Auf einen Touri-Urlaub haben sie keine Lust. Sie zieht es zu den Einheimischen. Spontan boten sie einer Familie finanzielle Hilfe an.

Geesthacht. Beim letzten Treffen trugen sie beide noch Mundschutz – und dazu Gala-Garderobe. Sabine und Peter Schwarz hatten sich unter Corona-Bedingungen am 14. Mai 2020 das Jawort auf dem Standesamt im Geesthachter Rathaus gegeben (wir berichteten). Im Gegensatz zu vielen anderen Paaren damals hatten die beiden trotz der Pandemie den Termin nicht verschieben wollen.

Das haben die Eheleute indes mit ihrer Hochzeitsreise gemacht. Den zweiten Hochzeitstag verbrachten sie zwei Jahre nach der Trauung nun endlich in Kenia. Mit höchst ungewöhnlichen Geschichten und Erinnerungen im Gepäck, die weit über die normalen Erlebnisse einer Traumreise hinausgehen. Losgeflogen sind sie am 30. April in Frankfurt, gelandet am 1. Mai in Mombasa. Ein Stück weiter südlich in Diani Beach am indischen Ozean nahe der Grenze zu Tansania hatten sie sich ein Haus gemietet. „Da waren wir drei Wochen“, sagt Peter Schwarz. Abzüglich der Abstecher ins Landesinnere.

Hochzeitsreise war ein gesundheitliches Risiko für den Mann

Die Reise stellte ein gesundheitliches Risiko für ihn dar – aber alles wieder absagen? Das wollte der Rentner nicht. Erst am 26. April war er nach einen Eingriff am Herzen aus dem Krankenhaus entlassen worden. Peter Schwarz litt unter Herzrasen, um das abzustellen, wurde Herzmuskelgewebe verödet.

Die allgegenwärtigen dreirädrigen Tuk-Tuks werden meist als Taxi eingesetzt.
Die allgegenwärtigen dreirädrigen Tuk-Tuks werden meist als Taxi eingesetzt. © schwarz | Schwarz

Deswegen führte Sabine Schwarz eine umfangreiche Erste-Hilfe-Ausrüstung mit. Davon profitierte dann sie selbst. „Wegen der Seeigel-Stacheln“, berichtet sie. Die hatte sie schon fast einen Tag im Fuß, als ein Massai am Strand Anhänger und Ketten verkaufte. „Er hat dann am Strand meinen Fuß operiert“, erzählt sie. Man war zuvor ins Plaudern gekommen auf Englisch und mit ein paar Worten Suaheli. Sabine Schwarz hatte sich mit der Landessprache beschäftigt, sogar ein dickes Lehrbuch gekauft.

Massai entfernt Seeigel-Stachel aus dem Fuß

Sie berichtete von dem Malheur mit dem Meeresbewohner. „Der Massai sagte, da kann ich was machen. Ich sagte, ich habe aber nur eine Schere dabei, er wieder: macht nichts“, berichtet Sabine Schwarz. So saßen dann alle drei am Strand und unterhielten sich, während der Massai nebenbei die Stacheln aus der Fußsohle puhlte. Sabine Schwarz krallte sich während der Prozedur an ihrem Mann fest. Hinterher kam Desinfektionsmittel auf die Stellen, das war es. Gefürchtete Entzündungen blieben aus.

Ihre Sprachkenntnisse bescherten ihr auch einen exklusiven Kochunterricht. Die beiden gastierten während einer Safari-Tour ins Landesinneren in Tsavo-West mit Blick auf den Kilimandscharo in einer Lodge. Das Personal war begeistert, dass Sabine Schwarz ein wenig Suaheli mit ihnen sprach. So bekam sie in der Küche unter Anleitung des Chefkochs ein Spinatgericht auf afrikanische Art beigebracht. Sie hat sich die Original-Gewürze mitgebracht. Das Essen will sie demnächst auch zu Hause auf den Tisch bringen.

Die Massai sind an der Küste als Gastarbeiter tätig.
Die Massai sind an der Küste als Gastarbeiter tätig. © schwarz | Schwarz

Das Paar verschloss die Augen nicht vor der Armut

Dort in der Küche war das einzige Mal auf der Reise, dass die beiden vom Corona-Geschehen eingeholt wurden. Hier trugen alle Mundschutz, sonst nirgendwo. „Wir hatten zu Reisebeginn zunächst beim Einkaufen immer die Maske aufgehabt und wurden deswegen ein bisschen schief angeguckt“, berichtet Peter Schwarz. Corona spielte im öffentlichen Leben schlichtweg keine Rolle, trotz teils hoher Infektionsrate. „In der zweiten Woche haben wir uns gesagt: Weißt Du was? Weg mit den Dingern“.

Das Ehepaar verschloss die Augen nicht vor der Armut. Peter Schwarz war bereits zweimal in Kenia. Er hat einen rapiden Verfall besonders im Tourismussektor ausgemacht. Gebäude von ehemals florierenden Hotels, die aufgegeben wurden, sind nun von Familien in Beschlag genommen, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben.

Fortbewegung mit Tuk Tuks

Und auch wer legal ein Haus bewohnt, lebt oft kaum besser. Das Ehepaar ist von dem Fahrer eines Tuk-Tuks – eine Art dreirädriger, motorisierter Rikscha – zu sich eingeladen worden. Sie kannten ihn vom Supermarkt, dort ist sein Stammplatz. Die fünfköpfige Familie wohnt mit drei Kindern in einem Raum, eine Schlafkammer ist abgetrennt – mit einem Duschvorhang.

Endloser Strand: Das Ferienhaus des Ehepaars lag in Diani Beach am Indischen Ozean.
Endloser Strand: Das Ferienhaus des Ehepaars lag in Diani Beach am Indischen Ozean. © schwarz | Schwarz

Beim Gespräch erfuhren die Geesthachter, dass die älteste Tochter die Empfehlung hat, auf eine weiterführende Schule zu gehen. Problem: Die ist kostenpflichtig – und für den Taxifahrer zu teuer. 34.000 Schilling sollte sie kosten, sagte der Vater. 1000 Schilling sind etwa acht Euro. Das Ehepaar Schwarz schlief eine Nacht drüber, dann war klar: „Machen wir“, sagt Peter Schwarz. Sie versprachen die Übernahme der Kosten.

So gemütlich sie aussehen, so gefährlich sind sie: Wasserbüffel sind für eine Vielzahl Todesfälle von Touristen verantwortlich.
So gemütlich sie aussehen, so gefährlich sind sie: Wasserbüffel sind für eine Vielzahl Todesfälle von Touristen verantwortlich. © schwarz | Schwarz

Mit Vater und Tochter zusammen ging es im völlig überfüllten Linienbus zur Anmeldung in der Schule in Kwale die Küste hinauf, an einem Umsteigepunkt wurde in ein Tuk-Tuk zur Fahrt ins Landesinnere umgestiegen. „Mit dem Fahrer zu fünft hat sich das Tuk-Tuk vielleicht gequält“, erinnert sich Peter Schwarz.

Aber sie kamen an. Dort wartete eine Überraschung. Es wurde alles teurer. Fast 50.000 Schilling. „Wir hatten danach nichts mehr, nicht mal Tuk-Tuk-Geld für die Fahrt nach Hause“, sagte Sabine Schwarz.

Weiterhin Kontakt nach Kenia

Auch wenn die beiden auf den Vater immer noch sauer sind und sich ausgenutzt fühlen, mit der Tochter gibt es immer noch guten Kontakt. Zufällig waren in Kwale gerade zwei Vertreter einer Hilfsorganisation aus Berlin zu Besuch auf der Schule. Die beiden versprachen, Beatrice unter ihre Obhut zu nehmen. Auch sie melden sich weiter.

Zurück in Geesthacht sind sich die beiden sicher: „Das war die erhoffte Traumreise. Wir sind keine Touristen, die am Pool liegen, wir fahren zu den Einheimischen hin, wir wollen was erleben“, sagen die beiden unisono. Und das haben sie.