachsenwaldschule Gymnasium Reinbek.

Bereits im gleichen Jahr hat Joachim Winkel den Schulchor gegründet und gemeinsam mit seinem Bruder Rainer ein überregionales Jugendorchester. 1969 wurde der Schulchor zum Jugendchor Reinbek, der heute noch immer als Junger Chor existiert. 15 Jahre lang hat Winkel den Jugendchor geleitet – bis er den Wunsch nach Veränderung verspürte.

Nur Schuldienst? Das reichte dem Vollblutmusiker auf Dauer nicht

„Ich wollte noch mal etwas anderes machen und sehen“, sagt er. Das Ausland sollte es sein, gewünscht hatte sich der Opernfan Italien. 1984 packte er seine Sachen und zog mit seiner Frau Marion und den drei Kindern nach Mailand. Bis 1991 war er dort Lehrer an einer deutschen Schule. „Es war eine wunderbare Zeit, eine tolle Erfahrung“, schwärmt er. Als der Vertrag auslief, ging es für alle fünf zurück in den Norden, in das Haus nach Kuddewörde, das die Familie 1977 bezogen hatte.

Während seine Frau, auch eine Lehrerin, den Schuldienst in Bergedorf aufnahm, ging Joachim Winkel ans Gymnasium Oldenfelde in Rahlstedt. Aber nur Schuldienst? Das reichte dem umtriebigen Mann nicht.

Austausch seines Mailänder Schulchors mit Deutschland gefördert

Mit seiner Rückkehr nach Deutschland übernahm er die Leitung der Chorgemeinschaft Ohe sowie der Kantoreien Wentorf und der Maria-Magdalenen-Kirche Reinbek und rief den Vokalkreis Reinbek, den er Mitte der 1970er-Jahre gegründet hatte, wieder ins Leben. Er engagierte sich für das kulturelle Programm der Stadt Reinbek und rief unter anderem die Reihe „Reinbeker Konzerte“ mit ins Leben.

Er war Organisator zahlreicher Chorfahrten zum Beispiel nach England, Israel oder in die damalige Tschechoslowakei. Und er sorgte während seiner Zeit als Lehrer in Mailand durch gemeinsame Reisen und Konzerte seines Mailänder Schulchors mit Mitgliedern des Reinbeker Chors für einen musikalisch-kulturellen Austausch.

Geplant ist ein großes Open-Air-Konzert mit allen Chören in Reinbek

Müde? Nein, das sei er nicht. Noch heute dirigiert der 79-Jährige die Chorgemeinschaft Ohe, den Vokalkreis und die Kantorei Wentorf. Rein theoretisch. Denn praktisch ist seit über einem Jahr wegen der Pandemie Stillstand in den Chören. Ein Neustart ist für Mitte Juni angedacht. „Wir wollen ein Open-Air-Konzert in Reinbek mit allen Chören geben“, kündigt er an.

Es wird eine seiner letzten Amtshandlungen als Chorleiter sein. Sein Abschiedskonzert mit Instrumentalisten aus ganz Deutschland sollte im September stattfinden, wird nun voraussichtlich im Februar 2022 in der Nathan-Söderblom-Kirche Reinbek und der Musikhalle Hamburg gespielt werden.

Aber sicher ist das Ende seiner musikalischen Laufbahn noch nicht gekommen

Aber das sei noch lange nicht das Ende seiner musikalischen Laufbahn, sagt Winkel. Er ist kürzlich einem Orchester beigetreten, vielleicht singt er in einem seiner Chöre. Und er wird sich Zeit nehmen, um sich mit dem Klavier anzufreunden – die Noten einer Mozart-Sonate stehen parat. Ganz glücklich ist er mit dem Instrument nicht, „aber ich werde mich schon daran gewöhnen“, sagt Joachim Winkel lachend.