Lauenburg. Ein Fernsehteam, 170 überraschte Fahrgäste und eine verschwundene Drohne. Was beim Dreh auf dem „Kaiser Wilhelm“ alles passierte.

Damit hatten Eldrid Bathe und Christel Beseke nicht gerechnet: ein Kamerateam an Bord des „Kaiser Wilhelm“. Zwar sind die beiden Freundinnen Stammgäste auf dem Raddampfer, aber mit Fernsehleuten sind sie bisher noch nie gefahren. Während der Fahrt am Sonnabend nach Hamburg und am Sonntag nach Bleckede waren die Fahrgäste Komparsen für die Aufzeichnung der Jubiläumssendung „30 Jahre Nordtour“ des NDR.

Für Kapitän Markus Reich ist es schon fast Routine, vor laufender Kamera in ein Mikrofon zu sprechen. Schließlich ist der 122 Jahre alte Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ für Fernsehteams ein beliebter Sendeort. Das Team der „Nordtour“ hatte sich an einen dieser Termine erinnert und für die Spezialausgabe die Nummer des Kapitäns gewählt.

Menschen aus 30 Jahren Nordtour mit an Bord des „Kaiser Wilhelm“

„Alles im Fluss“ wird die Sondersendung heißen. Was hätte es da für einen besseren Drehort geben können? „Natürlich habe ich zugesagt, denn das ist eine tolle Werbung für uns. Auch wenn uns die Weserfahrt noch ganz schön in den Knochen steckt“, sagte Reich vor der Fahrt am Sonntag. Erst vor zwei Wochen war die Crew nach elf Tagen fast nur an Bord zurückgekehrt.

Der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ legt nach Bleckede ab. Die Fernsehleute mischen sich unter die Passagiere.
Der Raddampfer „Kaiser Wilhelm“ legt nach Bleckede ab. Die Fernsehleute mischen sich unter die Passagiere. © Elke Richel | Elke Richel

Den größten Teil der Technik hatte das Fernsehteam über Nacht an Bord gelassen. Einen großen Teil der Aufzeichnung hatten der Redakteur der Sendung, Jörg Grotegut, und sein siebenköpfiges Team schon am Sonnabend im Kasten. Auf der langen Fahrt nach Hamburg und zurück sprach Moderator Thilo Tautz mit zahlreichen Gästen, die die Sendung „Nordtour“ in 30 Jahren prägten: ehemalige Moderatoren, besonders interessante Gesprächspartner und Menschen, die hinter den Kulissen der Sendung wirkten.

Jede Einstellung wurde vorab genau besprochen

An Sonntag ging es auf die wesentlich kürzere Tour nach Bleckede und zurück. Etwa 170 Fahrgäste warteten am Anleger, als der Redakteur und Kameraleute den besten Platz für die Interviews festlegten. Alles musste stimmen: Lichteinfall, Hintergrund und die Geschwindigkeit, mit der das Schiff an bestimmten Streckenabschnitten fährt.

„Soll ich die Kapitänsmütze aufsetzten?“ fragte Markus Reich. „Nö, so locker wie gestern“, befand der Moderator. Gibt es ein festes Drehbuch für die Sendung? „Wir haben einen Ablaufplan. Später werden ja noch Szenen aus früheren Sendungen und andere Drehorte eingespielt“, erklärte Thilo Tautz. Feste Texte? Um Gottes willen!

Und plötzlich war die Kameradrohne verschwunden

So professionell das NDR-Team auch bei der Sache war, ganz ohne Pannen geht ein solcher Dreh nicht ab. Am Sonnabend, auf der Fahrt nach Hamburg, flog zeitweise eine Kameradrohne über dem Raddampfer. Schönste Luftaufnahmen aus strahlend blauem Himmel – so war es gedacht.

Da sind die Stammgäste Eldrid Bathe (l.) und Christel Beseke ganz schön überrascht: Ein NDR-Fernsehteam ist mit an Bord.
Da sind die Stammgäste Eldrid Bathe (l.) und Christel Beseke ganz schön überrascht: Ein NDR-Fernsehteam ist mit an Bord. © Elke Richel | Elke Richel

Doch plötzlich machte sich die Drohne selbstständig und sank im Steilflug nach unten. Die teure Technik schien verloren. „Wir haben sogar die Polizei angerufen, weil man so einen Vorfall ja melden muss“, erzählte Markus Reich. Als schon niemand mehr daran glaubte, fand sich das Teil wieder an. Die Drohne hatte knapp das Ufer erreicht, der Sturz abgefangen durch dichtes Buschwerk. „Der Knackpunkt ist immer der Start von einem fahrenden Schiff aus“, erklärte der Kameramann.

NDR-Team mischte sich unter die Fahrgäste

Das Malheur sollte am Sonnabend nicht wieder passieren. Jeden Streckenabschnitt gingen Kameramann und Kapitän daher noch einmal durch: Wo kann das Schiff Tempo machen und wo geht es wegen des niedrigen Wasserstandes nur langsam voran?

Als die Fahrgäste an Bord kamen, war alles besprochen. Das NDR-Team mischte sich unter die Leute, dann legte der „Kaiser Wilhelm“ ab. Die dröhnende Dampfpfeife wird in der Sondersendung der „Nordtour“ wohl öfter zu hören sein.

Einspieler zeigen das Leben an norddeutschen Flüssen

Noch ist die Sondersendung nicht abgedreht, aber ein bisschen lässt der NDR schon durchblicken, was die Zuschauer erwartet. „Flüsse sind die Lebensadern vieler Regionen im Norden: Sie prägen das wirtschaftliche Leben, sind ein wichtiges Ökosystem und Heimat seltener Tiere. Und vielen Menschen dienen sie der Erholung. ‘Nordtour unterwegs’ zeigt inspirierende und zum Teil auch überraschende Ausflugstipps an Flüssen im ganzen Norden“, heißt es in der Ankündigung.

Klar, dass darin auch vom „Kaiser Wilhelm“ die Rede ist. „Kapitän Markus Reich erzählt von der wechselvollen Geschichte des mehr als 120 Jahre alten Schiffes und wie sich der Schiffsverkehr auf der Elbe verändert hat“, heißt es. Das dürfte spannend werden. Schließlich kennt Markus Reich die Elbe wie seine Westentasche und kann so manche Anekdote erzählen. „Diese Spezialausgabe blickt unterhaltsam auf die Anfänge und die Veränderungen zurück. Eine unterhaltsam nostalgische Mischung aus Flussgeschichten, Gesprächen und Rückblicken auf 30 Jahre ‘Nordtour“, verspricht der NDR.

Die Erstausstrahlung der Jubiläumssendung gibt es am Sonntag, 4. September, 20.15 bis 21.45 Uhr im NDR. Die Wiederholung läuft am Montag, 5. September, 0.55 bis 2.25 Uhr.