Die Geschäfte in der Fußgängerzone erhalten viel Zuspruch von Kunden. Nun rudert die Stadt bei Läden in Hinterhöfen zurück.

Geesthacht. 26 Werbeaufsteller hat unsere Zeitung in Geesthacht in der Bergedorfer Straße von Easyfitness bis zum Büro der Stadtwerke am anderen Ende gezählt. Außerdem gibt es Ständer und Auslagen für Speisekarten und einen Impftag, Postkarten, Schuhe, Kleidung, Kaffee, Drogerieartikel, Süßigkeiten, die Info-Stele der Stadtwerke, Abstellbügel für Fahrräder sowie Tische und Stühle für die zahlreiche Außengastronomie, regelmäßig parken hier Hähnchenwagen und Fischstand.

Kurz: Die Fußgängerzone macht einen vitalen Eindruck. So wie es sich für die Bummelmeile einer Innenstadt gehört. Da sind die Geesthachter stolz drauf, so soll es bleiben. Eine Entwicklung wie in Bergedorf gilt hier als abschreckendes Beispiel.

Es scheint, als ob hier etwas aus dem Ruder gelaufen ist

Und deshalb waren die Reaktionen auf das Durchgreifen der Stadt, demnach Werbeaufsteller auf öffentlichem Grund zu entfernen sind (wir berichteten), eindeutig. Es wird als Bedrohung wahrgenommen. „Das ist bescheuert, vollkommen bescheuert“, ärgert sich etwa Volker Samuelsson (BfG). „Viele Läden sind jetzt sowieso geschwächt. Zu Corona-Zeiten damit zu kommen, ist unter aller Kanone.“

Es scheint, als ob hier etwas aus dem Ruder gelaufen ist, was so nicht gedacht war. Arne Ertelt (CDU) erinnert an die ursprüngliche Diskussion. Hintergrund war die Restaurierung der Fußgängerzone, die 2017 zum Abschluss kam. „Wogegen wir uns als CDU stark gemacht hatten, war das wilde Plakatieren an Bäumen“, sagt er. Hierbei sei es auch um Müllvermeidung gegangen. „Aber das hier hat nicht Hand und Fuß. Der Handel sollte gestärkt werden“, findet er.

„Wir hätten uns etwas mehr Fingerspitzengefühl gewünscht“

„Es ging 2017 nach der Umgestaltung der Fußgängerzone darum, diese weiterzuentwickeln. Auch die Verhinderung von Wildwuchs war ein Ziel“, verdeutlicht Petra Burmeister (SPD). Für sie stelle sich die Frage nach der Wichtigkeit dieser Gestaltungsrichtlinie, wenn man vier Jahre ohne sie ausgekommen sei. „In einer pandemiebedingt kurz gehaltenen Ratsversammlung im September 2021 wurde die ad-hoc-Verwaltungsvorlage ohne vorherige Befassung des Ausschusses vorgelegt und beschlossen. Jetzt ging es überraschend schnell mit dem Tempo der Kontrollen. Wir hätten uns etwas mehr Fingerspitzengefühl gewünscht“, sagt sie.

Dem pflichtet Rüdiger Tonn (FDP) bei. „Die Politik war hier nicht beteiligt“, betont er. „Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn die Plakate so am Rand stehen.“ Rüdiger Tonn ist viel mit dem Wohnmobil unterwegs, er trifft immer mal auf andere Wohnmobilisten, die Geesthacht kennen. Der Stellplatz am Elbufer ist beliebt für Übernachtungen, die Leute sehen sich dann auch in der Innenstadt um. „Unsere Fußgängerzone wird viel gelobt“, sagt er. Nur die Radfahrer stören, das höre er oft. „Das habe ich über die Werbeplakate aber noch nie gehört.“

Vielleicht Anfrage auf der Ratsversammlung am 4. Februar

Er will das Thema in der Geesthachter Politik wieder auf den Tisch bringen wie auch Arne Ertelt und Volker Samuelsson. „Das werden wir definitiv ansprechen, vielleicht als Anfrage auf der Ratsversammlung am 4. Februar“, kündigt Samuelsson für die BfG an. Auch die Grünen stören die Schilder nicht – „sofern sie so platziert werden, dass Menschen mit Rollatoren, Rollstühlen und Kinderwagen nicht behindert werden“, meint Ali Demirhan.

Derweil hat Bürgermeister Olaf Schulze Claudia Lilie in ihrer Bücherstube im Liliehof besucht. Sie und Manuela Bajer vom Nähkästchen waren zwei der ersten Betroffenen, die ihre Aufsteller aus der Fußgängerzone räumen mussten. Sechs Ladeninhaber hat Paul Apel von der Wirtschaftlichen Vereinigung bei einer Blitzumfrage ausgemacht. „Es ist doch kein Weg zum Friedhof, es ist eine Einkaufsstraße. Es geht um Verkauf, man muss Werben dürfen“, sagt er.

„Ich bekam sogar Blumen geschenkt, damit ich mich nicht mehr ärgere“

„Es haben sich unglaublich viele Kunden mitaufgeregt. Ich bekam sogar Blumen geschenkt, damit ich mich nicht mehr ärgere“, sagt Claudia Lilie. „Es gab nun vom Bürgermeister die mündliche Zusage, dass wir weiterhin die Aufsteller draußen haben dürfen, ebenso das Café Geiger, weil wir in den Hinterhöfen schwer zu finden sind“, sagt sie.

„Wir werden uns anschauen, welche Auswirkungen es gibt. Wo ist vielleicht etwas, was wir so nicht gewollt haben“, räumt Olaf Schulze ein. Ein Nachjustieren sei möglich, „auch wenn wir sicherlich nicht alles zurücknehmen können. Wir gucken mal, was geht.“