Geesthacht. Ab 2025 sind per Gesetz nur noch digitale Passbilder erlaubt. Automaten in Rathäusern machen den Profis bereits Konkurrenz.
Es ist erst zwei Wochen her, dass mit der Stadtschlachterei Voss der letzte Fleischer in Geesthacht geschlossen hat, weil er keinen Nachfolger fand. Nun sorgt sich mit Ralf Laack auch der Inhaber des letzten Fotogeschäfts in der Stadt um die Zukunft. Grund für die Existenzängste von Foto Renard in der Fußgängerzone (Bergedorfer Straße 67) ist eine Ankündigung der Stadtverwaltung hinsichtlich der geplanten Digitalisierung des Rathauses.
Auf der im Hauptausschuss vorgestellten Agenda 2023 steht unter anderem die Anschaffung eines Fotoautomaten für das Bürgerbüro, der neben der Aufnahme von biometrischen Passbildern auch Fingerabdrücke scannen und digitale Unterschriften erfassen können soll. Die entsprechenden Kosten – für einen einfachen Fotoautomaten ohne Zusatzfunktionen wird eine vierstellige Summe fällig – sollen bei den anstehenden Haushaltsberatungen eingeworben werden.
Digitalisierung: Neues Gesetz schreibt ab 2025 digitale Fotoerfassung vor
Geht es nach Ralf Laack, könnte sich die Stadt diese Ausgabe sparen. Er habe ja bereits entsprechende Geräte, es müsste lediglich ein Weg gefunden werden, wie seine Bilder über eine sichere Datenleitung zur Verwaltung kommen. Dies hätte für beide Seiten Vorteile.
„Im Rathaus müssen keine Mitarbeiter die Bedienung des Automaten erklären und werden von ihren eigentlichen Aufgaben abgehalten“, sagt Laack, der 2016 den Fotoshop Schaumann übernommen hatte und zuvor seit 2008 ein Geschäft in Kiel betrieb. „Und zudem werden die lokalen Fotografen vor Ort unterstützt und keine Existenzen gefährdet“, so der 62-Jährige weiter. Denn: „Ohne das Passbildgeschäft kann ich mir schwer vorstellen, den Laden fortzuführen“, sagt Laack.
Fotoverbund kämpft bundesweit für Fortbestand der Geschäfte
Hintergrund der geplanten Änderung ist ein neues Bundesgesetz, nach dem ab Mai 2025 Passbilder nur noch digital erfasst werden dürfen. Seit dem ersten Entwurf kämpft Ringfoto, Europas größter Fotoverbund mit allein 1400 Mitgliedern in Deutschland, für den Fortbestand der knapp 25.000 Fotogeschäfte im Land. Ein erster Gesetzentwurf konnte auch gekippt werden, der vorsah, dass künftig ausschließlich Behörden digitale Passbilder erstellen dürften.
Doch seit diesem ersten Erfolg stocken die Bemühungen. „Unser Verband hat schon einen sechsstelligen Betrag für die Programmierung eines Systems investiert, um die Bilder digital und sicher zu den Ämtern zu bekommen. Aber seit zwei Jahren warten wir auf eine technische Richtlinie, wie das genau aussehen soll“, sagt Karsten Tischer aus dem Projektteam E-Passfoto beim Verband.
Fotografen-Verband macht Druck, Behörden sehen keine Eile
Die Behörden in Berlin vertrösteten mit dem Verweis, dass bis 2025 ja noch viel Zeit sei. „Dabei ist es super eilig“, mahnt Tischer. Die Erprobung eines Pilotprojektes und die Aufsetzung des Programms benötigten ein Dreivierteljahr.
Auch manche Kommunen – siehe Geesthacht – wollen nicht warten. In Reinbek steht ein digitaler Automat seit Frühjahr 2021. Dort kosten die Passbilder sechs Euro zusätzlich zu den Ausweisgebühren. Bei Ralf Laack kosten Passbilder 12,90 Euro. „Auf die Erfassung von Fingerabdrücken haben wir aus Datenschutzgründen verzichtet. Ansonsten ist die Bedienung aber selbst erklärend“, sagt Reinbeks Pressesprecherin Penelope Friebel.
Geesthachter begutachten Fotoautomaten in Reinbek
Dies habe auch eine Geesthachter Delegation um den Digitalisierungsmanager Julian Steinke bei einem Besuch im Stormarner Rathaus erfahren. Derweil ist die CDU-Ortsvorsitzende Nicole Voss bei ihrer Recherche zu anderen Ergebnissen gekommen. „Was ich erfahren habe ist, dass die Mitarbeiter häufig erklärend eingreifen müssen“, sagt Voss, die bei der Digitalisierung im Rathaus eher einen Fokus auf die Optimierung von Arbeitsprozessen setzen würde.
Markus Tischer weiß von einem Beispiel aus Bamberg: „Dort ist ein Fotogeschäft neben dem Bürgerbüro. Deren Mitarbeiterin schickt die Besucher immer zum Fotoladen, wenn sie Fragen haben, weil sie keine Zeit dafür habe. Außerdem machen Fotografen in der Regel doch die schöneren Bilder.“
Ralf Laack weist noch auf andere Probleme bei Fotoautomaten hin. „Was ist mit Rollstuhlfahrern und Bettlägerigen, wenn die ein Passbild wollen? Und Säuglinge fotografiere ich zum Beispiel im Liegen“, gibt er zu bedenken.
Schreiben des Geesthachter Fotografen ohne Erfolg
Laack hat jüngst zum zweiten Mal Nina Scheer (SPD), die Bundestagsabgeordnete des Wahlkreis Lauenburg-Stormarn Süd, angeschrieben, um auf die Existenzsorgen der Fotografen hinzuweisen. „Es geht um Arbeitsplätze, Bürgernähe, sterbende Innenstädte“, schließt Laack in seinem Schreiben. Auch die Geesthachter Verwaltung habe er kontaktiert und seine Bereitschaft an einer Teilnahme an einem Pilotprojekt hinterlegt. Mit wenig Erfolg. „Da hieß es nur, die technischen Richtlinien seien unklar“, sagt Laack.
Die Stadtverwaltung teilt mit, dass der neue Fotoautomat nur ein Baustein der digitalen Strategie sei, um die Servicequalität für Bürger zu verbessern. Es sei daher beabsichtigt, den in die Jahre gekommenen Fotoautomaten, der im Rathausfoyer steht und inzwischen häufig wegen Störungen ausfällt, gegen ein modernes Gerät zu ersetzen. Details zu Modell, Kosten und Anschaffungszeitpunkt könnten derzeit noch nicht benannt werden.
Einig sind sich derweil sowohl Verwaltung als auch Ralf Laack über die derzeit gängige Praxis: Aktuell werden digitale Passbilder ausgedruckt, der Bürger bringt diese zum Amt, wo sie wiederum eingescannt werden. „Das ist echt ziemlich blödsinnig“, sagt Laack.