Schwarzenbek. Virtuelles Shoppen im Spielwarengeschäft: Einzelhändler nutzen Lockdown für Digitalisierung. Viele neue Angebote.
Licht und Schatten liegen beim aktuellen Lockdown offenbar dicht beieinander: „Viele Kaufleute nutzen die Krise als Chance und setzen auf Digitalisierung, um sich ein weiteres Standbein aufzubauen. Das kann langfristig dazu führen, dass die Innenstadt weiterhin ein wichtiger Einzelhandelsstandort bleibt“, sagt Anja Jost, stellvertretende Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Schwarzenbek (WVS). Die Reisebüroinhaberin ist sogar noch einen Schritt weitergegangen. Neben den Online-Angeboten, telefonischer Beratung und Hausbesuchen verkauft sie seit Kurzem auch erlesene Gewürze und Gin. Dafür ist die 40-Jährige eine Kooperation mit dem Gewürzkontor Mölln eingegangen.
Viele Kaufleute in der Innenstadt haben ähnliche Wege beschritten. „Schon im ersten Lockdown waren viele meiner Kollegen erfinderisch, haben Online-Shops eingerichtet, Lieferservice und persönliche Beratung bei den Kunden zu Hause angeboten. Das war alles noch etwas holperig, aber jetzt waren die Geschäfte gut vorbereitet“, sagt die Reiseverkehrskauffrau. Die Schwarzenbeker hätten gerade auch durch den Lockdown festgestellt, wie vielfältig und wichtig das Angebot der Kaufleute für eine lebhafte Innenstadt ist. Die Onlineshops und Lieferangebote könnten dazu beitragen, die Innenstadt am Leben zu halten. Denn der lokale Einzelhandel hat abgenommen, Leerstände wurden in der Vergangenheit oft durch Dienstleister gefüllt. Diese sind zwar auch wichtig, halten aber nur bedingt Kaufkraft im Ort, und vor allem animieren sie nicht zum Bummeln.
Kaufleute in Schwarzenbek werden immer kreativer
„Ich gehe davon aus, dass die neuen digitalen Angebote auch nach dem Ende des Lockdowns aufrechterhalten werden. Denn viele Kaufleute haben dies als Chance erkannt“, sagt Anja Jost. „Für den lokalen Einzelhandel ist der persönliche Erstkontakt mit dem Kunden unverzichtbar. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Läden möglichst bald wieder öffnen. Wenn die Kunden erst einmal Vertrauen zu dem Ladeninhaber gefasst haben, sind sie auch bereit, online bei ihm einzukaufen und ihn durch den Einkauf vor Ort zu unterstützen“, so die 40-Jährige weiter.
Das sehen auch viele andere Kaufleute so. Der Schuhhändler Uwe Krützmann setzt bereits seit Längerem auf einen Online-Shop. Jetzt hat er diverse Modelle in seinem Schaufenster dekoriert. Wer sich für einen Schuh interessiert, kann diesen fotografieren, ihm eine WhatsApp-Nachricht mit der gewünschten Größe schicken und bekommt die Schuhe geliefert. Zudem gibt es im Internet auch ein digitales Schaufenster.
Virtuelle Shoppingtour durch "Kirdsworld"
So handhabt es auch Spielwarenhändler Joachim Barkow, der erst im Herbst sein Geschäft „Kidsworld“ an der Lauenburger Straße eröffnet hat. Er bietet eine virtuelle Shoppingtour durch seinen Laden, hat diesen dafür mit 3-D-Technik fotografieren lassen. Ware kann dann telefonisch oder per WhatsApp bestellt und am Geschäft abgeholt werden. Im Spielwarenladen „Kleine Zauberkiste“ hat die Inhaberin Ute Reitenbach sehr viele Waren im Schaufenster dekoriert. Diese können telefonisch bestellt und abgeholt werden. So macht es auch Miriam Sievert vom Herrenausstatter Tiedemann. Dort gibt es zusätzlich einen Lieferservice.
Auf Lieferservice setzt üblicherweise auch die Buchhandlung LeseZeit am Markt, doch die hat über die Weihnachtsferien geschlossen und beliefert ihre Kunden wieder ab 4. Januar. Auch in der Passage bieten beispielsweise das Foto- und das Tatoostudio individuelle Beratung nach telefonischer Absprache an. Auch das Reisebüro Neumann bietet Telefonservice.
Bürgermeister hofft, dass Kaufleute unbeschadet durch die Krise kommen
Nicht mehr geöffnet hat dagegen der Action-Markt im Supermarktzentrum — ein Gemischtwarenmarkt im Niedrigpreisbereich mit ständig wechselndem Sortiment. Beim ersten Lockdown hatte der Markt Teile des Ladens mit Flatterband gesperrt und nur Drogerieartikel und Lebensmittel verkauft. Das lohnte sich anscheinend nicht.
Hier können Sie den täglichen Corona-Newsletter kostenlos abonnieren
Bürgermeister Norbert Lütjens hofft, dass die Kaufleute unbeschadet durch die Krise kommen. „Es macht mich traurig, die geschlossenen Geschäfte zu sehen. Eine Stadt braucht eine lebendige Innenstadt“, sagt der Verwaltungschef. Perspektivisch setzt er auf eine Verkehrsberuhigung und eine attraktivere Gestaltung der Innenstadt rund um die Lauenburger Straße, wenn die Umgehungsstraße kommt und der Verkehr in der Stadt weniger wird. Der Bau der Umgehung soll nächstes Jahr beginnen. Eine reine Fußgängerzone im Zentrum sieht Lütjens indes nicht. „Wir werden mit den Kaufleuten besprechen, was sie sich wünschen. Es wäre aber auch gut für die Innenstadtentwicklung, wenn dort mehr Wohnraum entstehen würde.