Lauenburg. Thorben Brackmann ist der Wahlsieger und kann auf eine breite Unterstützung bauen. Über was sich die Politiker enttäuscht zeigten.
„Das war eine kurze Nacht“, sagt Thorben Brackmann lachend. Mit seinen Unterstützern hatte er das eindeutige Wahlergebnis im Restaurant Bellevue ausgiebig gefeiert. Dazu hatte er auch allen Grund: Mit 58,1 Prozent aller abgegebenen Stimmen setzte sich der 32-Jährige am Sonntag im ersten Anlauf gegen seine Mitbewerber Anne-Marie Hovingh (32,2 Prozent) und Patric Hoffmann (6,1 Prozent) durch. Damit fiel die von vielen erwartete Stichwahl aus.
Dass Thorben Brackmann am frühen Montagmorgen trotzdem pünktlich seinen Platz in der Hamburger Führungsakademie der Bundeswehr einnimmt, ist keine Frage für ihn. „Bis ich mein Amt antrete, habe ich einen anderen Dienst zu erfüllen. Wenn ich eine Sache angehe, dann nie halbherzig“, sagt der Kapitänleutnant. Bei dem Lehrgang geht es übrigens um Führungsinstrumente innerhalb der Streitkräfte.
Amtsinhaber Andreas Thiede bietet gründliche Einarbeitung an
Möglicherweise kann Thorben Brackmann davon einige Tipps in sein künftiges ziviles Arbeitsleben übernehmen. Immerhin hat er ab 1. April kommenden Jahres als Bürgermeister Personalverantwortung für die gesamte Lauenburger Verwaltung. Der derzeitige Amtsinhaber Andreas Thiede hat bereits angeboten, ihn bei jeder Gelegenheit hinter die Kulissen schauen zu lassen. „Ich kann mich noch gut erinnern, wie es mir vor elf Jahren ging. Mein Vorgänger drückte mir die Schlüssel in die Hand und wünschte mir viel Glück“, erinnert er sich. Hintergrund: Bürgermeister Harald Heuer hatte damals vorzeitig das Handtuch geworfen, weil ihm aus seiner Sicht die Lauenburger Politik immer wieder Steine in den Weg gelegt hatte.
Wie erfolgreich Thorben Brackmann sein wird, hängt auch davon ab, wie sich die Zusammenarbeit mit den gewählten Stadtvertretern gestalten wird. Wenn er am 1. April kommenden Jahres auf dem Bürgermeisterstuhl Platz nimmt, weht in der Lauenburger Politik möglicherweise ein rauer Wind. Denn dann ist gerade die heiße Phase des Wahlkampfes angelaufen. Am 14. Mai werden in Schleswig-Holstein die Gemeindevertretungen gewählt, und für gewöhnlich schärfen die Parteien besonders in den Wochen davor ihr Profil.
Bei der CDU herrscht große Freude über das eindeutige Wahlergebnis
Zumindest derzeit ist sich Lauenburgs Politik aber weitgehend einig: Mit Thorben Brackmann rücke ein Mann an die Verwaltungsspitze, der trotz seines jungen Alters das Zeug habe, seine Vorstellungen fraktionsübergreifend vermitteln zu können. Bei der CDU ist die Freude über das eindeutige Wahlergebnis groß. Schließlich hatten die Christdemokraten den haushohen Sieger ins Rennen geschickt. „Thorben Brackmann hat sowohl die Ausbildung als auch die menschlichen Qualitäten für das Amt. Ich bin überzeugt davon, dass er sachorientiert und gegebenenfalls auch vermittelnd politische Entscheidungsprozesse unterstützen kann“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Christian Stockfisch.
Die SPD hatte Anne-Marie Hovingh ins Rennen geschickt. „Warum es für unsere Kandidatin nicht gereicht hat, werden wir analysieren müssen“, sagt Fraktionschef Jens Meyer. Dass das Ergebnis so eindeutig ausfällt, damit habe er nicht gerechnet. „Jetzt müssen wir aber nach vorn schauen. Ich habe Thorben Brackmann im Namen meiner Fraktion eine gute Zusammenarbeit angeboten“, versichert er.
Bürgermeister soll Gestaltungswillen der Fraktionen nutzen
Bei den Grünen sind die Erwartungen an den neuen Bürgermeister hoch. „Ich wünsche Thorben Brackmann alles Gute. Schließlich gibt es viel zu tun. Ich hoffe, er bringt endlich frischen Wind in die Politik. Die Fraktionen haben einen politischen Gestaltungsauftrag, damit es in Lauenburg endlich vorangeht. Den sollte der Bürgermeister einfordern und nutzen“, meint Fraktionsvorsitzender Thorsten Pollfuß.
Der Fraktionsvorsitzendende der Lauenburger Wählergemeinschaft (LWG), Niclas Fischer, war ursprünglich selbst als Kandidat ins Rennen gegangen, hatte seine Bewerbung aber dann aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen. In der Lauenburger Kommunalpolitik will er aber weiter mitmischen. „Ich bin nicht überrascht über das Ergebnis, hätte jedoch nicht gedacht, dass es so deutlich ausfällt“, sagt er. Die LWG sei jedenfalls offen für eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Bürgermeister.
Thorben Brackmann selbst gibt sich optimistisch, was die Zusammenarbeit mit den politischen Kräften in Lauenburg betrifft. „Ich bin von Anfang an auf alle Fraktionen zugegangen und möchte mein Amt parteineutral ausüben. Ich sehe das pragmatisch. Natürlich müssen sich die Parteien im Wahlkampf profilieren. Nach dem 14. Mai sind die Karten neu gemischt, und wir können uns alle auf die gemeinsamen Aufgaben konzentrieren“, sagt er.
Niedrige Wahlbeteiligung sorgt für Ratlosigkeit bei den Politikern
Was fraktionsübergreifend für Kopfschütteln sorgt, ist die niedrige Wahlbeteiligung von 41,1 Prozent. „Das ist ein enttäuschendes Ergebnis, das ich nicht nachvollziehen kann“, meint CDU-Fraktionschef Christian Stockfisch. Ähnlich sehen es Jens Meyer (SPD) und Thorsten Pollfuß von den Grünen.
Niclas Fischer (LWG) hat in seiner relativ kurzen Wahlkampfphase viele Gespräche geführt. „An dem Engagement der Kandidaten kann es nicht liegen. Allerdings habe ich immer wieder herausgehört, dass viele Lauenburger enttäuscht sind und nicht glauben, dass ein neuer Bürgermeister präsenter ist und ein offenes Ohr für die Belange der Menschen hat“, sagt er.
Thorben Brackmann richtet sich in Lauenburg ein
Jetzt, nach dem Wahlkampf, beginnt für Thorben Brackmann eine neue, aufregende Zeit. Noch lebt der künftige Bürgermeister nämlich in Potsdam. Schon vor der Wahl hatte er aber angekündigt, wieder in seiner Heimatstadt Lauenburg Fuß fassen zu wollen. Hier leben seine Eltern, und auch seine Lebensgefährtin stammt aus der Gegend. Derzeit sind er und seine Lebenspartnerin auf der Suche nach einem neuen Zuhause.
Das muss übrigens mindestens ein Kinderzimmer haben. „Am Jahresende kommt unsere Tochter zur Welt“, verrät er stolz. Im Januar und Februar wird der junge Familienvater erst einmal Elternzeit nehmen. Im März will er sich in der Verwaltung einen Überblick verschaffen, um im April als Bürgermeister richtig durchzustarten.