Lauenburg. Ein ukrainischer Stipendiat kann nicht anreisen, weil er seine Heimat verteidigen muss. Was die erste Ausstellung zeigt.
Lange hatten Ulrike Mechau-Krasemann und die anderen Mitglieder des Fördervereins Künstlerhaus Lauenburg auf diesen Tag hingefiebert: Am Sonntagnachmittag wurde die neue Stadtgalerie in der Elbstraße 52 in Lauenburg eröffnet. Doch es lag ein Schatten über der Veranstaltung: Oleksandr Kurmaz, einer der diesjährigen Stipendiaten, wird vorerst nicht nach Lauenburg kommen.
Der junge Künstler aus der Ukraine wird statt des Pinsel ein Gewehr in die Hand nehmen, um seine Heimat zu verteidigen. „Wir hatten heute früh Kontakt zueinander, und ich soll herzliche Grüße ausrichten“, sagte Ulrike Mechau-Krasemann sichtlich bewegt. Auch mit Daniel Galkin habe sie gesprochen. Der Künstler aus der Ukraine war im Jahre 2017 Stipendiat des Künstlerhauses. „Es ist unerträglich, welche Schicksale hinter diesem Kriegsszenario stecken“, sagte sie.
Stadtgalerie Lauenburg: Unbefangener Blick auf erste Ausstellung hilft
Im krassen Widerspruch zu diesem ernsten Thema scheint die Anregung von Ina Arzensek und Sarah-Christina Benthien zu sein, die Welt doch einmal mit den Augen Pippi Langstrumpfs zu sehen. Doch die unbefangene Sichtweise ist der beste Weg, sich ihren Arbeiten zu nähern. Die beiden Künstlerinnen aus Hamburg sind die Ersten, die mit ihrer Ausstellung die Lauenburger Stadtgalerie offiziell eröffnen.
Anders als beim Richtfest im Oktober vergangenen Jahres gab es zur Einweihung der Galerie keinen großen Bahnhof. Immerhin waren aber etwa 40 Kunstinteressierte zur ersten Vernissage gekommen. Ina Arzensek und Sarah-Christina arbeiten seit mehr als einem Jahr an dem Projekt „Labor für Übergänge und Prozesse“ (LÜP). Die Ausstellung zeigt auf den ersten Blick profane Gegenstände: Luftballons, Spiegel, Beamer. Die Künstlerinnen sprechen von einem ergebnisoffenen Arbeitsprozess. Jeder Augenblick, den ein Betrachter aufnimmt, sei immer nur ein Zwischenergebnis. Ihre Installationen verändern sich. Etwa weil jemand mit dem Fuß dagegen kommt. Oder weil das Licht seinen Einfallswinkel geändert hat.
Noch lange vor der offiziellen Eröffnung hatten die beiden Künstlerinnen die Möglichkeit, sich mit der Ausstellungsfläche auseinanderzusetzen. Teile dieses Kommunikationsprozesses sind in der Ausstellung als Collage zu sehen und unterstreichen den prozesshaften Charakter der Installation. „Licht als Material interessiert uns natürliches bei unserer Arbeit. Einen Beamer haben wir aber das erste Mal eingesetzt“, sagt Sarah-Christina Benthien.
Der lange Weg zur Lauenburger Stadtgalerie
In der Sichtachse der Galerie befindet sich einer der Schwerpunkte der Installation: Eine ausgeklügelte Anordnung von Spiegeln, Prismen und Schablonen sorgt dafür, dass in jedem Raum Wandbilder entstehen. Selbst auf der Wand des gegenüberliegenden Elbschifffahrtsmuseums erscheinen in der Dämmerung Schriftzeichen und Schattenrisse aus der Galerie. Bereits 2015 hatten die beiden Frauen in ähnlicher Weise eine Brache in Hamburg gestaltet. Angesichts dieser Interpretation des Alltäglichen braucht der Betrachter eine große Offenheit – oder eben den unbefangenen Blick der Pippi Langstrumpf.
So unspektakulär die Eröffnung der Stadtgalerie auch war, so holprig war der Weg dorthin. Eigentlich war geplant, sie bereits im Oktober vergangenen Jahres einzuweihen. Da gab es nämlich einen Grund zum Feiern: Vor genau 35 Jahren wurde das Lauenburger Künstlerhaus als Stipendiatenstätte des Landes gegründet.
Stadtgalerie Lauenburg: Ein Zufall brachte das Projekt ins Rollen
Aber eine Möglichkeit, die Werke der Stipendiaten zu präsentieren, gab es nicht. Doch dann half der Zufall: Der Eigentümer des Nachbargebäudes, Franz Hitzler, erwies sich als Freund der Lauenburger Kunstszene. Er stand hinter dem Projekt, einen Durchbruch zum Künstlerhaus zu schaffen und in dem entstehenden großen Raum eine Galerie einzurichten. Der Förderverein des Künstlerhauses konnte Fördertöpfe des Landes und der Aktivregion Sachsenwald Elbe auftun sowie weitere Förderer gewinnen.
Die Ausstellung „Labor für Übergänge und Prozesse“ ist noch bis Sonntag, 27. März, in der Stadtgalerie zu sehen. Sie ist mittwochs, donnerstags und freitags von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Sonnabends und sonntags kann die Ausstellung in der Zeit von 13 bis 17 Uhr besucht werden. Der Eintritt kostet 4 Euro. Mitglieder des Fördervereins und Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt.