Schwarzenbek. Hobbyhistorikern Gisela Berger weiß viel über Schwarzenbek, was sie mit Vorträgen und Spaziergängen gern weitergibt.

Der Maurermeister Johann Prösch, in dessen Villa später das erste Rathaus der Stadt beheimatet war, Zimmerer und SPD-Ortsvereinsgründer Ernst Schefe, Amtmann Friedrich Wilhelm Compe oder Sparkassengründer und Amtmann Friedrich Seestern-Pauly sind historische Persönlichkeiten, die viel mit der Stadtgeschichte Schwarzenbeks zu tun haben und die den Grundstein gelegt haben, dass aus einem kleinen Bauerndorf ein aufstrebender Ort und letztlich 1953 eine Stadt geworden ist. Hobbyhistorikerin Gisela Berger kennt die Geschichten dieser und vieler anderer Menschen und Orte in ihrer Heimatstadt und weiß sie unterhaltsam zu erzählen.

Die 69-Jährige, die in ihrer beruflichen Laufbahn in Hamburg im Finanzamt gearbeitet hat, ist in Schwarzenbek an der Uhlenhorst geboren und aufgewachsen. Dort lebt sie heute noch, allerdings in einem Neubau im früheren Gemüsegarten ihres Geburtshauses, in dem ihre Familie seit 1898 lebt. Das alte Haus gegenüber dem heutigen Hof von Bauer Steffen ist in der Familie geblieben, war für Gisela Berger nach dem Tod ihres Mannes aber zu groß geworden.

Freizeithistorikerin berichtet mit Wissen und Witz

„Früher war hier alles noch richtig dörflich. Zur Schule gegangen bin ich in der Alten Marktschule, wo heute das gleichnamige Restaurant in einem Neubau steht. Unser Lehrer war Günther Hampe, der großen Wert auf Heimatkunde legte“, erzählt die Schwarzenbekerin. Das war für sie so interessant, dass sie sich nun schon viele Jahre für Geschichte interessiert.

“Geschichte und die Geschichten dazu interessieren mich einfach“, sagt Gisela Berger, Vorsitzende vom Heimatbund und Geschichtsverein.
“Geschichte und die Geschichten dazu interessieren mich einfach“, sagt Gisela Berger, Vorsitzende vom Heimatbund und Geschichtsverein. © Stefan Huhndorf | Stefan Huhndorf

„Ich habe viele Bücher über Schwarzenbek und Schleswig-Holstein, aber ich kenne mich historisch auch in Hamburg gut aus. Irgendwann habe ich einen Vortrag im Finanzamt über Steuern gehalten. Das hat mir Spaß gemacht“, erinnert sich Gisela Berger.

Grundschullehrer Günther Hampe weckte Interesse an Geschichte

Danach hat sie beim Bürgerverein einen Vortrag gehalten, und bei den Historikern sollte sie den damaligen Stadtarchivar Dr. William Boehart vertreten, der gerade verhindert war. So kam die Schwarzenbekerin im Jahr 2003 zum Heimatbund und Geschichtsverein, den sie seit acht Jahren leitet.

Seitdem hat sie viele Vorträge gehalten und noch mehr Führungen angeboten. Ihr beliebtestes Thema ist „Schwarzenbek gestern und heute“, in dem sie die Stadtgeschichte aufarbeitet. „Ich habe rund 450 historische Fotos und diverse Postkarten in meinem Archiv“, sagt die 69-Jährige.

Der erste Vortrag war in Vertretung für den Stadtarchivar

„Lieferanten“ des historischen Materials waren unter anderem der Fotograf Wolfgang Lehmann, der unter anderem die Geschichte der Verbrüderung mit den Partnerstädten dokumentierte, August Wilhelm „Auwi“ Meyer vom Bürgerverein und auch Gunder Paulsmeier, der historische Postkarten sammelt.

Nach und nach wuchs das Wissen von Gisela Berger und das Interesse daran, dieses Wissen auch weiterzugeben. So hat sie allein in diesem Jahr bereits zwei Vorträge unter dem Motto „Schwarzenbek gestern und heute“ im historischen Amtsrichterhaus gehalten, die komplett ausgebucht waren. Ein dritter folgt am 16. Dezember, auch für ihn gibt es bereits 19 Anmeldungen. Das Amtsrichterhaus, erbaut von 1750 und 1770 für den Amtsschreiber, wurde 1870 Amtsgericht, dessen erster Amtsrichter Gerichtsassessor Bredenkamp war.

Der „Eiserne Kanzler“ zechte gern in Schwarzenbek

Es gibt viele kürzere und aus längere Anekdoten über die heutige Europastadt zu erzählen. „Viele Menschen wissen, dass der Deutsche Kaiser Bismarck den Sachsenwald geschenkt hat, aber nicht, dass dazu mehr als 20 Dörfer gehörten, unter anderem Schwarzenbek“, so Gisela Berger. Der „Eiserne Kanzler“ war dann auch Stammgast in Schröders Hotel und im Deutschen Haus, dem Vorgänger des Kaiserhofs. Seine Alkoholvorräte brachte er selbst mit und legte nach dem Konsum einen Mittagsschlaf ein, um dann weiter zu zechen, wie die Schwarzenbekerin erzählt.

So sah es am heutigen Einkaufstreff Passage um 1950 aus. Im Hintergrund ist die alte Schmiede. Heute hat dort Optikermeister Steffen Möller seine Brillenschmiede.
So sah es am heutigen Einkaufstreff Passage um 1950 aus. Im Hintergrund ist die alte Schmiede. Heute hat dort Optikermeister Steffen Möller seine Brillenschmiede. © privat | privat

Straßenmaut gab es schon vor mehr als hundert Jahren auf der B 207

Die Chaussee, auf der heute die Trasse der B 207 verläuft, ist erst im 19. Jahrhundert entstanden. Damals gab es bereits – wie heute wieder – Mautstellen. „Das Mauthaus für die Fuhrwerke lag in Elmenhorst, der Standort des Straßenwärters in Grove“, so Gisela Berger.

Auch im Ort sah es deutlich anders aus. Wo heute der Einkaufstreff Passage liegt, waren noch in den 1950er-Jahren Ställe. Das Hotel Stadt Hamburg, das vor 1950 auch als Kinosaal diente, war Umspannstation für die Kutschen. Und wo heute Optikermeister Steffen Möller seine Brillenschmiede betreibt, war tatsächlich viele Jahrzehnte eine Schmiede, in der die Pferde beschlagen wurden.

Hobbyhistorikerin kann viele unbekannte Anekdoten erzählen

Aber es gibt auch unbekanntere Anekdoten wie beispielsweise die Geschichte der Straße Haselgrund, an der die katholische Kirche liegt. Der Name hat nichts mit dem Bewuchs zu tun, sondern hängt mit dem ersten Pfarrer der St. Michael Gemeinde, Ernst Kiesling, zusammen. Als Kaplan war er in verschiedenen Gemeinden Schlesiens tätig, zuletzt als Pfarrer in Haselgrund, Kreis Gleiwitz. 1948 musste er Schlesien verlassen und fand in Hamburg kirchliche Aufgaben in der Sorge um die Vertriebenen.

Historischer Spaziergang: Wer mehr über Schwarzenbeks Geschichte erfahren möchte, kann am kommenden Sonntag zum historischen Stadtrundgang mit Gisela Berger kommen. Treffpunkt ist um 15 Uhr auf dem Ritter-Wulf-Platz. Eine Anmeldung unter 04151/88 11 32 ist erforderlich.