Anbieter machte Geesthachter Sunpoint-Studio Druck: Mehr zahlen oder der Vertrag ist weg. Aber es kann noch schlimmer kommen.
Geesthacht. Das etwas nicht stimmt, merken Besucher des Sunpoint in Geesthacht bereits am Empfangstresen. „Sonst sind die Regale voll“, erklärt Helmer Schütte, der Betreiber des Sonnenstudios am Rewe-Center. Nun sind große Lücken in den Reihen der Tuben mit den Cremes und Lotionen zu sehen. Es gibt Lieferengpässe, „das hängt alles mit der momentanen Situation zusammen“, sagt Helmer Schütte. Soll heißen: Nicht mehr mit der Corona-Pandemie, sondern mit dem Krieg in der Ukraine.
Nun ist das Fehlen von Pflegeprodukten zwar ärgerlich, aber nicht existenzbedrohend – aber der enorme Anstieg der Strompreise ist es. Der trifft energieaufwendige Branchen wie die Sonnenstudios ins Mark. Bundesweit kam es bereits zu den ersten Schließungen. Auch der Stromanbieter von Helmer Schütte forderte im März plötzlich die fünffache Summe, stellte ihn vor die Wahl, die Verteuerung zu akzeptieren – oder aus dem Vertrag geworfen zu werden. Die Bedenkzeit betrug etwa sechs Wochen.
Studio Geesthacht: Beim neuen Anbieter werden tagesaktuelle Preise gezahlt
Helmer Schütte nahm das nicht hin, fand mit den Stadtwerken Augsburg einen neuen Versorger. Aber zu deutlich teureren Stundenpreisen als bisher. Beim alten Anbieter waren es für einen Einjahresvertrag fix 12,3 Cent pro Kilowattstunde bis Ende 2022, „solche Verträge bekommt man nun nicht mehr“, sagt Helmer Schütte. Er sagt, er sei froh, überhaupt noch einen Anbieter gefunden zu haben. „Man findet kaum noch welche, die solche Unternehmen aufnehmen“.
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Beim neuen Anbieter müssen tagesaktuelle Preise gezahlt werden. Dass sie schwanken, hängt auch damit zusammen, wie viel Strom die regenerativen Stromerzeuger wie Winderenergieanlagen wegen der Wetterbedingungen als Ernte einfahren konnten. 45 Cent/kWh an Strompreisen waren es im August, 35 Cent/kWh im September. Das läppert sich. Auf einen Verbrauch von etwa 100.000 kWh im Jahr kommt das Geesthachter Sunpoint.
Von 3000 Euro auf 5600 Euro im Monat
Je nach Monat – im Sommer besuchen weniger Gäste das Studio, im Winter mehr – zahlte das Sonnenstudio sonst an Unkosten für Strom bis zu 3000 Euro brutto im Monat. „Jetzt lag ich zuletzt bei 5600 Euro“, berichtet Helmer Schütte. Tendenz steigend. Denn die sonnenarmen Wintermonate mit einer hohen Besucherfrequenz stehen erst noch bevor.
Helmer Schütte nahm sich im Frühjahr einen Anwalt, verklagte seinen alten Stromanbieter, die Differenz zu den neuen Preisen auszugleichen, und zahlte vorab 500 Euro für Gerichtskosten. „Die hätte ich mir schenken können“, sagt Helmer Schütte. Denn das Unternehmen habe mittlerweile Insolvenz angemeldet, wurde ihm im September zugetragen.
Keine Preiserhöhungen geplant
Helmer Schütte sucht sich immer wieder neu, unabhängig vom Sunpoint-Verbund, einen Anbieter. Um den mit dem besten Preis zu finden, kümmert sich ein Makler. „Das ist wie eine Ausschreibung – wir sagen, wir benötigen die und die Strommenge, die Anbieter sagen, wir bieten den und den Preis. Meistens werden Verträge über zwei Jahre gemacht.“
„Eigentlich müsste ich die Preise nun um etwa 25 Prozent erhöhen“, sinniert Schütte. Aber davor schreckt er zurück. „Das kann ich nicht“, sagt Schütte. Er steckt in einem Dilemma – wie die gesamte Branche, auf die er „große, große Probleme“ zukommen sieht. Die Kunden hätten zwar alle Verständnis für die schwierige Situation geäußert, aber er weiß, dass die Leute wegen der Inflation weniger Geld in der Tasche haben. Viele würden dann seltener kommen oder gleich ganz wegbleiben, wenn es teurer wird. Momentan ist es sogar günstiger im Sunpoint. Gerade laufen wegen des 20-jährigen Bestehens am Standort Aktionswochen mit reduzierten Preisen.
Demnächst steht auch noch die Rückzahlung der Corona-Hilfen an
Zu den gestiegenen Stromkosten dürften bald weitere Belastungen kommen. Die Rückzahlung der finanziellen Corona-Unterstützung steht an. Es geht um die Gelder, die ausgezahlt, aber von Unternehmen dann doch nicht zur Gänze benötigt wurden.
Für die teilweise Rückerstattung der 9000 Euro Soforthilfe hat sich Schütte bereits 3000 Euro beiseite gelegt. Was vom Staat als Rückzahlung von den etwa 80.000 Euro der Corona-Hilfe gefordert wird, wird noch ausgerechnet. Wann das Geld gezahlt werden muss, ist auch noch offen. Es könne bereits in 2023 soweit sein.
Auch Arbeitsplätze sind betroffen
Heute ist ein Treffen innerhalb der Sunpoint-Firmenfamilie anberaumt. Die schwierige Situation und eine Reaktion sollen gemeinsam besprochen werden. Bundesweit gibt es 130 Sunpoint-Studios, mit Partnern sind es insgesamt 170, deutschlandweit werden über 3000 Sonnenstudios gezählt. „Und alle stehen vor der gleichen Situation“, meint Helmer Schütte. Er hofft, dass die Politik auf die Situation aufmerksam wird, schließlich gehe es auch um Arbeitsplätze. Auf im Durchschnitt etwa zehn Mitarbeiter pro Sunpoint-Betrieb schätzt er deren Zahl. „Ich bin seit 20 Jahren hier, es wäre schon schön, nicht vergessen zu werden.“