Geesthacht/Marschacht. Die ehemalige Geesthachter Ratsfrau Kathrin Bockey spricht über ihre Pläne als neue Bürgermeisterin der Elbmarsch.
1500 Meter Luftlinie liegen zwischen den Rathäusern von Geesthacht und Marschacht. Ein Katzensprung, wenn nicht der breite Fluss dazwischenliegen würde. Auf die Südseite der Elbe hat es Kathrin Bockey gezogen, die ehemalige Geesthachter Ratsfrau der SPD hat nun ihr Büro als Bürgermeisterin der Samtgemeinde Elbmarsch bezogen.
Vor ihr auf dem Schreibtisch stehen jetzt die Wimpel mit den Wappen der Samtgemeinde und dem Pferd der Niedersachsen. Die neue Chefin der Elbmarsch-Verwaltung setzte sich Ende September in der Stichwahl gegen Malte Krafft (Grüne) durch, Vorgänger Rolf Roth war nach 20 Jahren nicht zur Wiederwahl angetreten.
Kathrin Bockey: Für Zusammenhalt spielt im dörflichen Leben eine größere Rolle
„Wir haben hier noch viele ländliche Strukturen“, erzählt Kathrin Bockey. „Der Zusammenhalt spielt im dörflichen Leben eine größere Rolle als in der Stadt. Ich finde es dabei durchaus in Ordnung, dass Städter und Dörfler jeder für sich einen gesunden Lokalpatriotismus pflegen“, meint sie zur Charakteristik ihrer neuen beruflichen Heimat.
13.000 Einwohner insgesamt zählen die drei Mitgliedsgemeinden Drage, Marschacht und Tespe, die Kernverwaltung der Samtgemeinde beschäftigt 35 Mitarbeitende. In unmittelbarer Nachbarschaft zum Rathaus soll als neues Gemeinschaftshaus ein „Deichhaus“ entstehen, das alte wird abgerissen.
Im Neubaugebiet in Tespe werden noch Bauplätze vergeben
Auf der Nordseite des Rathauses brütet im Sommer der Storch, auf der anderen Seite blickt die neue Bürgermeisterin auf ein bäuerliches Fachwerkhaus. Und dahinter: flaches Land, so weit das Auge reicht. Entsprechend der Marsch geht es hier thematisch viel um Entwässerung, aber auch das Gewerbegebiet Eichholz soll erweitert werden. In der Gemeinde Tespe entsteht das Neubaugebiet „Am Avendorfer Weg“.
Entwickelt wird die Fläche von der Gerner Projekt KG aus Geesthacht, dessen Eigentümer ein Elbmarscher ist. Start der Erschließungsarbeiten ist wohl Anfang Februar, teilt die Gerner Projekt KG auf Anfrage mit. Den Planungen nach sollen auf der Fläche 24 Grundstücke für Einfamilien- und Doppelhäuser, fünf Mehrfamilienhäuser und eine Kita entstehen.
„Ich werde noch viel auf meinen Vater angesprochen“
Laut der Gerner Projekt KG können sich Bauplatzsuchende über die Homepage (gerner-projekt.de) noch in der Interessenten-Liste eintragen. Den Bebauungsplan hat die Gemeinde Tespe erstellt, die Erschließungsarbeiten werden von der Samtgemeinde vorbereitet. „Auch die anderen Gemeinden wachsen weiter, generell ist die Zusammenarbeit mit den Gemeindebürgermeistern eine schöne Aufgabe“, erläutert Kathrin Bockey.
Die Landschaft, die Menschen und ihre Sorgen und Nöte sind ihr nicht fremd, sie ist in Rönne aufgewachsen. Im Frühjahr wird sie ihre Geesthachter Wohnung gegen das Elternhaus tauschen und umziehen. Ihr mittlerweile verstorbener Vater Fritz Bockey hatte hohe Posten in der regionalen CDU inne, war Kreistagsabgeordneter und erhielt 2017 das Bundesverdienstkreuz.
„Wir sollten aber das ganze Gebiet als Metropolregion denken“
„Ich bin oft unterwegs, um zu runden Geburtstagen und Hochzeitstagen zu gratulieren. Dabei werde ich noch viel auf meinen Vater angesprochen“, erzählt Kathrin Bockey. Kein Problem für sie als SPD-Politikerin. „Ich möchte eine Bürgermeisterin für alle sein und kann mich gut in verschiedene Standpunkte hineinversetzen. Ich schätze es, als Verwaltungsspitze parteiübergreifend unterwegs zu sein.“
Der Umzug sei aber kein Bruch mit Geesthacht und Schleswig-Holstein, betont die ehemalige Kieler Landtagsabgeordnete, „meine Verbundenheit hört doch nicht auf wegen 700 Metern“. So weit ist das andere Ufer entfernt. „Es macht Sinn, die Beziehungen auf beiden Seiten zu stärken“, findet Kathrin Bockey. „Wir sind hier eine gemeinsame Region, häufig gibt es aber die Schere im Kopf, Themen über die Elbe hinaus interessieren vor allem auf Landesebene oft nicht. Wir sollten aber das ganze Gebiet als Metropolregion denken.“
Am 12. Januar gibt es eine Online-Konferenz zur Brückensperrung
Denn einige Themen sind relevant auf beiden Elbseiten. So zum Beispiel die Sperrung der Elbbrücke beim Geesthachter Stauwehr in den Sommerferien, schließlich fahren viele Pendler aus der Region nach Geesthacht oder Hamburg, aber auch umgekehrt. 3000 Fahrzeuge rollen werktags allein von 5 bis 9 Uhr in Fahrtrichtung Norden über die Brücke, wurde vom Landkreis Harburg ermittelt.
Zur Situation der Vollsperrung der B 404 für den Autoverkehr wird es am Mittwoch,12. Januar, pandemiebedingt eine Online-Informationsveranstaltung geben, organisiert von der Verwaltung der Samtgemeinde Elbmarsch. Eingeladen sind Fachleute der beteiligten Straßenverkehrsbehörden, auch der Landkreis Harburg mit seiner Verkehrskoordinationsstelle. Beginn ist 18.30 Uhr. Die Konferenz wird über Youtube im Internet übertragen. Über die Zugangsdaten informiert die Samtgemeinde rechtzeitig vorab.
Interessierte können vorab Fragen für die Experten einreichen
Alle Interessierten – egal, auf welcher Elbseite – können vorab Fragen einreichen unter brueckensper rung@sg-elbmarsch.de oder postalisch (Samtgemeindeverwaltung, Elbuferstraße 98, 21436 Marschacht). Diskutiert wurden bisher einige Ideen, um die Sperrung zumindest für Fußgänger abzumildern. Im Gespräch blieben der Einsatz von E-Scootern und ein Busstopp bei der großen Fischtreppe.
Auch über die Zeit nach dem Ende der Bauarbeiten macht sich Kathrin Bockey Gedanken: „Die Brücke bleibt ein Nadelöhr, jeder Bus wird sich weiter im Stau anstellen.“ Ihre Idealvorstellung zur Autoreduzierung: Der ÖPNV müsse sich anders aufstellen: hin zu einem intelligenten Kleinbus-System. So will sie das Konzept der Elbmobile über die Pilotphase hinaus erhalten. Es bietet einen On-Demand-Shuttleservice, maßgeschneidert für ländliche Regionen.
Die Wohnraumschaffung in Geesthacht ist vorbildlich
Eine weitere Herzensangelegenheit ist die Wohnraumsituation. Und auch hier spielt die Geesthachter Vergangenheit eine Rolle. „Die Wohnraumschaffung in Geesthacht ist vorbildlich“, findet Kathrin Bockey in Bezug auf das Konzept der „25-Prozent-Klausel“ für geförderte Wohnungen in Neubaugebieten.
Der Landkreis Harburg hat mit einer Wohnungsgesellschaft eine eigene Struktur, die Samtgemeinde hat Anteile. „Es kann aber auch noch andere Player für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum geben. Die an einen Tisch zu bringen und verschiedene Optionen zu entwickeln, ist mir ein Bedürfnis“, sagt Kathrin Bockey. „Mein Wunschtraum: Bedarfsgerechter, bezahlbarer Wohnraum auch für ältere Menschen, um bis ins hohe Alter in der Elbmarsch wohnen zu können. Ich möchte, dass das hier ein Thema wird.“