Lauenburg. Die Romane nehmen die Leser mit ins Nachkriegsdeutschland. Warum der Schreiber sich so gut in die Thematik hineinversetzen kann.
Wer spannende Krimis liebt, kommt an dem Autor Michael Jensen nicht vorbei. In seinen Romanen nimmt er die Leser mit in eine Zeit, die die meisten gar nicht selbst erlebt haben. Er hat die Zeit des Zweiten Weltkriegs für seine Romane gewählt und bietet seinen Lesern ein eindrucksvolles Porträt der damaligen Zeit. Seine Krimis stehen regelmäßig auf den Bestsellerlisten. Am Sonnabend, 1. Oktober, kommt Michael Jensen zu einer Lesung nach Lauenburg.
Das Team der Lauenburger Stadtbücherei hatte sich darum beworben. Die Lesung in der Schifferstadt ist eine Station der diesjährigen Lesereise Schleswig-Holstein, Michael Jensen ist einer von 50 namhaften Autoren, die noch bis zum 30. Oktober durchs Land touren und ihre Leser treffen.
Aktion Lesereise Schleswig-Holstein geht in die zweite Runde
Corona zwang kreative Köpfe noch kreativer zu werden. Veranstaltungen fielen reihenweise aus, Autoren suchten den Kontakt zu den Lesern bei virtuellen Lesungen. Doch bei allem Einfallsreichtum, den Kulturschaffende an den Tag legten, begann eine lange Durststrecke für Künstler, Autoren und Veranstalter.
Vor einem Jahr hatte die Bundesregierung ein milliardenschweres Rettungs- und Zukunftsprogramm für den Kultur- und Medienbereich aufgelegt. Das Programm Neustart Kultur sieht die Förderung verschiedener Bereiche von Kultur und Medien vor. Die Lesereise Schleswig-Holstein wird durch das Programm gefördert. Träger sind der Büchereiverein Schleswig-Holstein, der Landesverbands der Volkshochschulen und der Landeskulturverband. Weil die Lesereise im vergangenen Jahr – sowohl für die Autoren, als auch für die Einrichtungen – ein voller Erfolg war, gibt es in diesem Jahr eine Neuauflage. Dabei liegt der Fokus auf Lesungen in Büchereien und Volkshochschulen des ländliches Raumes. „Literatur ist auch ohne die Schwierigkeiten der Corona-Jahre zu wenig öffentlich vertreten. Das möchten wir gerade im ländlichen Raum nachhaltig verändern“, sagt Projektleiter Heinrich Wolf.
In den Krimis von Michael Jensen verschmelzen Realität und Fiktion
Mit Michael Jensen hat das Team der Bücherei einen Schriftsteller eingeladen, der relativ spät zum Schreiben kam. Der Name des Autors ist übrigens ein Pseudonym. Geboren wurde er 1966 in Schleswig-Holstein. Er entdeckte bald sein großes Interesse an der Psychologie des Menschen. Er wurde Arzt und interessierte sich besonders für die seelischen Spätfolgen, die der Zweite Weltkrieg bei den Überlebenden hinterlassen hat – und zwar bei Tätern, Opfern und Angehörigen. Traumatherapie bildet einen großen Schwerpunkt in seiner medizinischen Arbeit. Vor diesem Hintergrund schreibt es seine Krimis, die daher besonders authentisch wirken. „Nach dem Krieg wurde in Deutschland versäumt, über das Erlebte zu sprechen. Im Schweigen und Verleugnen konnten die Täter untertauchen. Das Gift der unsäglichen Tat wirkte weiter“, schreibt er auf seiner Webseite.
Trotzdem wirken seine Bücher weder belehrend, noch in schwarz-weiß gemalt. Aus eigenem Erleben hat der 56-Jährige natürlich weder den Krieg, noch die entbehrungsreiche Zeit danach erlebt. Aber Michael Jensen hat eine große Stärke: Er kann zuhören – als Therapeut und als Schriftsteller. Seine Mutter hatte als Kind den Feuersturm auf Hamburg erlebt, seine Oma wurde von den Nazis drangsaliert.
In seinen Romanen ermittelt Inspektor Jens Druwe, geprägt vom Krieg und dem Neuanfang in Deutschland. „Die Erfahrungen meiner Mutter und meiner Oma trage ich unterbewusst in mir. Und Druwe hat mir geholfen, sie zu verarbeiten. Realität und Fiktion verschmelzen zu einer Einheit“, sagt Jensen über seine Bücher.
Die Lesung am Sonnabend, 1. Oktober, beginnt um 19 Uhr in der Heinrich-Osterwold-Halle, Elbstraße 145a. Der Eintritt kostet 5 Euro. Karten gibt es im Vorverkauf in der Stadtbücherei (Weingarten 10) oder an der Abendkasse.
Stationen der Lesereise 2022
Sonntag, 18. September: Björn Högsdal liest um 19 Uhr im Thiesschen Haus in Wohltorf (Alte Allee 1). Björn Högsdal wurde 1975 in Köln geboren und lebt heute als Autor und Kulturveranstalter in Kiel.
Donnerstag, 22. September: Roswitha Quadflieg liest um 19 Uhr im Ratzeburger Rathaus (Unter den Linden 1) aus ihrem Roman „Ihr wart doch meine Feinde“. Eine Informantin in Diensten der Staatssicherheit der DDR wird zu Grabe getragen und was dann folgt, ist eine Erzählung in bester dürrenmattscher Diktion.
Im Rahmen der Geesthachter Kulturnacht liest Oliver Lück am Sonnabend, 1. Oktober, um 19 Uhr in der Stadtbücherei (Rathausstraße 58) aus seinen Geschichten. Am Dienstag, 25. Oktober, ist er ab 19 Uhr in der Stadtbibliothek Reinbek (Hamburger Straße 4-8).
Für ihre Erzählung „Limbus“ wurde Zara Zerbe 2018/19 mit dem Preis „Neue Prosa Schleswig-Holstein“ ausgezeichnet. Sie liest am Dienstag, 4. Oktober, im Dörphus (Dorfstraße 22) in Buchholz am Ratzeburger See.
Am Freitag, 14. Oktober, liest Michael Stührwoldt um 18 Uhr in der Stadtbücherei (Ritter-Wulf-Platz 1) in Schwarzenbek.