Ausgerechnet an ihrem Geburtstag musste Felicia König-Toma auf die Intensivstation verlegt werden. So verlief ihr Kampf gegen Covid-19.
Geesthacht. Aufrecht sitzt Felicia König-Toma im Sessel im Foyer des Geesthachter Johanniter-Krankenhausesvor dem Christbaum. Sie strahlt, sie ist gekommen, um sich zu bedanken. „Ich bin zum zweiten Mal geboren worden hier im Johanniter“, sagt die 66-Jährige. „Sie sehen jetzt wieder aus wie das blühende Leben“, freut sich Dr. Rouven-Alexander von Holten.
Der Oberarzt auf der Intensivstation hat seine ehemalige Patientin so nie kennengelernt. Die Geesthachterin schleppte sich gestützt von ihrer Tochter am 3. Oktober als schwerkrankes Corona-Opfer in die Klinik. Bis vor acht Wochen rang sie mit dem Tod. Ein letztes Andenken an die Zeit ist knapp über dem Halsausschnitt des Pullovers zu sehen: ein kreisrundes Pflaster. Der Luftröhrenschnitt wegen des Intubierens wird sich erst Ende Januar geschlossen haben.
Die Krankheit ist vielschichtig, verläuft bei jedem etwas anders
„Ich bin selbst Krankenschwester, arbeite als Springer“, erzählt sie. „Bei einer Erkältung habe ich sonst Paracetamol genommen, sonst nichts weiter.“ Und an eine Erkältung habe sie gedacht, als die Symptome begannen. Bei einem Regenguss war sie triefend nass geworden. Am 28. September war das gewesen, zunächst klingt der aufziehende Husten und Schnupfen etwas ab. „Aufgrund der Vielschichtigkeit verläuft die Krankheit bei jedem anders“, erklärt von Holten. Der Körper mobilisiert seine Reserven und sorgt für eine vorübergehende Stabilisierung.
Die bricht rasch wieder zusammen. Felicia König-Toma misst 40 Grad Fieber, bekommt die „Erkältung“ nicht mehr in den Griff. Auf Drängen der Tochter machen sich die Frauen auf den Weg ins Krankenhaus. Das Johanniter ist nur knapp 700 Meter Luftlinie von ihrer Wohnung entfernt, das ist ein Marsch von zehn Minuten. Normalerweise. „Ich musste jede Minute eine Pause machen“, sagt Felicia König-Toma. Ihr bleibt die Luft weg, sie hustet der Tochter ins Gesicht, steckt sie aber nicht an. Beide Frauen sind geimpft mit Johnson&Johnson. Bis zur letzten Minute haben sie nicht an Corona gedacht.
Zehn Tage lang wird sie regelmäßig auf Rücken und Bauch gedreht
Mit letzter Kraft erreicht Felicia König-Toma den rettenden Eingang des Krankenhauses. Ein Antigen-Schnelltest beweist die Corona-Infektion. Am 6. Oktober hat Felicia König-Toma Geburtstag. An dem Tag wird sie auf die Intensivstation verlegt. „Da haben wir schon gesehen, es wird kritisch“, erzählt von Holten. Am 8. Oktober erweist sich, dass die Lunge nur mit Maskenbeatmung nicht zu stabilisieren ist. Die Mediziner beschließen, die Patientin ins künstliche Koma zu versetzen und über einen Schlauch zu beatmen. Zehn Tage lang wird sie regelmäßig auf Rücken und Bauch gedreht, damit alle Teile der Lunge mit Sauerstoff versorgt werden. Schwerstarbeit für das Pflegepersonal. „Und Felicia König-Toma hat uns den größten Gefallen getan: gegen das Virus zu kämpfen“, sagt von Holten.
Am 18. Oktober ist der Zustand stabil. „Aber das kann trügerisch sein“, weiß der Oberarzt. „Das Virus ist unberechenbar.“ Schließlich wird die Narkose doch reduziert, der Prozess dauert ein paar Tage. Am 24. Oktober wacht Felicia König-Toma auf. Der erste negative Test auf Corona folgt am 6. November, dabei blieb es. „Eine Pflegerin hat geweint, so sehr hat sie sich mitgefreut“, erinnert sich Felicia König-Toma. Sie – und das Team des Johanniter – haben das Virus besiegt. Am 11. November geht es zur Reha, seit dem 6. Dezember ist sie endlich wieder zu Hause.
Patientin kehrt ins Krankenhaus zurück, um Danke zu sagen
„Ich habe die Möglichkeit erörtert, dass es ans Sterben geht“, sagt Felicia König-Toma. „Ich dachte: ,Das war es.’“ Kraft habe ihr da ihr Glaube geben. „So, lieber Gott, ich bin in deinen Händen“, ging ihr in den letzten wachen Sekunden vor dem Koma durch den Kopf. „Und dann weiß ich nichts mehr.“
„Es ist selten, später Kontakt zu ehemaligen Patienten zu bekommen“, sagt Rouven-Alexander von Holten zum Besuch der dankbaren Geesthachterin. „Das ist für uns eine schöne Rückmeldung. Es zeigt uns, wofür wir kämpfen.“