Geesthacht. Das Schicksal von Helga K. ist nur eines von vielen: alleinlebend, krank, auf Hilfe angewiesen. Aber wo ist die zu finden?

Als Helga K. (alle Namen der Betroffenen von der Redaktion geändert) vor einer Woche ihren 75. Geburtstag feierte, schien alles fast wie immer. Sie und ihr Ehemann gingen zusammen essen. Ein Augenblick kurzen Glücks. Danach musste ihr Gatte zurück in seine Pflegeeinrichtung, er leidet an Demenz. Und Helga K. kehrte nach Hause zurück ins einsame Heim. Denn nichts ist mehr wie früher in dem schmucken Haus in der Umgebung von Geesthacht. Dort ist Helga K. nun allein. Morgens kommt die Pflege und bringt etwas zu Essen mit. Auch das wird enden.

Allein einkaufen kann die Seniorin aus Geesthacht nicht

Der Dienst hat ihr vor kurzem gekündigt, nun hat sie 14 Tage Zeit, einen neuen zu finden. Selbst losgehen um einzukaufen, das kann sie nicht. Helga K. sitzt im Rollstuhl, nach Schlaganfällen ist eine Körperhälfte gelähmt. Allein kommt sie nicht mehr aus dem Haus.

Günther K. lebt seit dem 6. Mai in der Pflegegruppe. Helga K. berichtet, dass es seit Anfang des Jahres fünf Vorfälle gegeben habe, bei denen sie aus Angst die Polizei rief. „Mein Mann hatte sich verändert“, sagt sie. „Er ist aus heiterem Himmel wütend geworden.“ Beim letzten Anruf fuhr neben der Polizei auch ein Mann vom Gesundheitsamt vor. Herr K. ging mit. Seitdem lebt Helga K. allein.

Einen Betreuer hatte sich das Ehepaar gemeinsam ausgesucht

„Für die Unterbringung zuständig ist der rechtliche Betreuer“, sagt Kreissprecher Tobias Frohnert. Den hatte sich das Ehepaar noch gemeinsam als Hilfe ausgewählt, als es vor einem Jahr merkte, dass es ohne nicht mehr geht. „Eine Betreuung kann grundsätzlich jeder beantragen, auch für sich selber“, erklärt Tobias Frohnert.

Anlaufstelle ist das Betreuungsgericht. Dem folgen ein ärztliches Gutachten und ein Sozialgutachten. Die Betreuer arbeiten freiberuflich – oder ehrenamtlich. Normalerweise kommen sie aus der eigenen Familie.

Fahrten zu ihrem Mann in die Pflegegruppe sind teuer

Helga K. ist verzweifelt. Überall gibt es Papierkrieg zu führen. Sie will das große Haus verkaufen, es muss geräumt, eine Bleibe in einer Seniorenunterkunft gesucht werden. Und da sind die Besuchsfahrten zu ihrem Mann. 41 Jahre sind sie verheiratet. 23 Kilometer ist die Einrichtung entfernt, „das sind 50 Euro mit dem Taxi hin und 50 Euro zurück“, sagt sie.

Ein paarmal hat sie netterweise ein Berater vom örtlichen Sozialverband gefahren, aber solche Tätigkeiten gehören nicht zu den Leistungen für die Mitglieder. Der SoVD berät. Er hat es eher aus Nachbarschaftshilfe getan.

Kommunen haben keine Kümmerer

Das ist das Problem der alleinstehenden alten Menschen: Sie müssen sich selbstständig um Informationen bemühen, wo es Hilfe gibt. Und das fällt oft sehr schwer, gerade, wenn es zum Recherchieren keinen Computer im Haushalt gibt – wie bei so vielen Senioren. Die Kommunen haben keine „Kümmerer“, die von sich aus mal nach dem Rechten sehen. Anlaufstellen und Hilfen gibt es zwar einige – aber man muss sie selber finden.

Bei der Stadt Geesthacht vermittelt die Verwaltung gern weiter, bemüht sich, auch in speziellen Fällen zu helfen, etwa bei der Beantragung von Wohngeld oder wenn der Verlust der Wohnung droht. Unterstützung bieten hier auch der Seniorenbeirat und die Behindertenbeauftragte der Stadt in ihren Sprechstunden. Zudem sind die Ämter­lotsen im „Haus der sozialen Dienste“ in der Rudolf-Messerschmidt-Straße ansprechbar, und im Oberstadttreff am Dialogweg wirken die Amtshelfer.

Pflegestützpunkt ist eine mögliche Anlaufstelle

Eine maßgeschneiderte Anlaufstelle im Kreis ist der Pflegestützpunkt in der Bogenstraße 7. „Wir machen niedrigschwellige kostenlose und neutrale Beratung“, erläutert Nadine Fauck. Ihr Büro in Geesthacht ist zuständig für den Südkreis zwischen Wentorf und Lauenburg und mit vielen Einrichtungen vernetzt. „Es gibt so viele Beratungsstellen und Fördermöglichkeiten, die ein Laie gar nicht kennt. Wir gucken, welche Möglichkeiten es gibt und dass sich eine Lösung findet. Mit einem Pflegegrad ließen sich etwa auch Betreuungstransporte organisieren“, meint sie spontan zum Fall von Helga K.

Am liebsten würde Helga K. wieder mit ihrem Mann zusammenleben. Nicht mehr in einer Wohnung, aber zumindest in enger Nachbarschaft. In einer Einrichtung in Stormarn wäre das möglich, hat sie erfahren. Das ist ihr größter Wunsch.