Lauenburg. 1996 hat Egon Elvers in Lauenburg ein Grundstück gekauft. Was er bis zur Fertigstellung seines Wohnungsbau-Projekts erlebt hat.

Wenn Egon Elvers hört, dass über eine Sache Gras gewachsen sei, kann er nur lachen. Über sein Bauprojekt ist gleich ein ganzer Wald gewachsen – und das im wahrsten Sinne des Wortes. Insgesamt 26 Jahre dauerte es vom Grundstückskauf bis zum Einzug der ersten Mieter. „Diese Erfahrungen toppen alle Probleme, die normalerweise mit größeren Bauvorhaben verbunden sind“, sagt der Geesthachter Bauunternehmer.

Alles fing damit an, dass sich Egon Elvers 1996 in dieses Grundstück an der Straße am Halbmond regelrecht verliebt hat. Kein Wunder: Es ist ruhig gelegen und selbst im Sommer blitzt zwischen den Bäumen am Hang die Elbe durch. Ein überschaubares Mehrfamilienhaus in gehobener Ausstattung schwebte ihm damals vor. Seinen Geschäftspartner konnte er mit seiner Begeisterung anstecken. Was sollte bei dem Projekt auch schiefgehen? Schließlich gab es schon damals den geltenden Bebauungsplan 29 für dieses Areal. Um es vorwegzunehmen: Egon Elvers Geschäftspartner hat sich nach den vielen Rückschlägen bald aus dem Projekt zurückgezogen.

Wohnungsbau in Lauenburg: Erste Bauvoranfrage trägt das Datum 16. Mai 1997

Wie in solchen Fällen üblich, stellte Elvers zunächst eine Bauvoranfrage an die untere Bauaufsichtsbehörde des Kreises. Der Unternehmer kennt sich mit solchen Verfahren bestens aus, hat er doch im norddeutschen Raum einige größere Bauvorhaben realisiert, unter anderem das Kleine Theater in Geesthacht. „Ich bin bemüht, Ihren Antrag so schnell wie möglich zu bearbeiten, weise Sie jedoch darauf hin, dass die Prüfung einige Zeit in Anspruch nehmen wird“, schrieb der damals zuständige Sachbearbeiter. Weder er selbst, noch Elvers konnten damals ahnen, wie recht er damit haben sollte.

Zunächst ging es darum, dass das geplante Wohnprojekt nicht vollständig den Festlegungen des Bebauungsplanes entsprach. „Die festgelegten Bebauungsgrenzen konnten wegen des Steilhanges nicht eingehalten werden“, erinnert sich Elvers. Und auch bei der geplanten Dachneigung hätte es zunächst Abweichungen vom Bebauungsplan gegeben. Die Planer besserten nach, und am 14. April 2003 hielt der Bauherr endlich einen positiven Bescheid des Kreises auf seine Bauvoranfrage in den Händen. Doch damit sollten die Probleme erst richtig beginnen.

Erschließung des Grundstücks lange nicht geklärt

Der Bauvorbescheid hatte nämlich noch einen Haken: „Die Erschließung des Grundstücks ist zurzeit nicht gesichert“, stellte die Behörde fest. Hintergrund: Eine Anwohnerin hatte sich bei einem Eigentümerwechsel eine winzige Dreiecksfläche im Zufahrtsbereich zu Elvers’ Grundstück gesichert. „Die Stadt hatte es seinerzeit versäumt, von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch machen können“, meint der Unternehmer. Um die Erschließung des Areals dann doch voranzutreiben, strebte die Stadt ein Enteignungsverfahren über die kleine Dreiecksfläche an, aus der sie schließlich als Sieger hervorging.

Im August 2013 schien dann scheinbar alles geklärt, Egon Elvers bekam die Baugenehmigung der unteren Baubehörde für den Neubau eines Wohnhauses mit vier Wohneinheiten. Der Bescheid enthielt unter anderem auch die Befreiung von der wegen der Topographie des Geländes nicht einzuhaltenden Bebauungsgrenze des B-Planes. Eigentlich sprach nun nichts mehr dagegen (17 Jahre nach dem Grundstückskauf), mit der Umsetzung seines Bauprojektes zu beginnen. Seine Architekten hatten ihre Arbeit längst gemacht, mit der Stadt Lauenburg hatte sich der Geesthachter Unternehmer inzwischen auch geeinigt, was die Zuständigkeit für die Errichtung der Zufahrtsstraße betrifft. Doch Egon Elvers hatte sich zu früh gefreut.

Wenn aus Büschen und Sträuchern plötzlich ein Wald wird

Als Egon Elvers 1996 das Grundstück gekauft hatte, war dieses mit Büschen und Sträuchern bewachsen. In den 17 Jahren wurde daraus ein Wald – jedenfalls in den Augen der unteren Forstbehörde des Kreises. Um endlich bauen zu können, brauchte Elvers nun eine offizielle Waldumwandlungsgenehmigung. Die bekam er nur gegen eine Ersatzaufforstungsverpflichtung und einer Ausgleichszahlung in Höhe von 3965 Euro.

Außerdem erstellte ein von ihm beauftragter Gutachter einen „Artenschutzrechtlichen Fachbeitrag“ für das Baugrundstück, ebenfalls eine Auflage der Behörde. Abgesehen vom Zeitfaktor musste der Unternehmer für alle behördlichen Bescheide und Gutachten tief in die Tasche greifen „Ich habe insgesamt fast 16.000 Euro allein in das Genehmigungsverfahren gesteckt“, hat er zusammengerechnet. Anders als sein ehemaliger Geschäftspartner hatte er sich davon allerdings nicht abschrecken lassen.

Bundesregierung und Länder wollen Genehmigungsverfahren beschleunigen

„Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, gebe ich nicht auf. Ich wollte das Haus unbedingt bauen. Im vergangenen Jahr war es endlich so weit“, sagt er. Mittlerweile steht das Vier-Familienhaus am Halbmond 40. Die ersten beiden Wohnungen sind bezogen. Die Mieter ahnen sicher nicht, welche „Kopfstände“ nötig waren, um ihr neues Zuhause zu errichten. „Ich habe lange überlegt, ob ich an die Öffentlichkeit gehe. Aber mein Projekt ist ein Beispiel dafür, dass Investoren einen sehr langen Atem brauchen“, weiß der Bauunternehmer.

Doch das soll sich ändern. Die Bundesregierung und die Länder wollen Genehmigungsverfahren in Deutschland beschleunigen. Entsprechende Gesetzesänderungen wurden im vergangenen Monat auf den Weg gebracht.