Kasseburg. Die Kasseburger haben sich gegen ein Gewerbegebiet ausgesprochen, doch es bleibt weiter in einer offiziellen Liste möglicher Flächen.

Im Sommer haben die Kasseburger per Bürgerentscheid mehrheitlich ein neues Gewerbegebiet im Dreieck A 24/B 404 gekippt. Anfang der Woche hat der Ausschuss für Regionalentwicklung und Verkehrsinfrastruktur des Kreises nun den aktualisierten Gewerbeflächenleitfaden Hansebelt 2021 ohne Kritik zur Kenntnis genommen. Bemerkenswert: Der Bürgerentscheid findet dort keine Berücksichtigung, das Areal in Kasseburg wird weiterhin als Potenzialfläche mit netto 31,5 Hektar geführt.

Dabei handele es sich um keine Missachtung des Bürgerwillens, sagen Karsten Steffen, Sprecher der Kreisverwaltung, sowie Jan-Uwe Eichelberg, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Herzogtum Lauenburg (WFL). „Ein solcher Bürgerentscheid hat eine Bindungswirkung von zwei Jahren“, so Steffen. „Regionalpläne und ihre Fortschreibungen wirken dagegen über Jahrzehnte.“

Trotz Bürgerentscheid halten Wirtschaftsförderer an dem Plan fest

Hansebelt 2021: Ein Blick auf die Karte zeigt, warum die Verantwortlichen weiter auf Kasseburg (12) setzen. Der Standort ist als einziger im Kreis bereits seit 2015 in Planung – und wäre außerdem der derzeit einzige, der auch für größere Ansiedlungen geeignet wäre.
Hansebelt 2021: Ein Blick auf die Karte zeigt, warum die Verantwortlichen weiter auf Kasseburg (12) setzen. Der Standort ist als einziger im Kreis bereits seit 2015 in Planung – und wäre außerdem der derzeit einzige, der auch für größere Ansiedlungen geeignet wäre. © BGDZ | Martin RüffertStadt Geesthacht

„Kasseburg ist der einzige potenzielle Standort von überregionaler Bedeutung im Kreis Herzogtum Lauenburg“, erläutert Eichelberg auf Nachfrage. Das letzte Wort hätten jedoch andere. Im Leitfaden für die Gewerbeentwicklung in der Region Hansebelt gehe es um Vorschläge, „wo man etwas machen kann“, so Eichelberg. Die tatsächliche Entwicklung sei abhängig von „politischen Entscheidungen vor Ort, der Frage, ob das Areal ins Entwicklungskonzept passt und nicht zuletzt davon, ob Landwirte ihre Flächen verkaufen“.

Bislang, so lässt auch ein Blick ins 44-seitige Papier „Leitfaden Gewerbeflächen für die Region Hansebelt 2021“ erkennen, war dem Kreis Herzogtum Lauenburg eine Nebenrolle für die Entwicklung entlang der Achse Hamburg-Lübeck-Fehmarn-Dänemark zugemessen worden. Während etwa der Nachbarkreis Stormarn und die Hansestadt Lübeck einen deutlichen Gewerbeflächenzuwachs schon in der Vergangenheit erlebt haben, fallen dagegen die Kreise Herzogtum Lauenburg und Ostholstein zurück.

Bürgerentscheid ist nur für zwei Jahre bindend

„Entlang der Landesentwicklungsachsen an der Autobahn 1 wie auch der A 7 hat es die vergangenen Jahrzehnte eine starke Verdichtung von Gewerbe und Wohnen gegeben“, betont Eichelberg. Mit dem Fehmarnbelt-Tunnel komme eine weitere Welle auf das Land zu. „In Dänemark werden hunderte Hektar neuer Gewerbeflächen entlang des Entwicklungsraums ausgewiesen“, in Schleswig-Holstein dagegen sei in dem Zusammenhang bislang nur wenig geschehen.

Eichelberg sieht den Kreis auf der Überholspur: „Die Achse Hamburg-Berlin und weiter Richtung Osten wird mit Hansebelt an Bedeutung gewinnen“, ist der WFL-Geschäftsführer überzeugt. Dazu bedürfe es aber deutlich mehr Gewerbeflächen, auch und gerade von überregionaler Bedeutung. „Wir haben Anfragen von Forschungsunternehmen, Pharmaunternehmen und Firmen, die für die E-Mobilität produzieren.“ Wer sich nicht darauf einstelle, riskiere, dass viele Arbeitsplätze stattdessen in Mecklenburg oder Dänemark entstünden.

Kasseburg wäre ideal für Logistikunternehmen

Mit einer Anbindung über B 404 und A 24 sei Kasseburg auch gut für Logistikunternehmen geeignet, bestätigt Eichelberg, „ohne das Lkw-Verkehr durch Wohngebiete rollen müsste“. Da Ziel sei aber eine gute Mischung für den Standort.

Hans-Heinrich Stamer (BUND), Mitinitiator des Kasseburger Bürgerentscheids, bedauert die Entwicklung. „Dass nach einer Zwei-Jahresfrist ohne weitere Bürgerbeteiligung erneut über ein Gewerbegebiet Kasseburg entschieden werden kann, das ist klar.“ Was ihn umtreibe, sei der Umstand, dass bis dahin nicht damit gerechnet werden dürfe, dass der Umweltschutz stärker Berücksichtigung finde: „Es wird nur die Autobahnanbindung betrachtet, anstatt auch mal an eine Schienenanbindung zu denken.“

Kommune würde finanziell kaum profitieren

Geldverdienen stehe im Mittelpunkt. Doch wenn örtliche Betriebe ausgeschlossen blieben, gehe die Rechnung für die Gemeinde nicht auf, warnt Stamer: „Großunternehmen zahlen ihre Steuern vor allem an den Firmensitzen. Für Kasseburg bliebe da wenig übrig.“