Geestacht. Temperatur, Sauer- oder Schadstoffgehalt: Helmholtz-Zentrum erhofft sich wichtige Antworten durch die Forschungsstation in Tesperhude.
Ein neues Schild am Elbufer zeigt es bereits seit einigen Wochen an, nun ist sie da: Am Tesperhuder Anleger hat die Forschungsplattform des Helmholtz-Zentrums festgemacht. Ein Schiff der Hitzler-Werft hat den Ponton mit dem Aufbau vergangene Woche in den Morgenstunden an Ort und Stelle geschleppt, eine Stunde hat die Fahrt gedauert. Eine Gangway verbindet die Station mit dem Ufer. Der Liegeplatz ist für mindestens 20 Jahre Betrieb vorgesehen.
Der Schwimmponton ist neun Meter lang und sechs Meter breit. Der Aufbau hat Stehhöhe, der Hohlkörper des Pontons eine Kriechhöhe von 1,57 Metern. Hier finden sich neben reichlich Kabeln und viel Leerfläche, die für eine spätere, optionale Nachrüstung freigehalten wird, die Tanks für die Aufnahme des verbrauchten Wassers, das im Aufbau anfällt.
Forschungsstation: Ponton bietet noch Platz für Nachrüstung
Auch wenn die Station mit dem Aufbau des hochseetauglichen Containers entfernt an ein Hausboot erinnert – besetzt ist sie nicht. Die Systeme arbeiten selbstständig, wenn sie eingerichtet sind. Etwa einmal im Monat soll nach dem Rechten geschaut werden. Ansonsten lässt sich die Station mit dem Computer auch aus der Ferne überwachen. Bis sie erste Messdaten liefern wird, dauert es indes bis in den August. Die Techniker und Wissenschaftler haben zurzeit alle Hände voll zu tun mit dem Installieren der Messgeräte, außen fehlt auch noch der Blitzableiter.
Die Forschungsplattform ist Bestandteil des EU-Forschungsprojektes Danubius-RI und des Helmholtz-Projektes Moses. Sie wird vom Land Schleswig-Holstein und dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung gefördert. Die Plattform soll zur Lösung diverser Fragen beitragen. Unter anderem interessiert die Forscher, wie sich Fluss-Meer-Systeme durch menschliche Einflüsse verändern und was die Treiber dieser Veränderungen sind. Wie nachhaltige Nutzung durch den Menschen zur Erhaltung oder Wiederherstellung von gesunden Flüssen und Küstenmeeren – in diesem Fall Tideelbe und Deutsche Bucht – beitragen können. Zudem soll der Einfluss des Klimawandels sowie häufiger auftretende Extremereignisse (Sturmfluten und Niedrigwasser) geklärt werden. Der Datenfluss soll für die interessierte Öffentlichkeit einsehbar sein.
Tesperhude wird zur wichtigen Adresse im Messverbund
Zur Verbesserung des Wissensstandes werden die Messsysteme kontinuierlich und zeitnah Daten zu wichtigen Größen wie Strömung, Temperatur, Nährstoffe, Kohlenstoff, Sauerstoff oder den Schadstoffgehalt des Elbewassers liefern. Die Messdaten werden zum HZG gefunkt.
Damit wird Tesperhude eine wichtige Adresse im wissenschaftlichen Messverbund. Die Analysen sind eng mit denen von Betreibern anderer Beobachtungsstationen in der Tideelbe vernetzt. Das Helmholtz-Zentrum selbst betreibt eine weitere Messstation in Cuxhaven.
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Volker Dzaak (Küstenforschung) und Daniel Pröfrock (anorganische Umweltchemie) vom Hereon stellen das Innenleben des Containers-vor: An den Wänden verlaufen zwei Leitungen, die das angesaugte Elbwasser über ein Abzweigsystem zu den verschieden Messstationen leiten. Dies ist notwendig, weil einige Stationen gefiltertes Waser benötigen. „Herzstück ist die Ferrybox, darüber werden die meisten Dinge hier gesteuert“, erläutert Daniel Pröfrock. Wasser wird von einem Einlass in einen Messkreislauf gepumpt, der mehrere Sensoren enthält. Hier geht es um „Klassiker“ wie pH-Wert, Temperatur, Sauerstoffgehalt und die Leitfähigkeit des Wassers. Die Anlage fungiert auch als Schnittstelle für Daten, die von anderen Sensoren ermittelt werden.
Gase und Metallgehalt im Wasser wird untersucht
Davor befinden sich drei Kästen für das Aufspüren von Nährstoffen, die im Wasser eine wichtige Rolle spielen wie Ammoniak, Nitrat, Nitrit, Sulfat, Phosphat und Silikat.
Zur Tür hin sind Sedimentationsbecken. Hier werden Teilchen gesammelt, die sich über einen Monat lang im Becken absetzen. Sie werden abgeholt – bis zu vier Kilo können es werden – und im Labor analysiert. Weitere Analysatoren messen Kohlendioxid und Stickstoffverbindungen wie Lachgas. Hintergrund ist die Frage, inwieweit Meeresregionen klimaschädliche Gase binden und damit der Atmosphäre entziehen können. „Gemessen wird der Anteil der Gase im Wasser. So können wir Rückschlüsse ziehen auf Umsetzungsprozesse“, erklärt Daniel Pröfrock.
Auf der anderen Seite befindet sich ein Massenspektrometer, um etwa den Metallgehalt im Wasser zu messen. Dessen Einsatz an Bord ist eine knifflige Angelegenheit. „Er ist nur möglich, weil wir hier eine spezielle Vorrichtung haben, die den Wellenschlag ausgleicht. Sie hat unsere Werkstatt gebaut“, berichtet Volker Dzaak. Das Problem sind die Vakuumpumpen, die dafür sorgen, dass das System luftfrei bleibt. Sie drehen sich mit bis zu 40.000 Umdrehungen pro Minute und sind extrem empfindlich gegenüber seitlichen Bewegungen und Erschütterungen – wie sie durch Wellenschlag entstehen.
Ein Kühlschrank hält Flaschen mit Wasserproben frisch
Weitere Bestandteile des Innenlebens sind ein kleiner Server und ein Kühlschrank. Eine Anlage zapft eigenständig Wasserproben in Fläschchen, die bis zur Abholung ins Labor im Kühlschrank frisch gehalten werden. Eine weitere dient der Herstellung von Reinwasser.
Der Stahl, aus dem der Ponton gebaut wurde, ist übrigens recycelt. Er stammt von einem alten Flussschiff und war jahrelang auf der Hitzler-Werft eingelagert gewesen. „Die Plattenstärke ist phänomenal, den konnten wir nicht verschrotten“, sagt Kai Klimenko, Geschäftsführer der Hitzler-Werft.