Schwarzenbek. Ein leerstehendes Ladenlokal in Innenstadt bietet sich als Beratungsort an. Die Zeit drängt, doch die Politik muss noch beraten.

Gut 17.000 Einwohner leben in Schwarzenbek, 3000 von ihnen haben einen Behindertenausweis. Etwa 4000 Schwarzenbeker gehören der Generation 60 plus an. „Die Probleme dieser Menschen sind vielschichtig, deshalb lassen sie sich in den meisten Fällen auch nicht von einem Ansprechpartner lösen“, sagt Klaus Gawlik. Er ist seit knapp drei Jahren ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter der Stadt. „Wir brauchen einen Platz, an dem es Antworten auf alle Fragen gibt“, so der 69-Jährige.

Einen ersten Anlauf hat er bereits 2019 unternommen, als die ehemalige Filiale der Raiffeisenbank Lauenburg durch den Umzug in den Neubau am alten Markt umzog. Das kam allerdings nicht zustande, weil es an einem entsprechenden politischen Votum fehlte. Nun stehen die Chancen gut für eine Umsetzung des Projekts. Über den Fonds für Barrierefreiheit könnte die Miete für eine Anlaufstelle ein Jahr lang gefördert werden. „Wir müssten allerdings sicherstellen, dass das Projekt danach weiterläuft und die Kosten übernehmen“, sagte die zuständige Fachbereichsleiterin Kathrin Kipke aus dem Schwarzenbeker Rathaus.

Ehrenamtlicher Behindertenbeauftragter fordert Beratungsort in Schwarzenbek

Allerdings drängt die Zeit. Zum einen muss der Antrag bis zum 31. März gestellt sein, weil der Fonds danach ausläuft. Außerdem steht ein Vermieter bereit, der der Stadt für diesen Zweck ein aktuell leer stehendes Ladenlokal in der Innenstadt zur Verfügung stellen würde. „Es wäre für unsere Zecke mit kleinen Umbauten gut geeignet, liegt zentral, ist barrierefrei und der Vermieter ist sozial eingestellt. Er kommt uns im Preis entgegen“, warb Klaus Gawlik für die Idee.
Die Mietkosten liegen bei etwa 10.000 Euro im Jahr. „Es wollen aber auch Vereine wie Kibis die Beratungsstelle nutzen, die sich auch in kleinerem Umfang an den Mietkosten beteiligen würden“, warb Gawlik weiter für das Projekt.

Politiker im Sozialausschuss schließen schnelle Entscheidung aus

„Wir können damit mit einer vergleichsweise kleinen Summe vielen Tausend Personen helfen. Nicht nur Menschen mit Behinderungen, auch Senioren und sozial schwächere könnten dort Beratung finden, wenn wir die Vielzahl der über die Stadt verteilten Angebote dort bündeln. Im Rathaus haben wir dafür leider keinen Platz“, sagte Bürgermeister Norbert Lütjens. Bis vor Kurzem hatte das Kümmerernetzwerk den ehemaligen Ratskeller im Souterrain des Rathauses für Beratungen genutzt. Diese Räume werden aber derzeit zu weiteren Büros umgebaut, weil akute Raumnot in der Verwaltung herrscht.

Die Politiker wollen zeitnah über das Projekt beraten. Der Sozialausschuss sah sich angesichts eines noch nicht vorliegenden Konzepts und einer entsprechenden Vorlage nicht in der Lage, spontan über das Thema zu entscheiden. Angesichts der dauerhaften Mietkosten und der angespannten Finanzlage durchaus verständlich.

Gawlik hofft auf eine schnelle positive Entscheidung der Politik

Bislang gibt es ein Netzwerk Inklusion in der Stadt, das federführend von Gawlik und der Ergotherapeutin Dr. Carmen Mucha in deren Praxis an der Hamburger Straße betrieben wird. Dort sind auch ehrenamtliche Ämterlotsen und Nachbarschaftshelfer angesiedelt. Eine Beratungsstelle ersetzt das aber nicht. „Wir brauchen einen kurzen Draht zum Demenznetzwerk, der Lousienhof gGmbH, der Lebenshilfe, dem Verein Brücke, Kibis und vielen mehr, damit wir zielgerichtet Beratung und Hilfe anbieten können“, so Klaus Gawlik, der auf eine schnelle positive Entscheidung der Politiker hofft.

Seit dem 22. November 2018 hat Schwarzenbek einen Behindertenbeauftragten nach dem Vorbild des Amtes Büchen, in dem Jürgen Kroh seit 2015 dieses Amt ausübt. Kreisweit ist Kirsten Vidal für die Interessen von Menschen mit Handicaps zuständig.

Momentan ist nur eine telefonische Beratung möglich

Klaus Gawlik ist der erste Behindertenbeauftragte der Europastadt. Der pensionierte Kaufmann kennt sich aus. Seine Sehkraft ist auf einem Auge stark eingeschränkt, er gilt zu 50 Prozent als schwerbehindert. Auch sein Onkel hatte eine Behinderung. Er selbst hat in seinem Ruhestand mit Menschen mit Behinderungen in der Louisenhof gGmbH gearbeitet. Dort war auch seine Frau beschäftigt.

Gawliks Job ist ein Ehrenamt, er bekommt eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 125 Euro monatlich. Seine Wahlzeit geht bis zum November 2021. Üblicherweise bietet er regelmäßig Sprechstunden im Rathaus an. Wegen der Corona-Beschränkungen ist er momentan nur telefonisch unter 0152/02 65 55 13 zu erreichen.