Lauenburg. Friedrich-Karl Schnoor (81) aus Lauenburg erinnert sich an seine Kindheit. Sein Vater hat ein Gedicht über Weihnachten geschrieben.

Es gibt Weihnachtsfeste, die bleiben für immer in Erinnerung. Für Friedrich-Karl Schnoor, den die meisten Leute nur Freddy nennen, sind das die Feiertage der Nachkriegszeit in Lauenburg. "Wir hatten immer einen Tannenbaum, wer weiß, woher. Und es gab Würstchen vom Schlachter. Die waren aus Innereien und dem Fleisch ausgedienter Militätpferde. Aber sie schmeckten köstlich", erinnert sich der heute 81-Jährige.

Familie Schnoor wohne damals noch nicht lange in der Schifferstadt. "Ich war vier Jahre alt, als die Bomben auf Hamburg fielen. Meine Mutter wurde mit mir und meiner Schwester nach Lauenburg evakuiert", erzählt er. Weil sein Vater Friedrich Schnoor mit 64 Jahren zu alt für die Front war, wurde er als Werkspolizist in der Dynamitfabrik Krümmel zwangsverpflichtet. Das war Glück im Unglück. Die Familie blieb zusammen und bezog in Lauenburg das kleine Häuschen an der Hamburger Straße 58.

Die Familie war froh, ein Dach über dem Kopf zu haben

Nein, ein Vergnügen war es nicht, in dem Haus zu leben, das eigentlich schon vor dem Krieg hätte abgerissen werden sollen. Im Winter waren die lehmverputzen Wände der Küche weiß von Raureif. Die Kate hatte drei Zimmer und eine große Küche. "Zuerst wohnten wir allein darin. Dann zog in das eine Zimmer eine Familie mit mehreren Kindern, in das andere ein verwundeter Soldat mit seiner Frau. In der Küche stand der einzige Kachenofen", sagt Freddy. Noch heute hat er den erdigen Geruch in der Nase, der aus dem Lehmfußboden aufstieg, wenn der Ofen angeheizt wurde. Dann saßen alle Bewohner des Hauses davor und warteten darauf, dass das Wasser des eingebauten Waschkessels heiß wurde. Es war nicht die Zeit für "Mein" und "Dein".

Freddy kann sich nicht erinnern, das jemand aus der Familie mit der Situation gehadert hätte. "Wir waren froh, ein Dach über dem Kopf zu haben." Trotzdem war das verschlafene Lauenburg eine Umstellung für die Großstädter. Friedrich Schnoor war zu dieser Zeit in Hamburg bereits ein bekannter Schauspieler und plattdeutscher Rezitator. Er war ein echter Hamburger Jung. Als junger Mann fuhr er zur See, bevor er sein Talent entdeckte, mit Worten und Versen zu spielen.

Lauenburg wurde seine zweite Heimat. Dem kleinen Häuschen an der Hamburger Straße, das es heute längst nicht mehr gibt, setzte er mit dem Gedicht "Mien lütte Kot" ein Denkmal. In den 50-er Jahren veröffentlichte Friedrich Schnoor unter dem Pseudonym Fiete Lüttenhus in der Lauenburgischen Landeszeitung regelmäßig Gedichte und Geschichten.

"Wir lebten immer am Existenzminimum"

Wenn zur Weihnachtszeit der Baum in der Küche stand, wurde es noch enger in dem kleinen Haus. An einen Weihnachtsbraten war nicht zu denken. Es hätte ihn auch niemand zubereiten können, denn die einzige Kochstelle war hoffnungslos verrostet. "Meine Mutter bereitete den 'Kartoffelsalat" aus Steckrüben zu. Die hätte sie irgendwo gefunden, erzählte sie. Einmal ging sie zu Fuß nach Wangelau und brachte ein paar Eier mit", erinnert sich Freddy. Und Geschenke? "Klar hat es die gegeben. Der Soldat schnitt aus den Reifen ausgemusterter Militärfahrzeuge Sohlen aus. Die konnte man prima unter die gestrickten Wollsocken binden. So wurden die Füße im Schnee nicht so schnell nass." An die Unterhemden, die die Mutter gestrickt hatte, erinnert er sich dagegen überhaupt nicht gern. Fürchterlich gekratzt hätten die.

"Wir waren nie reich und lebten immer am Existenzminimum, aber es reichte für eine glückliche Kindheit und schöne Erinnerungen an Weihnachten", sagt Freddy. Sein Vater hatte Zeit seines Lebens einen großen unerfüllten Wunsch gehabt: Er wollte ein Buch veröffentlichen. Doch dazu reichte das Geld nie. Sein Sohn diesen Traum, auch wenn der 1966 verstorbene Friedrich Schnoor das nicht mehr erleben durfte. Bisher sind fünf E-Bücher mit seinen Gedichten und Geschichten erschienen.

Dieses Weihnachtsfest wird wieder ein besonderes. Und für viele Menschen, die nicht bei ihrer Familie sein können, ein trauriges Fest. Freddy erinnert sich daran, was sein Vater den Lauenburgern Lauenburgern in einem Weihnachtsgedicht im Jahre 1947 mit auf den Weg gegeben hat: "Kopp hoch! un ümmer bi Humor!"

  • In de Nohkriegstied 1947


Wiehnachten un Neejohr stoht vör de Dör,
dor wart mennigeen dat Hadd woll sweer.
Doch süht dat ok trurig ut woll hüt,
Wi wölt nich vergeeten de Wienachtstied.
Un hebbt wi ok nich veel to schenken,
dor lot uns gornich mehr an denken,
denn so, as dat mol freuher weer,
So'n Tied erleewt wi woll nich mehr.
Dor helpt keen Denken un keen Grüveln,
Wi möt hendörch, dörft nich vertwieweln.
Un süht dat ut ok noch so mies,
un is de Heben ok woll gries —
Kopp hoch! un ümmer bi Humor!
So lot uns gohn in'd nee'e Johr.
Denn wart wi uns ok wedderfinn,
Denn sleit för uns ok mol de Stünn,
Denn schient öber Dütschland ok mol wedder de Sünn!

Friedrich Schnoor
Lau'nborg an de Elw,
Wiehnachten 1947