Schwarzenbek/Lauenburg. Mehr als 5000 Kinder müssen zusehen, wie sie zur Schule kommen. Streik auch Sonnabend geplant. Worum es im Tarifkonflikt geht.

Dass gleich zu Beginn von Tarifverhandlungen eine Gewerkschaft zu Warnstreiks aufruft, ist in Deutschland höchst ungewöhnlich. Leidtragende sind an diesem Freitag, 2. September, und am Sonnabend, 3. September, Hunderttausende Menschen in Schleswig-Holstein, die Busse auf dem Weg zur Arbeit, für Besorgungen oder für den Weg zur Schule nutzen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat für Freitag von Betriebsbeginn an etwa 2000 Busfahrer landesweit zum Warnstreik aufgerufen.

Im Kreis Herzogtum Lauenburg werden die von Autokraft betriebenen Linien getroffen. Im gesamten Kreisgebiet sind es fast 60. Nicht vom Streikaufruf betroffenen sind die Busse der Verkehrsbetriebe Hamburg Holstein, für die VHH gilt ein Hamburger Tarifvertrag. Ein gesonderter Tarif gilt auch für Innenstadt-Busse in Kiel, Lübeck, Flensburg und Neumünster.

Warnstreik: Fast 60 Buslinien im Kreis Herzogtum Lauenburg betroffenen

Wo die Verkehrsbetriebe den Schulbusverkehr sicherstellen, wie etwa für Teile Geesthachts, Lauenburgs und Wentorfs, dürfen Schüler und Eltern darauf hoffen, dass der Transport heute klappt. Für viele Anderen ist Improvisationstalent gefragt.

Warnstreik: Alternativen sind Elterntaxi oder Entschuldigungsschreiben

Entfalle der Schulbusverkehr, seien die Eltern gefordert, heißt es etwa in Schulen im Südkreis. In den Städten oder großen Gemeinden wie Wentorf oder Büchen haben Betroffene noch die Chance, kurzfristig auf das Fahrrad umzusteigen. Für weitere Wege besonders zwischen den Dörfern und zu weiterführenden Schulen wird die Wahl notgedrungen häufig auf das Elterntaxi fallen.

„Ich habe meinen Kids schon gesagt, dass sie Freitag schauen müssen, wie sie zur Schule kommen können“, antwortete gestern ein Schulbusfahrer in Geesthacht auf Nachfrage. Eine Schülerin wusste sich keinen anderen Rat, als „Mutti zu fragen, doch sie muss schon meine kleine Schwester fahren“. Ein Fünftklässler zeigt sich abgeklärt: „Wenn Papa keine Zeit hat, lasse ich mir eine Entschuldigung geben.“

Lohnerhöhung: Ver.di fordert 1,95 Euro mehr je Stunde

Angesichts explodierender Energiepreise und Lebenshaltungskosten ist Ver.di mit der Forderung nach einem linearen Plus von 1,95 Euro je Stunde in die Verhandlungen gestartet – bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Das Angebot der im Omnibusverband Nord (OVN) organisierten Arbeitgeberseite hat Ver.di-Verhandlungsführer Sascha Bähring als völlig unzureichend und Provokation kritisiert.

Der OVN weist derartige Äußerungen zurück. Das Angebot für 2022 gleiche mit einer Gesamthöhe von 8,5 Prozent die Inflation mehr als aus, so OVN-Verhandlungsführer Klaus Schmidt. Zu 300 Euro Inflationsausgleich sollen zum 1. Oktober die Gehälter um drei Prozent steigen.

8,5 Prozent mehr im Jahr 2022, aber 30 Monate Laufzeit

„Wir hätten uns daher gewünscht, dass sich Verdi auch inhaltlich mit dem bereits nachgebesserten Angebot auseinandersetzt und die dahinterstehende Wertschätzung erkennt.“ Allerdings möchte der OVN eine Laufzeit von 30 Monaten.

Zum Oktober 2023 sollen demnach die Einkommen um zwei Prozent steigen, eine weitere Erhöhung solle im Herbst 2024 wirksam werden. Bleibt es bei der hohen Inflation käme ein solcher Abschluss einem weiteren massiven Kaufkraftschwund gleich.

Busfahrer verdienen nach Tarif 2718 Euro brutto im Monat

Für Menschen, die trotz verantwortungsvoller Tätigkeit wenig verdienen, so Bähring: „Busfahrer erhalten in Schleswig-Holstein nach Tarif 2718 Euro brutto im Monat.“ Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 14. September angesetzt.

Auf gut 5000 Schüler schätzt der Kreis Herzogtum Lauenburg die Zahl derjenigen, die heute vom Ausfall der Schulbusse betroffen sind. „Wir haben erst am Vormittag verbindlich vom Warnstreik erfahren“, sagt Kreissprecher Tobias Frohnert.

Doch auch mit größerem Vorlauf hätte der Kreis keine Chance, Ersatz für die ausfallenden Schulbusverbindungen vorzubereiten.