Geesthacht. Der Prozess gegen den Jugendlichen hat begonnen: Er räumte die Tat ein, behauptet aber, nicht zu wissen, wie es dazu kommen konnte.
Am 16. März dieses Jahres geriet die beschauliche Welt im Geesthachter Ortsteil Grünhof aus den Fugen. Ein alkoholisierter 18-Jähriger soll damals in seinem Elternhaus am Teichberg den 70 Jahre alten Großvater erstochen haben. Seitdem sitzt der junge Mann in der Jugendanstalt Schleswig in Untersuchungshaft. Am Lübecker Landgericht hat vor der Jugendkammer nun die Verhandlung gegen Tom K. wegen Totschlags begonnen.
Prozess vor der Jugendkammer am Lübecker Landgericht
Als die Staatsanwaltschaft am ersten Verhandlungstag die Anklage verlas, wurde dabei das ganze Ausmaß der schrecklichen Familientragödie deutlich, die sich im ersten Stock des Einfamilienhauses abgespielt haben soll. Demnach habe der 18-Jährige mit der 13 Zentimeter langen Klinge eines Küchenmessers insgesamt 15-mal auf seinen Großvater eingestochen.
Zehn Stiche verletzten die Brust des Rentners, fünf trafen den Rücken des 70-Jährigen. Norbert K., der aus Hohnstorf stammt, erlitt dabei derart schwere Verletzungen an Herz, Lunge und Leber, dass alle Wiederbelebungsversuche der alarmierten Rettungskräfte vergeblich blieben. Der Senior starb noch vor Ort.
Der Notruf war um 12.44 Uhr bei der Polizei eingegangen. Die sofort mit mehreren Einsatzwagen angerückten Beamten nahmen Tom K. noch im Haus fest. Ein Haftrichter verfügte am nächsten Tag die Untersuchungshaft.
Beim Prozessauftakt räumt der junge Mann die Tat ein
Auslöser der Tat soll ein Streit zwischen dem Abiturienten und seinem Großvater gewesen sein. Womöglich ging es um den Alkoholkonsum des 18-Jährigen. Denn am Tattag, einem Mittwoch, hätte er eigentlich in der Schule sein sollen. Eine Woche später stand für ihn am Otto-Hahn-Gymnasium die Abiturprüfung an. Doch an diesem Mittwoch war Tom K. schon gegen Mittag betrunken. Laut Polizei ergab ein durchgeführter Atemalkoholtest einen Wert von mehr als zwei Promille. Eine um 15.35 Uhr genommene Blutprobe ergab immer noch 1,54 Promille, um 16.05 Uhr waren es 1,48 Promille.
Beim Prozessauftakt äußerte sich Tom K. zum Vorwurf. „Der Beschuldigte hat die Tat nicht abgestritten und eingeräumt, dass es einen Streit mit dem Großvater gegeben habe. Er gab weiter an, dass er sich erst selbst umbringen wollte und dann auf den Großvater eingestochen habe. Wie das passiert sei, wisse er nicht“, berichtet Christian Braunwarth, Sprecher der Staatsanwaltschaft Lübeck.
Familie macht von ihrem Recht Gebrauch, die Auskunft zu verweigern
Wie glaubwürdig diese Angaben sind, wird das Gericht nun klären müssen. Auf sachdienliche Beiträge der Angehörigen dürfen sie nicht hoffen: „Die Familie macht von ihrem Recht Gebrauch, die Auskunft zu verweigern“, sagt Braunwarth.
Der Prozess wird am Donnerstag, 23. September, in der Außenstelle der Großen Strafkammer fortgesetzt. Um die Tatabläufe zu klären und ein Urteil zu finden, sind bislang noch zwei weitere Verhandlungstage angesetzt: am 10. und am 13. Oktober. Die Verhandlung ist öffentlich.
Geprüft wird dabei auch, ob für den Heranwachsenden – dazu gehören alle Personen ab 18 Jahren bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres – das Jugendstrafrecht angewendet werden kann. Christian Braunwarth hält das für „nicht abwegig“. Totschlag wird mit einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren geahndet. Strafmildernd könnten sich neben einem Geständnis auch das Alter und der Alkoholpegel von Tom K. auswirken.