Geesthacht. Studie belegt, wie wichtig Großeltern auch für die Kinderbetreuung sind. Wo es welche gibt, wie das Ganze funktioniert.
Wie wichtig sind Großeltern für die Betreuung der Enkelkinder? Sehr wichtig, besagt eine wissenschaftliche Studie des Deutsches Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) vom Juni. Demnach habe sich trotz des Kitaausbaus kaum etwas an der bedeutenden Rolle von Großeltern bei der Kinderbetreuung geändert. Von den unter Sechsjährigen werde mehr als jedes zweite Kind je nach Bedarf der Eltern oder sogar regelmäßig von den Großeltern betreut. Bei den unter Zehnjährigen seien es regelmäßig immer noch zwischen 20 und 40 Prozent.
Was aber, wenn die eigenen Großeltern nicht zur Verfügung stehen, etwa weil sie schon verstorben sind oder zu weit weg wohnen? Diese Lücke will ein neues Projekt des Geesthachter Oberstadttreffs am Dialogweg schließen. „Wunschgroßeltern“, heißt es. Gesucht werden noch Omas und Opas, die sich als ehrenamtliche „Leihgroßeltern“ zur Verfügung stellen.
Der Oberstadttreff hatte das Angebot schon einmal im Programm
Der Bedarf ist da. Dass die ältere Generation wichtig ist für die Lütten, finden auch die Mütter und Väter. „Es rufen viele Eltern an und fragen: Habt ihr Großeltern?’“, berichtet Oberstadttreff-Leiter Willi Blum. Die Anrufe kommen aus Geesthacht und Umgebung, aber auch aus Dassendorf, Escheburg und Bergedorf bis hin nach Lütau. In einigen Orten gibt es solche Projekte bereits, eine Leihgroßelternschaft wird von Organisationen wie dem Deutschen Rote Kreuz, der Arbeiterwohlfahrt und auch Familienzentren und Kommunen vermittelt. Auch der Geesthachter Oberstadttreff hatte die Leihgroßeltern vor gut 15 Jahren schon einmal im Programm, das Angebot geriet dann aber langsam in Vergessenheit. „Es wurde nie wieder aufgefrischt, deshalb ist es eingeschlafen“, sagt Luise Müller.
Sie ist eine der Leihomas von damals. „Meine eigenen Enkel sind schon groß und wohnen weit weg“, sagt Luise Müller. „Es ist Geben und ein Nehmen, auch viele alleinstehende Ältere möchten gern eine Familie haben. Es darf aber keine Pflicht sein nach dem Motto, dann und dann müssen Sie kommen“, erklärt Luise Müller den Job. Und auch kein Tagesmutterersatz oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, sondern eine „Herzensangelegenheit“, heißt es vom Oberstadttreff. „Aufgrund der vielen Anfragen haben wir mal unsere Aktenlage zum Thema gesichtet und uns gefragt, wie wir das Angebot erneut zum Leben erwecken können. Es war ein tolles Projekt, wegen Corona aber zunächst nicht mehr machbar“, sagt Willi Blum.
Damit es gleich passt, gibt es für beide Seiten einen Fragebogen
Nun aber soll es starten, wenn sich genügend Leihgroßeltern gefunden haben. Das erste Treffen wird, begleitet vom Team des Oberstadttreffs, im Mehrgenerationenhaus stattfinden, das Team steht auch später generell bei Fragen zur Verfügung. „Die Großeltern des Oberstadttreffs haben sich früher regelmäßig getroffen, das kann man wiedereinrichten“, meint Willi Blum. Versichert sind die Großeltern über die Stadt, falls mal ein Missgeschick passiert.
Vorab hat der Oberstadttreff einen Fragebogen entwickelt. Bei den Großeltern wird zum Beispiel ermittelt, ob ein Pkw zur Verfügung steht oder welche Entfernung man zurücklegen würde, ob Fremdsprachen beherrscht werden und wie viele Kinder man betreuen möchte. Auch, wie viel Zeit aufgewendet werden kann und wo sie verbracht werden soll. Und in welcher Altersgruppe die Kinder sein sollen. Vorgesehen vom Oberstadttreff ist ein Alter von bis zu zwölf Jahren. Ergänzend dazu geben die Familien an, wie viele Kinder an welchen Tagen betreut werden sollen, ob fließend Deutsch gesprochen wird, informieren über Allergien, Vorerkrankungen und Behinderungen. „Wir wollen so erst mal einen Rahmen schaffen, dann können gern individuelle Absprachen hinzukommen“, sagt Willi Blum.
Das Erzählen von früher kam gut an bei den Kindern
„Es hat beim ersten Kontakt gleich gestimmt“, erzählt Luise Müller. „Ich habe gedacht: Es passt! Die Kinder hatten rötliche Haare, und ich mochte schon immer gern Kinder mit rötlichen Haaren. Die Kleine war zwei Jahre alt, die ältere Schwester war vier. Wir haben uns gegenseitig besucht. Wenn die Eltern abends weggehen wollten, habe ich eingehütet. Ich habe ihnen Kleider genäht, und sie haben mich Näh-Omi genannt. Das Vertrauensverhältnis war schnell da. Zum Einschlafen habe ich ihnen vorgelesen, die Kinder und ich kannten die Bücher dann schon auswendig. Irgendwann habe ich begonnen, von früher zu erzählen.“ Das kam gut an bei den Kindern. „Erzähle noch mal von früher, verlangten sie fortan“, erzählt Luise Müller. Wir hatten viele schöne Momente zusammen. Irgendwann beim Älterwerden waren die Kinder dann sehr eingespannt mit Schule, Sport und Freunden, und eine Omi wurde immer seltener benötigt. „Wir haben aber immer noch Kontakt“, sagt Luise Müller.
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Wer nun auch Wunschoma oder- opa werden möchte, meldet sich im Oberstadtreff bei Ingrid David unter Telefon 04152/13 68 5-0 oder schreibt per E-Mail an ingrid.david@geesthacht.de.