Lauenburg/Hamburg. Produktion von ökologisch unbedenklichen Grundstoffen für Pflegeproduktewird von Hamburg nach Lauenburg ausgeweitet.
Als Gewürzhändler Johann Nikolaus Worlée anno 1783 den Bürgereid der Freien und Hansestadt Hamburg leistete, ahnte er wohl nicht, dass er damit den Grundstein für ein heute weltweit agierendes Unternehmen legte, das seit knapp 45 Jahren auch in Lauenburg einen Standort hat. In der langen Geschichte des Familienunternehmens gibt es naturgemäß immer Höhen und Tiefen.
Am 15. Mai vergangenen Jahres erschütterte eine schlimme Nachricht die Stadt: Im Werksteil Ost war ein Feuer ausgebrochen, der Produktionsturm brannte komplett aus. Von den Mitarbeitern des Werkes wurde zum Glück niemand verletzt, doch am Rande des Geschehens verstarb eine Autofahrerin, die mit einem Einsatzwagen zusammengeprallt war.
Nach Großbrand: Worlée baut neue Halle für Kosmetiklinie
Das neue Jahr 2021 aber beginnt mit einer guten Nachricht aus dem Chemiewerk im Industriegebiet. Zwar hat der Wiederaufbau des abgebrannten Werkteils noch nicht begonnen, aber dafür steht jetzt der Bau einer neuen Produktionshalle an. „Wir beginnen noch im Januar mit dem Neubau für unsere Kosmetikproduktion mit Labor und Anwendungstechnik“, berichtet Unternehmenssprecherin Annika Kunze.
Der Inhaber des Familienunternehmens, Reinhold von Eben-Worlée (63), hatte das Vorhaben bereits auf dem Neujahrsempfang der Stadt Lauenburg im Jahr 2018 angekündigt: Das für lösemittelfreie Nagellacke Grundprodukt „WorléeAqua Nail“, produziert in Lauenburg, könne bald der Renner bei naturbewussten Kosmetikherstellern sein, ebenso ein innovatives, biologisch abbaubares Peeling. Dafür wird das Unternehmen in den nächsten Jahren nun eine 1200 Quadratmeter große Produktionshalle in Lauenburg bauen. 20 zusätzliche Arbeitsplätze sollen entstehen.
Produktion wird von Hamburg nach Lauenburg ausgeweitet
Mit der Produktion von ökologisch unbedenklicher Kosmetikgrundstoffe schafft sich Worlée ein neues Standbein in Lauenburg. Bisher produzierte das Unternehmen in der Schifferstadt hauptsächlich Grundstoffe für die Lackindustrie. Ursprünglich plante das Unternehmen noch vor drei Jahren, in Lauenburg ein Logistikzentrum zu errichten. Diese Pläne erwiesen sich aber als unwirtschaftlich.
Mit der Produktion der Öko-Grundstoffe für Kosmetika trifft Worlée bereits seit vier Jahren den Nerv der Zeit. „Bisher wurden diese Stoffe ausschließlich in Hamburg produziert. Jetzt wird es in dem Werksteil zu eng, deshalb expandieren wir nach Lauenburg“, so die Unternehmenssprecherin.
Worlée schon 2018 mit Responsible-Care-Preis ausgezeichnet
Die Entwicklungsabteilung von Worlée hat insgesamt vier lösemittelfreie Produkte entwickelt, die Herstellern die Möglichkeit geben, hochwertige Nagellacke herzustellen – und das ganz ohne Lösungsmittel und Konservierungsstoffe. Auch Peeling-Produkte könnten in Zukunft ganz ohne die in Verruf geratene Mikroplastik auskommen. Der Grundstoff, der künftig in Lauenburg produziert wird, besteht auf Basis von nachwachsenden und biologisch abbaubaren Wirkstoffen.
Nun sind Unternehmen der Chemieindustrie nicht unbedingt dafür bekannt, besonders umweltschonend zu sein. Doch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe setzt sich auch in dieser Branche immer mehr durch. Im Jahr 2018 freute man sich bei Worlée über den Responsible-Care-Preis des Chemischen Industrie Landesverbands Nord (VCI Nord), gehörte auch bundesweit zu den drei Siegern.
Bei Worlée wird Kunstharz auf Leindotterpflanzen gewonnen
Das Projekt, für das Worlée damals ausgezeichnet wurde, hat auf den ersten Blick nicht viel mit Chemie zu tun: der nachhaltige Anbau von Leindotterpflanzen. Doch das Öl dieser Pflanzen eignet sich hervorragend zur Herstellung von Alkydharzen, die als Bindemittel in der Farb- und Lackindustrie eingesetzt werden.
In mehreren Testanbauflächen fanden Spezialisten des Unternehmens Wege heraus, die Pflanzen nachhaltig anzubauen – und zwar als Mischfrucht mit Erbsen. Die Pflanzen werden dabei auf vorübergehend brachliegenden Ackerflächen gesät, wie es sie beispielsweise zwischen dem Anbau von Sommer- und Wintergetreide gibt.
Brandruine soll in drei Jahren wieder aufgebaut sein
Doch das sind nicht die einzigen Pluspunkte der unscheinbaren Pflanze: Leindotteröl kann viele Rohstoffe bei der Herstellung von Lasuren, Holzöle und Lacke nachhaltig ersetzen. Das Öl wird bei Worlée zu einem Bindemittel veredelt, welches Farbenhersteller zur Produktion von umweltfreundlichen Holzveredelungsprodukten benötigen. Gefördert wird das Forschungsprojekt vom Bundesumweltministerium noch bis 2022.
Der neue Produktionstrakt für die Kosmetikgrundstoffe soll neben dem erst 2016 eingeweihten Verwaltungsgebäude entstehen. „Damit bekennt sich Worlée erneut zum Standort Lauenburg“, betont die Unternehmenssprecherin. Dazu gehöre auch, dass der abgebrannte Produktionsbereich aufgebaut werden soll. Der genaue Zeitpunkt steht noch nicht fest. Reinhold von Eben-Worlée spricht von einem Zeitraum innerhalb der nächsten drei Jahre.
Einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Stadt
Als Worlée 1976 nach Lauenburg kam, waren gerade einmal 30 Mitarbeiter dort beschäftigt, heute sind es über 200. Damit ist das Unternehmen einer der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt. Mehr als 40.000 Tonnen Kunstharze und Zusatzstoffe für Farben und Lacke im Jahr werden derzeit von Lauenburg aus weltweit ausgeliefert. Die Grundstoffe für ökologisch unbedenkliche Kosmetikprodukte kommen jetzt noch dazu.