Geesthacht . Das Rumpfmodell der “Ludwig-Prandtl II“ überzeugte im Strömungskanal - nun wird gebaut. Das Gesamtbudget beträgt 13,5 Millionen Euro.
Die Tests mit dem fünf Meter langen, 1,33 Meter breiten und 480 Kilogramm schweren Rumpfmodell im Strömungskanal der Schiffsbauversuchsanstalt (SVA) in Potsdam waren erfolgreich – nun soll das „richtige“ Forschungsschiff „Ludwig Prandtl II“ gebaut werden. Das zweite Schiff des Helmholtz-Zentrums Hereon wird Labore für die Küstenforschung, Wasserstofftechnologie (Brennstoffzellen und Metallhydrid-Speichertanks) und die Erprobung von Membranmodulen zur Abgasreinigung erhalten.
„Die Tests waren sehr, sehr nützlich für uns“, freut sich Projektleiter Volker Dzaak vom Geesthachter Helmholtz-Zentrum Hereon. Sie zeigten: Das Modell funktioniert, es kann umgesetzt werden. Geplant wird das Schiff in enger Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro für Schiffbau Technolog Services GmbH in Hamburg.
Hochmodernes Forschungsschiff für das Helmholtz-Zentrum in Geesthacht
Die Formgebung des Rumpfes spielt beim Bau eine wichtige Rolle, denn sie entscheidet, wie sich das Schiff im Seegang bewegt und welche Geschwindigkeit bei einer vorgegebenen Motorleistung realisiert werden kann. Der Rumpf wurde zunächst im Computermodell berechnet. Diese theoretischen Eigenschaften wurden nun bei der SVA in Modellversuchen überprüft.
Die Aufbauten an Deck wie zum Beispiel Labore, Krananlagen, der Metallhydridtank, Messe und Kommandobrücke wurden nicht nachgebaut, deren Gewicht ist bereits in das Modell mit eingerechnet worden.
Neues Forschungsschiff „Ludwig Prandtl II“: Tests mit dem Modell waren erfolgreich
Die Bilder aus Potsdam wurden per Zoom live nach Geesthacht zum Kreis der Entwickler übertragen, kommentiert von Volker Dzaak. Der Rumpf wurde dabei nicht nur geschleppt, sondern fuhr durch Propeller auch völlig frei. „Es ist wirklich spannend gewesen“, berichtet er. Punkt 10 Uhr am 31. Januar ging es los mit Messungen, zunächst bei Glattwasserbedingungen.
In der Schlepprinne der SVA Potsdam können Glattwasser- und Seegangsversuche mit Seegang von allen Seiten ausgeführt werden. „Für die Modellversuche haben wir Seegangsdaten aus unserem CoastDat-Datensatz für die Nord- und Ostsee unter typischen Einsatzbedingungen für das Forschungsschiff Ludwig Prandtl II ermittelt“, erklärt Volker Dzaak.
Der coastDat-Ansatz (www.coastdat.de) wurde am Hereon entwickelt, um eine verbesserte Datenlage zur Bewertung langfristiger Veränderungen in den marinen Umweltbedingungen zu schaffen. Eingeflossen sind Modelle der marinen Atmosphäre, der Wellen auf der Meeresoberfläche oder von Sturmfluten. Die Datenlage reicht zum Teil bis 1948 zurück.
Ostseewellen messen 80 Zentimeter, Nordseewellen 1,20 Meter
So ergab sich für die Ostsee mit kurzen Wellen eine Wellenhöhe von 80 Zentimeter und für die Nordsee mit langen Wellen eine Wellenhöhe von 1,20 Meter. Die Ergebnisse der Modellversuche haben die Erwartungen erfüllt.
„Das Schiff erreicht mit einer installierten Maschinenleistung von 750 Kilowatt eine Geschwindigkeit von 12,75 Knoten. Das entspricht einer Geschwindigkeit von 23,80 km/h (ein Knoten ist 1,85 km/h). Und: Das Seegangsverhalten ist sehr gut“, sagt Dzaak.
Heiko Gerbatsch wird auch das neue Forschungsschiff „Ludwig Prandtl II“ fahren
Ausschließlich auf die Messinstrumente verlassen wollten sich die Forscher aber nicht. Vor Ort war auch ein besonders geschultes Auge gefragt – das von Heiko Gerbatsch, dem Kapitän der aktuellen „Ludwig Prandtl“.
„Er wird auch das neue Schiff fahren. Diese Praktiker lassen sich nichts vormachen, die sehen sofort, wie die Welle läuft“, erklärt Volker Dzaak. Noch eine wesentliche Erkenntnis für die Entwickler. „Wir sind bis sieben Knoten deutlich unter 100 Kilowatt geblieben“, berichtet Dzaak. Bis zu dieser Geschwindigkeit kann komplett mit Wasserstoff gefahren werden; das Schiff wird mit einer 100 Kilowatt-Brennstoffzelle geplant.
Ausschreibung für den Bau erfolgt
Noch in dieser Woche soll die Ausschreibung für den Bau erfolgen. Die Werften haben vier Wochen Zeit, zu reagieren. Fünf interessierte – und besonders geeignete – kommen für weitere Gespräche in die engere Wahl.
Der Zeitplan muss intensiv diskutiert werden, die Reihenfolge des Einbaus der vielen Messinstrumente ist eine Herausforderung. „Wenn alles gut geht, können wir Anfang August eine Werft beauftragen“, hofft Volker Dzaak. Das Gesamtbudget beträgt 13,5 Millionen Euro. Die Schiffstaufe könnte 2023 stattfinden, die Erprobung im Frühjahr 2024.
Das alte Schiff soll verkauft werden
Nach der Indienststellung des neuen Forschungsschiffes – 30 Meter lang, acht Meter breit, 1,50 Meter Tiefgang – hat das Vorgängerschiff nicht ausgedient. Zunächst sollen beide weiterbetrieben werden bis klar ist, dass alles glatt läuft. Dann soll die „Ludwig-Prandtl“ verkauft werden. „Das Schiff ist in einem Top-Zustand“, weiß Volker Dzaak. Im Gespräch ist, dass die „Ludwig-Prandtl II“ den Liegeplatz in Geesthacht haben wird, „aber das ist noch ein Blick in die Kristallkugel“, meint Volker Dzaak. Es hängt auch davon ab, wie sich der angedachte Wasserstoffhafen in Höhe Asphaltmischwerk beim Schleusenkanal entwickeln wird.