Lauenburg. Kontaktaufnahme ist jetzt auch per WhatsApp und andere Messengerdienste möglich. Beratungsbedarf seit Beginn der Pandemie gestiegen.
Fast zeitgleich zum ersten Lockdown im März hat Alexander Prochnow seine Stelle als neuer Koordinator des Awo-Familienzentrums am Graf-Bernhard-Ring 16 angetreten und war somit quasi vom ersten Arbeitstag an mit der schwierigen Situation konfrontiert. Und jetzt, wo gerade ein wenig Normalität eingekehrt ist, Kinder und Eltern wieder persönlich vorbeikommen dürfen, steigen die Zahlen der mit dem Coronavirus infizierten Menschen wieder steil an, was eine erneute Schließung des Zentrums zur Folge haben könnte. „Aber noch gibt es keine entsprechende Landesverordnung“, sagt Prochnow.
„Vermutlich bekommen wir im Laufe des heutigen Montags Informationen dazu“, mutmaßt er. Er hofft aber, dass alle Angebote unter strengen Hygieneauflagen weiter stattfinden können. Schließlich habe man gerade erst das Programm überarbeitet, um noch mehr Menschen in Lauenburg zu erreichen.
AWO-Familienzentrum ist per Messengerdienste zu erreichen
Dazu gehört auch der Umbau des Beratungszimmers 3 im oberen Stockwerk des Gebäudes. Statt der kargen Einrichtung sollen sich dort bald Spielgeräte, Bücher und Co. tummeln – zumindest für die Zeit, in der einmal in der Woche das neue Angebot „Große Entdecker“ von Erzieherin Franziska Wilts stattfinden wird – ein Vorbereitungsangebot auf die Schulzeit für fünf- bis sechsjährige Kinder.
Neu ist auch das „Babynest“, was für jeden Donnerstag von 15 bis 16 Uhr geplant ist – eine kostenfreie Sprechstunde für werdende Eltern und Eltern mit Kleinkindern bis zu einem Jahr. „Die Hebammen-Sprechstunde bei Hebamme Anja Grimm wird gut angenommen“, berichtet Prochnow. Die Mütter helfen sich untereinander, tauschen Erfahrungen aus. Ein Highlight in der Hebammen-Sprechstunde ist die spezielle Waage für Neugeborene, die sonst nur Kinderärzte oder Hebammen haben.
Am Wochenende gibt es auch ein Gruppenangebot
Dazu kommt ein neues Wochenendgruppen-Angebot. Je nach Anmeldezahlen findet eine Aktivität statt, oder auch nicht. So hatte es vor Kurzem eine Schnitzeljagd durch Lauenburg gegeben. „In der Weihnachtszeit wollen wir zum Beispiel gemeinsam Kekse backen. Soweit das die Entwicklung der Pandemie zulässt“, sagt der 30-jährige Koordinator.
Eine Kontaktaufnahme mit dem Awo-Familienzentrum oder Anmeldungen für die verschiedenen Aktivitäten sind künftig unkompliziert auch über Messengerdienste wie WhatsApp oder Telegram möglich. Auch wenn das Zentrum geschlossen werden müsste, ist die Nummer erreichbar. „Wir werden versuchen, allen Anrufern zu helfen und eine Lösung für mögliche Probleme zu finden“, verspricht Prochnow. Die neue Handynummer des Awo-Familienzentrums lautet 01573/670 82 00.
Corona hat in Beratungsstunden eine große Rolle eingenommen
Weiterhin Teil des Programms sind die Migrationsberatung und die offene Sprechstunde bei Yassine Abouadoui, die Mutter-/Vater-Kind-Kur-Beratung bei Birgit Giese sowie die offene Sprechstunde für alle Anliegen. „Unter Letzteres fällt zum Beispiel auch die Sozialberatung und die Hilfe bei Formularen und Anträgen“, sagt Prochnow. Er hat in den vergangenen Monaten einen steigenden Beratungsbedarf festgestellt.
„Die Corona-Pandemie hat auch in unseren Beratungsstunden eine große Rolle eingenommen“, erzählt er. So äußerten viele finanzielle Nöte und Ängste, aber auch die Problematik der wenigen sozialen Kontakte derzeit, sei ein Thema. Die Teilnehmerzahlen in den einzelnen Gruppenangeboten sei um ein Viertel gestiegen. Und es werden immer mehr Folgetermine vereinbart.
Integrierte Beratungsstelle hat sogar coronabedingt Räume umgebaut
Auch die Integrierte Beratungsstelle Schwarzenbek/Lauenburg hat noch keine Informationen darüber, wie es in den kommenden Wochen weitergeht. „Die Entwicklung der Corona-Pandemie ist für uns als Beratungsstelle eine Herausforderung. Doch wir haben beim ersten Lockdown umgehend reagiert und schnell die Art der Video- und Telefonberatung auf die Beine gestellt.
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Die werden wir im Falle einer erneuten Schließung wieder anbieten“, sagt Dr. Ulf Kassebaum vom Diakonischen Werk. Im Mai hätte es in den Räumen am Ernst-Barlach-Platz 9 sogar Bauarbeiten gegeben, um wieder persönliche Beratungen unter Einhaltung der Hygienevorschriften stattfinden lassen zu können. „Wir haben aus zwei Gruppen- und Teamräumen nun zwei große Beratungszimmer gemacht. Dafür wurde sogar extra eine Tür eingebaut“, erzählt Kassebaum.
Neuer Schwerpunkt im Bereich der getrennt lebenden Eltern
Der Bedarf hat auch bei der Integrierten Beratungsstelle zugenommen, hat Kassebaum beobachtet. Ebenso hätten sich die Gesprächsinhalte verändert. So seien weniger Gespräche gesucht worden, um über Probleme im schulischen Kontext zu sprechen. Dafür hätte sich ein Schwerpunkt im Bereich der getrennt lebenden Eltern entwickelt. „Es wurde häufiger darüber diskutiert, wie das Kind nun zum Expartner kommt, wenn es aufgrund von Corona nicht mehr mit dem Bus fahren kann oder soll. Oder wann der Expartner das Kind sehen kann“, nennt Kassebaum Beispiele.
In solchen Fällen seien die Berater oft an die Stelle eines Moderators gesprungen und man hätte gemeinsam Lösungen entwickelt. Das Thema Trennung und Scheidung hat auch in den vergangenen Monaten eine größere Rolle in der Beratung eingenommen.
Aber auch die Pandemie wird immer wieder thematisiert, sagt Kassebaum. „Erst in der vergangenen Woche hat mir ein zehnjähriges Mädchen gesagt, es sei langsam echt richtig sauer auf das blöde Coronavirus und wenn es nicht nächstes Jahr verschwindet, bekäme es Prügel.“