Grünhof. Deutschlands womöglich am längsten existierendes Team meldet sich vom Spielbetrieb ab. Eine allerletzte Partie steht noch an.
Ihren Ehrgeiz haben die „Fußball-Opas“ des VfL Grünhof-Tesperhude auch vor ihrem allerletzten Auftritt nicht verloren, wenngleich die Ansprüche inzwischen geringer geworden sind. Waren sie in der Vergangenheit auf der Jagd nach Meisterschaften, versuchen sie jetzt lediglich eine vollständige Elf auf dem Fußballplatz zusammenzubekommen. „Wir stellen alle hin, die noch stehen können“, kündigt Teammitglied Peter Kägeler an.
Es ist nicht irgendeine Mannschaft, die sich am Sonnabend (13.15 Uhr, Westerheese) mit einem Freundschaftsspiel gegen den Düneberger SV in die Fußball-Rente verabschiedet. Die Grünhofer sind womöglich die am längsten in Deutschland existierende Mannschaft. Das Team gründete sich am 7. Juli 1970, damals noch als 3. Herren-Mannschaft, im ehemaligen Lokal Bruhn in Tesperhude. Nach 52 Jahren, acht gewonnenen Meisterschaften in verschiedenen Altersklassen und rund 1500 Spielen ist nun endgültig Schluss – den Fußball-Opas fehlt der Nachwuchs.
„Fußball Opas“: Der Altersschnitt liegt über 70
Diesmal wirklich. Als unsere Redaktion anlässlich des 50-jährigen Bestehens über die Grünhofer berichtet hatte, sagte der heute 83-jährige Helmut Bültemann, dass das Team bereits 25 Jahre davon rede, bald aufzuhören, dann aber doch immer noch eine Saison dranhänge. Doch schon in der vergangenen Spielzeit reichte es nur noch fürs Siebener-Feld. „Aber da muss man ja noch mehr laufen. Wir haben einfach zu viele Alte“, sagte Kägeler. Der Altersschnitt liegt über 70 Jahren.
Mit den Jahren hatten immer mehr Spieler aus gesundheitlichen Gründen aufgehört oder sind sogar verstorben. Allein in letzten Jahr waren es mit Dieter Baumbach, Hans Harter sowie den beiden Grünhofer Ehrenvorsitzenden Edmund Gorgas und Otto Bültemann vier Spieler.
Baumbach lag mit 705 Einsätzen für das Team auf Rang vier der penibel geführten Statistik hinter Jakob Schmidt (743 Partien) und dem Zweitplatzierten Uwe Kastner (753). Unangefochtener Spitzenreiter ist mit Heinz Kuptz das letzte immer noch aktive Gründungsmitglied, der es auf sage und schreibe 1050 Spiele für ein und dieselbe Mannschaft bringt. Der treue Akteur hatte es 2016 bei der Wahl des Deutschen Fußball-Bundes zum Amateur des Jahres auf den zweiten Platz geschafft. Vom Gründungsteam sind zudem noch Peter Scharnberg und Siegfried Laack als „Passive“ dabei.
Alle 25 Partien gibt es eine Urkunde und eine Kiste Bier
Das Geheimnis für ihr langes Bestehen liegt derweil in ihrer Kameradschaft. Dazu gehört auch das Zählen der Einsätze. Schließlich gab es alle 25 Spiele eine vom Team unterschriebene Urkunde, für die im Gegenzug eine Kiste Bier ausgegeben werden musste.
Kuptz und Co. können abendfüllende Geschichte von legendären Zusammenkünften erzählen, etwa als sich Nachbarn über eine ausufernde Feier am Sportplatz beschwert hatten und der Dorfpolizist dem Trubel ein Ende setzten wollte. „Mann, haben wir den besoffen gemacht“, sagt Jakob Schmidt, und er muss beim Gedanken daran heute immer noch schmunzeln.
Die Grünhofer pflegten zudem eine langjährige Freundschaft zu den Dänen von Olympia Kopenhagen. Zuletzt waren sie mit den meisten der 43 aktiven und passiven Akteure bei einer Schiffstour unterwegs. Immer an ihrer Seite: ihre Frauen. „Ohne die wäre es nie so lange gegangen“, ist Peter Kägeler überzeugt. Übrigens, so ganz können es die Grünhofer immer noch nicht lassen. Sie nehmen zwar nicht mehr am Spielbetrieb teil, treffen sich am weiterhin mittwochs zum Training.
Schnuppertag für fußballbegeisterte Mädchen im Anschluss
Im Anschluss an das Abschiedsspiel geht es dann um die Zukunft der Grünhofer Fußball-Abteilung. Der VfL lädt für 1. Oktober von 15 bis 18 Uhr alle Mädchen zwischen vier und 15 Jahren zu einem Schnuppertag auf den Sportplatz Westerheese ein. Es gibt verschiedene Spielformen, Torwandschießen, Fußball-Tennis oder die Messung der Schussgeschwindigkeit. Bei Regen wird in der Halle trainiert.
„Wir haben zwar viele Mädchen im Training, aber diese verlieren mitunter schnell die Lust, wenn sie mit Jungs zusammen spielen“, hat Peter Kägeler festgestellt, der nicht nur bei den Super-Senioren spielt, sondern auch Trainer im Fußball-Kindergarten ist. Ziel ist es, eine Mädchen-Fußballabteilung aufzubauen. Aktuell spielen etwa zehn Mädchen in den sieben Nachwuchsteams.
Im Frühjahr 2022 war der VfL Grünhof vom Hamburger Fußball-Verband mit dem Uwe-Seeler-Förderpreis für die in der vergangenen Saison am stärksten gewachsene Abteilung ausgezeichnet worden.