Lauenburg/Geesthacht. Lockdown trifft Trägerverein Nordmark hart. Zahl der Übernachtungen um Zweidrittel gesunken. Flexibilität hilft durch die Krise.
Die Corona-Pandemie hat 2020 ein Riesenloch in die Kasse der 45 Jugendherbergen in Schleswig-Holstein, Hamburg und Nordniedersachsen gerissen. Nach zweimaligem Lockdown und Beschränkungen während der Öffnungszeiten fehlen dem Landesverband Nordmark des Deutschen Jugendherbergswerks mehrere Millionen Euro.
Die Zahl der Übernachtungen ist um gut Zweidrittel gesunken, von über einer Million auf knapp 324.000. Unterschiedlich hart getroffen wurden die Häuser in Lauenburg und Geesthacht.
Millionen-Verlust: Corona-Lockdown beutelt die Jugendherbergen
Genauer lasse sich die Millionensumme noch nicht fassen, solang nicht klar sei, wie hoch die Unterstützung von Bund und Land ausfalle beantwortet Sprecherin Katharina Pauly Anfragen an das DJH. Ob alle Häuser wieder öffnen, „hängt vom weiteren Verlauf der Pandemie und den staatlichen Hilfen ab“. Es gebe jedoch keine Pläne für die Schließung von Häusern, auch und gerade nicht für Lauenburg mit seinen unterschiedlichen Jugendherbergen.
Ohne Staatshilfe sähe es düster aus für viele norddeutscher Häuser. Der Träger ist ein gemeinnütziger Verein und das deutsche Vereinsrecht verbietet ihm Rücklagen, mit denen er eine solche Durststrecke durchstehen könnte. Zu Beginn war das Jugendherbergswerk wie andere gemeinnützige Organisationen durch jegliches Raster gefallen.
Finanzielle Förderung muss aufwendig geprüft werden
„Wir sind dankbar, dass es nun eine Förderkulisse gibt“, sagt Nordmark-Geschäftsführer Stefan Wehrheim. Doch das Beihilferecht sei komplex und werde immer wieder angepasst.
Oft müsse aufwendig geprüft werden, unter welchen Bedingungen und bis zu welcher Höhe Träger Förderungen annehmen dürfen und inwiefern sich Hilfen gegenseitig ausschließen. Da läuft nichts ohne Unterstützung durch Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer.
Große Treue und Solidarität: 183.000 Mitglieder
Eine Bank bleiben für das DJH Nordmark die Mitglieder. Obwohl die Nutzungsmöglichkeiten 2020 stark eingeschränkt waren, haben deutlich weniger Menschen ihre Mitgliedschaft gekündigt als im Durchschnitt vergangener Jahre.
„Diese Solidarität und der große Zuspruch unserer Gäste hat unserem Team großen Rückenwind für die tägliche Arbeit gegeben“, betont Angela Braasch-Eggert, Vorsitzende des Landesverbands. Die Mitgliederzahl liegt aktuell bei mehr als 183.000 Menschen.
Wann wird das Beherbergungsverbot für Reisende aufgehoben?
Wie die frühere Vize-Chefin des Bezirksamtes Bergedorf setzen alle Aktiven darauf, dass alsbald die Perspektiven für die Zukunft klar werden. Besonders gelitten hat die vergangenen Monate die Mehrzahl der Häuser, die bislang Anlaufpunkt für Klassenreisen oder andere Gruppen waren. Nicht genug, dass viele Häuser über Monate komplett geschlossen waren, so auch die Geesthachter Jugendherberge und das Lauenburger Haus am Sportplatz.
Für 2021 steht eine Besserung in den Sternen, selbst wenn das Beherbergungsverbot für Reisende wieder aufgehoben wird. Schulen sagen Klassenreisen in großer Zahl ab. „Wir hoffen, dass nicht weitere Länder dem Beispiel Nordrhein-Westfalen folgen und Klassenreisen gleich bis zu den Sommerferien landesweit verbieten“, sagt Katharina Pauly.
40 Prozent der Übernachtungen machen Schulklassen aus
Etwa 40 Prozent der Übernachtungen gingen in der Vergangenheit auf Schulklassen zurück, 20 Prozent auf weitere Gruppenreisende. An den aktuellen Buchungsbedingungen liege es nicht, ist Pauly überzeugt: Stornierungen seien bis vier Wochen vor Reiseantritt möglich, „coronabedingte Absagen sogar bis zum Anreisetag“.
Im Gegensatz zu den beiden anderen Jugendherbergen im Südkreis kam das Haus Zündholzfabrik besser durch die Pandemie. Es ist vor allem für Tagungen und Seminare ausgelegt, bietet entsprechend kleinere Unterkunftszimmer statt Schlafräume für Schüler.
Vier Jugendherbergen im Norden dienen als Impfzentrum
Vom 14. Juni an war es mit erweitertem Hygienekonzept geöffnet, von November an blieb es Touristen wie alle anderen Übernachtungsmöglichkeiten in Deutschland verschlossen. Bis dahin wurden Anfragen etwa an die Jugendherberge Sportplatz weiter verwiesen. Pauly: „Es macht keinen Sinn, für nur eine Familie eine komplette Jugendherberge wieder in Betrieb zu nehmen.“
Ein rundes Dutzend Jugendherbergen ist in Norddeutschland aktuell in Betrieb. Vier dienen als Corona-Impfzentren, andere, etwa in Hamburg, beherbergen in Deutschland gestrandete Seeleute, wieder andere bieten Flüchtlingen Unterkunft. Mehrere beherbergen Soldaten, die derzeit im Corona-Einsatz Gesundheitsämter und Pflegeeinrichtungen aktiv unterstützen.
Gästeschwund: Den stärksten Rückgang verzeichnete die Geesthachter Jugendherberge. Von 2019 zu 2020 sank die Zahl der Übernachtungen von 7129 auf 759. Einen enormen Rückgang erlitt auch die Lauenburger Herberge Sportplatz: Im Zeitraum gingen die Übernachtungen von 14.665 auf 2540 zurück. Die Herberge Zündholzfabrik verbuchte im Coronajahr 2020 noch 6919 Übernachtungen, nach 11.835 im Vorjahr.