Lauenburg. Verkehrsminister von Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei Info-Veranstaltung in Lauenburg. Warum sie den Westen vorziehen.

Die Präferenzen sind klar: Statt einer neuen Elbquerung anstelle oder neben der bisherigen Elbbrücke in Lauenburg, bevorzugen sowohl Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) als auch sein niedersächsischer Amtskollege Bernd Althusmann (CDU) einen Neubau westlich der Schifferstadt. Doch der Neubau zwischen Artlenburg im Süden und Schnakenbek im Norden ist nicht nur in Lauenburg umstritten, auch die Umlandgemeinden sind nicht begeistert.

„Man darf nicht die einen vom Verkehr entlasten und andere damit belasten“, erklärte Gerd Lüttge, Vorsteher des Amtes Lütau, bei einer ersten Info-Veranstaltung, zu der der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV) die beiden Minister nach Lauenburg geladen hatte. In der Hybrid-Veranstaltung konnten Bürger sowohl im Forum der Albinus-Gemeinschaftsschule als auch im Internet ihre Fragen stellen und Kritik äußern.

Einig waren sich alle, dass eine neue Brücke auf jeden Fall kommen muss

Die Gelegenheit nutzte auch Günther Aviszus vom Bürgeraktionsbündnis „Lauenburg reicht’s“ (BAB). Doch der Kritiker einer westlichen Elbquerung rannte mit seiner Frage nach einer Umgehungsstraße im Norden Lauenburgs bei Buchholz offene Türen ein: „Eine westliche Elbquerung geht nur mit der Nordumgehung. Sonst würden wir den Verkehr ja wieder in die Stadt schieben.“ Die Brücke westlich der Stadt mit der nördlichen Umfahrung, die bereits im Bundesverkehrswegeplan enthalten ist, hat für den FDP-Politiker auch deshalb so viel Charme, weil damit die Verkehrsbelastung der Stadt verringert würde und gleichzeitig auf eine Südumgehung durch das Deichvorland und das Gewerbegebiet verzichtet werden könnte.

Bernd Buchholz (FDP), Britta Lüth (LBV) und Bernd Althusmann (CDU, v.l.) stellten sich den Fragen der Bürger.
Bernd Buchholz (FDP), Britta Lüth (LBV) und Bernd Althusmann (CDU, v.l.) stellten sich den Fragen der Bürger. © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Einig waren sich Planer, Politiker und Bürger, dass eine neue Brücke auf jeden Fall kommen muss. Die 70 Jahre alte Brücke hat die Zustandsnote 4. Das ist der schlechteste Wert, der für ein Brückenbauwerk möglich ist, so Britta Lüth, beim LBV für Neu- und Ausbauten zuständig. Auf der Elbbrücke, zwischen 1951 und 1954 für sehr viel geringere Belastungen gebaut, gilt für Autos derzeit Tempo 30.

Vieles spricht für neue Brücke im Westen

Die Info-Veranstaltung im Forum der Albinus-Gemeinschaftsschule am Freitag war die erste von mehreren Bürgerbeteiligungen zum Neubau der Elbbrücke. Das machten die Verkehrsminister Bernd Althusmann aus Niedersachsen und sein schleswig-holsteinischer Amtskollege Bernd Buchholz klar. „Wir meinen es ernst mit der Bürgerbeteiligung“, so Buchholz. Auf der Internetseite www.schleswig-holstein.de/elbquerung-lauenburg, auf der die Veranstaltung auch im Live-Stream zu sehen war, werden neueste Informationen, aber auch Fragen und Antworten sowie ein Youtube-Video der Info-Veranstaltung zu sehen sein.

Schlechter Zustand der alten Brücke macht Elbbrücken-Neubau notwendig

Auslöser für die vom Bund angestoßenen Planungen, die auch eine weiträumige Umfahrung von Lauenburg im Zuge der Bundesstraße 5 vorsehen, ist der schlechte Zustand der bestehenden Elbbrücke. Über sie wird seit 70 Jahren sowohl eine Straßen- als auch eine Eisenbahnverbindung geführt.

„Die Brücke hat mittlerweile leider die schlechteste Zustandsnote, die in Deutschland vergeben wird“, sagte Buchholz. Zwar solle die Brücke für die Schiene in den kommenden Jahren wieder ertüchtigt werden, doch klar sei für den Bund und die beiden ausführenden Länder, dass für die Bundesstraße 209 ein zukunfts- und leistungsfähiger neuer Brückenschlag geschaffen werden müsse.

„Wir haben nur die Elbbrücken in Lauenburg und Geesthacht“, so Althusmann. Die nächsten Querungen gibt es erst wieder in Hamburg sowie in Dömitz.

Landesbetrieb Verkehr erteilt Sanierung der alten Querung eine klare Absage

Warum könne man nicht die alte Brücke sanieren oder eine neue danebensetzen, wollte die Lauenburgerin Meike Messerschmidt von Britta Lüth wissen, die beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr für den Neubau zuständig ist.

„Das wird schwierig“, so die Ingenieurin. Zum einen müsse man bei der Gründung so eines Brückenbauwerks Abstände zur Wohnbebauung halten, zum anderen müsste für eine neue Brücke gleich auf zwei alten Fundamenten, dem der 1954 eröffneten Elbbrücke und ihres Vorgängers aus dem 19. Jahrhundert, gebaut werden. „Das wird schwierig“, so Lüth.

Natura-2000-Gebiet im Osten macht einen Bau schwierig

Zudem erwarte sie hohe Sanierungs- und Wartungskosten, sodass sich ein Neubau durchaus rechne. Das wiederum bezweifelte die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer, die auch das Problem Park&Ride ansprach: Bei einem Neubau westlich oder östlich der Stadt könnten Autofahrer den Bahnhof nicht mehr anfahren, um dort auf den Zug umzusteigen.

Während Buchholz einer östlichen Elbquerung mit Hinweis auf das dortige Natura-2000-Gebiet kaum eine Realisierungschance einräumt, sehen das die Naturschützer anders. Für Hans-Heinrich Stamer vom BUND sind Steilhang und Naturschutzgebiet im Westen der Schifferstadt ökologisch sehr viel sensiblere Bereiche als das Deichvorland im Osten.

Frühester Baubeginn in zehn Jahren

Überhaupt gehe die Planung, die derzeit noch ganz am Anfang steht, von alten Maßstäben aus, so Stamer: „Wo bleibt denn eigentlich die Verkehrswende?“

Frühester Baubeginn für die neue Brücke könnte laut Lüth in zehn Jahren sein. Bis dahin gehen Straßen- und Bahnverkehr weiter über die alte Brücke, die dafür instand­gesetzt wird. Danach soll sie nur noch vom Schienenverkehr genutzt werden, aber Wege für Radfahrer und Fußgänger erhalten.