Lauenburg. Der Scheibengucker gehört zum Schützenfest Lauenburg. Er hat als erster gesehen, wer beim Königsschuss am treffsichersten war.
Die Schützengilde der Schifferstadt pflegt seit 1666 zahlreiche Traditionen. Eine findet sich in den Beschreibungen der Schützenfeste, in denen es sehr oft heißt: „Vom schönsten Wetter begünstigt.“ Das galt auch für das diesjährige Schützenfest Lauenburg, das nach zweijähriger Pause wieder im alten Stil ausgerichtet wurde – inklusive Schweißperlen unter Hut und Uniform. Einer, dem das egal war, ist Sascha Krosta: Der 29-Jährige ist seit 2009 der sogenannte Schiebenkieker.
Der Schiebenkieker – übersetzt Scheibengucker – ist die vielleicht wichtigste Person des Schützenfestes. „Ich sitze während des Königsschießens für zwei Stunden in einer Kammer am Ende des Schießstandes“, erklärt Krosta. Auch wenn die Schießbahn eine der modernsten im Kreis ist und über eine digitale Trefferanzeige verfügt, will die Gilde nicht auf die Tradition des Schiebenkiekers verzichten:
Beim Schützenfest Lauenburg werden die Scheiben per Hand ausgewertet
Krosta holte am Sonntag, 3. Juli, nach den drei Schüssen, die jeder Anwärter abgeben darf, die Scheibe per Hand über eine Schiene in die Kammer, nummerierte die Pappkarte und setzte auch auch stets ein neues „Knöpfchen“ aus Holz ein. Und das bei angenehm kühlen Temperaturen, denn die Schießbahn liegt tief unter der Erde des Fürstengartens.
Bei der Königsscheibe, die jede Schützenmajestät erhält und die an vielen Häusern hängt, wird dieses Abbild des Königschusses zudem eingesetzt. Das besondere an Krostas Job ist aber: Er selber darf kein Mitglied der Gilde sein. „Der Schiebenkieker muss neutral sein, ich weiß auch gar nicht, wer gerade am Schießstand steht“, sagt Krosta, dessen Vater Peter 1999 Schützenkönig war.
„Kerkerhaft“ für zwei Schützenbrüder im Schlossturm
Zwei Schützen, die ebenfalls die Kühle genießen konnten, waren Ulf Milschlag, Schützenkönig 2002 und 2015, und Klaus Dubbe: Sie wurden von Kommandeur Hans-Ulrich Kröppelin zur „Kerkerhaft“ im kühlen Untergeschoss des Lauenburger Schlossturm „vergattert“. Die Bestrafung ist für die Mitglieder und Gäste stets eine Gaudi: Milschlag hatte, als Kröppelin zum Aufbruch drängte, widersprochen – denn seine Gruppe hatte ihre Gläser noch nicht ausgetrunken.
Dubbe soll beim Abspielen der Nationalhymne beim Großen Zapfenstreich „Ehestandsbewegungen“ gezeigt haben. „Ich habe nur ein wenig getanzt“, verteidigte sich Dubbe vergeblich. Beide mussten sich Häftlingskleidung überziehen und wurden symbolisch in Ketten gelegt. Einer, der auch in den Kerker wollte, blieb draußen: Patron und Bürgermeister Andreas Thiede hätte den kühlen Kerker dem heißen Festsaal vorgezogen, in den die Stadt zum Empfang für die Gilde und deren Gäste aus Boizenburg, Hittbergen, Schwarzenbek, Sahms und Lütau sowie Abordnungen von Feuerwehr und Schifferbrüderschaft geladen hatte. Doch den Titel „Majorchen“ wertete Kröppelin nicht als Beleidigung.
Goldene Ehrennadel für Schützenmajor Hans-Ulrich Kröppelin
Lars Rothfuß, Vorsitzender des Kreisschützenbundes, hatte für Kröppelin eine Überraschung parat: Gemeinsam mit Kreisschützenkönigin Anja Eschke überreichte er dem Kommandeur die goldene Ehrennadel des norddeutschen Schützenbundes für dessen Verdienste um das Schützenwesen.
Das Schützenfest endete am Sonntagabend, 3. Juli, mit der Proklamation des neuen Schützenkönigs Frank Fischer auf dem Schlossplatz samt Großen Zapfenstreich (Bericht folgt). Heute, 4. Juli, wird das Schützenfest um 14 Uhr mit einem Festumzug fortgesetzt. Von 16 bis 21 Uhr spielt im Schützenhaus noch einmal die Musik.