Lauenburg. Die Blühwiese könnte den tierischen Rasenmähern gut schmecken, an den Kabeln sind sie glücklicherweise nicht interessiert.
Es klingt erstmal ein bisschen verrückt: Die Versorgungsbetriebe Elbe wollen beim Thema Naturschutz künftig mit Schafen gemeinsame Sache machen. Zwischen den Modulen des Solarparks sollen es sich die Vierbeiner schmecken lassen – und ganz nebenbei den Pflegeaufwand der Fläche minimieren. Bis es soweit ist, blühen Klatschmohn, Hundskamille und andere Wildblumen und bieten Insekten eine reiche Nahrungsquelle. Nach der Blüte dürfen die Schafe die Fläche abgrasen und im nächsten Jahr blüht es umso üppiger. Grund: Beim Fressen haften den Tieren zahlreiche Samen in ihrem Fell an, die sie verteilen.
„Seit der Planung des Solarparks war klar, dass die Fläche für Bienen und andere Insekten als Blühwiese genutzt werden soll“, sagt der Vertriebsleiter der Versorgungsbetriebe, Denis Recknagel. Experten des Verbandes für Landschaftspflege hatten sich die Fläche deshalb angesehen und festgestellt: Hier muss nichts extra ausgesät werden. Auf dem 11.000 Quadratmeter großen Gelände ist von Natur aus eine große Pflanzenvielfalt gegeben.
Schafe und Solarmodule – zu diesem Thema wird sogar geforscht
„Wir überlegen, ob wir Schafe auf der Weide als natürliche Pflege einsetzen könnten. Etwas Sorge machen wir uns aber um die Gesundheit der Tiere“, hatten die Versorgungsbetriebe auf ihre Facebookseite geschrieben. „Wir wussten nicht, ob die Schafe vielleicht die Kabel der Anlage anknabbern würden“, erklärt Recknagel die Zweifel. Mittlerweile hätte es Rückmeldungen aus Fachkreisen gegeben, die Tiere hätten keinen Appetit auf Kabel und Leitungen.
Es gibt nämlich tatsächlich schon wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Schafe und Solarmodule. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hatte 2019 eine solche Untersuchung in Auftrag gegeben. Unter dem Titel „Beweidung von Photovoltaik-Anlagen mit Schafen“ werden die verschiedenen Aspekte dieser Verbindung beleuchtet. „Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der Solarmodule ist die Verhinderung von Beschattung durch den Pflanzenaufwuchs. Außerdem ist eine kurze Vegetation aus Brandschutzgründen erforderlich“, heißt es darin. Aber auch für den Schäfer würden sich aus dieser Konstellation Vorteile ergeben. „Die Fläche ist bereits dauerhaft fest eingezäunt, wobei die verwendeten Zaunmodelle meist perfekt für eine Schafhaltung geeignet sind. Das spart dem Schäfer viel Zeit und Geld für die Errichtung des Zaunes. Bei der zunehmenden Ausbreitung von Wölfen in Deutschland stellen diese Flächen – in den meisten Fällen ohne Mehraufwand – vergleichsweise sichere Weideplätze dar“, schreiben die Experten.
Solarpark erzeugt 672.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr
Doch bis es sich die ersten Tiere im Lauenburger Solarpark gut gehen lassen, wird noch einige Zeit ins Land gehen. „Wir führen mit interessierten Schäfern der Region Gespräche zum weiteren Vorgehen“, sagt der Vertriebsleiter der Versorgungsbetriebe.
In erster Linie ist der im vergangenen Jahr ans Netz gegangene Solarpark natürlich zur Stromversorgung da. Die Anlage beliefert seit Inbetriebnahme 200 Haushalte in Lauenburg und Umgebung mit Strom. Rund 750.000 Euro haben die Versorgungsbetriebe in die Anlage am Stadtrand investiert. Nach etwa 18 Jahren soll sich das Vorhaben amortisiert haben. „Wir rechnen aber damit, dass der Solarpark deutlich mehr als 20 Jahre lang Strom produziert“, sagt Recknagel. Die Anlage besteht aus insgesamt 2670 Modulen. In einem Winkel von 30 Grad sind diese in südlicher Richtung ausgerichtet. Interessant zu wissen: In Lauenburg gibt es rund 300 Sonnenstunden im Jahr. Normales Tageslicht reicht aber für den Betrieb der Anlage.
Bei den Versorgungsbetrieben ist Janine Kotzbau für den Betrieb der Anlage verantwortlich. „Strom aus erneuerbaren Energien zu nutzen ist heute ein wichtiger Imagefaktor und Beitrag zum Umweltschutz. Und wenn man dann einen Solarpark direkt vor der Haustür hat, ist das noch anschaulicher“, sagte sie bei der Inbetriebnahme.
Und dann sollen ja noch die verfressenen Schafe kommen. Aktive Naturschützer – auch wenn sie selbst davon nichts wissen.