Geesthacht. Die Hamburger Kunsthalle würdigt den langjährigen Kunstprofessor der HfB, der in Geesthacht lebt, mit einer großen Ausstellung.

Dort, wo Generationen von Geesthachtern bei Abibällen, Weihnachtsfeiern oder sonstigen Festen aller Art bis weit in die Nacht bei gedämmtem Licht getanzt haben, fängt heute der frühe Vogel den Wurm. Werner Büttner, einer der renommiertesten deutschen Maler, ist ein ausgesprochener Frühaufsteher und meist schon zwischen 5 und 6 Uhr auf den Beinen. „Ich bin vormittags gut, abends will ich relaxen“, sagt Büttner, der seit 2006 im ehemaligen Hotel Stadt Hamburg in Geesthacht lebt und arbeitet.

Sein Atelier ist der frühere Festsaal, der heute mit einer ausgeklügelten Beleuchtung und viel indirektem Licht durchflutet ist. Während Büttner an einer Wand des Raums am aktuellen Bild malt, stehen an den anderen Seiten – meist im geräumigen Abstand – fertige Werke. Bilder wie eine Abbildung des „Löwenmenschen von Ulm“ oder einer Puppe, wie sie in den Augen des 67 Jahre alten Künstlers, heutzutage auszusehen hat.

Beide Werke könnten 2022 auch in New York auf Long Island zu begutachten sein. Zumindest dann, wenn die Bilder Büttners Galeristen gefallen, der am Donnerstag bei ihm zu Besuch war. Zuvor schauten sich die beiden noch die aktuelle Ausstellung des Wahl-Geesthachters in der Hamburger Kunsthalle an.

Die Ausstellung „Last Lecture Show“ läuft noch bis zum 16. Januar

Unter dem Titel „Last Lecture Show“ (Die letzte Vorlesung) würdigt die Kunsthalle den langjährigen Professor an der Hamburger Hochschule für Bildende Künste (HfBK), der am 14. Oktober nach 32 Jahren offiziell in den Ruhestand verabschiedet wurde.

„Die Ausstellung in der Kunsthalle Hamburg ist eine große Ehre. Der Direktor Alexander Klar hat mir mehr oder minder freie Hand gelassen. Ich konnte acht Abteilungen so gestalten, wie ich mir es immer vorgestellt habe. So kann ich einen Einblick in meine eigene Welt geben“, sagt Büttner, als unsere Redaktion ihn zu Hause besucht.

Büttner hat seine Kunst noch nicht in Geesthacht ausgestellt

Werner Büttner hat die Bühne im ehemaligen Hotel „Stadt Hamburg“ zu einer Theaterbühne umgestaltet. Die Buchstaben für den Schriftzug hat er in Paris entdeckt. „Mein eigenes Theater“ nennt der emeritierte Kunstprofessor sein geräumiges Atelier, das früher mal der Festsaal war.
Werner Büttner hat die Bühne im ehemaligen Hotel „Stadt Hamburg“ zu einer Theaterbühne umgestaltet. Die Buchstaben für den Schriftzug hat er in Paris entdeckt. „Mein eigenes Theater“ nennt der emeritierte Kunstprofessor sein geräumiges Atelier, das früher mal der Festsaal war. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Leicht zugänglich sei seine Kunst nicht, räumt Büttner ein. Deshalb habe er sie auch noch nicht in Geesthacht ausgestellt, obwohl er schon häufiger gefragt wurde. „Die gehört nach London, New York oder Peking“, findet Büttner, der zusammen mit Albert Oehlen oder Martin Kippenberger Anfang der 1980er-Jahre zu den „Jungen Wilden“ in der Malerei gerechnet wurde.

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In den Ruhestand geht der „junge Wilde“ mit 67 Jahren aber nur, was seine Lehrtätigkeit angeht. „Mir bleiben solange Kopf und Hirn funktionieren ja noch die Malerei und der Kunstmarkt. Was soll ich denn sonst mit einem 24-Stunden-Tag anfangen?“, fragt er.

„Ich streite mich nicht mehr mit der Stadt. Das hat keinen Zweck.“

Bis er 2006 auf das zum Verkauf stehende Hotel Stadt Hamburg stieß, kannte der gebürtige Jenaer Geesthacht nicht. Büttner sagt es deutlich: „Niemand kennt Geesthacht.“ Mit seiner Wahlheimat hat er sich gleichwohl beschäftigt, auch durch das Abonnement unserer Zeitung.

Als das Viertel rund um die St.-Salvatoris-Kirche umgestaltet wurde, trat er als Sprecher der Interessengemeinschaft Elbstraße auf. Heute sagt er: „Ich streite mich nicht mehr mit der Stadt. Das hat keinen Zweck.“

Bausünden in der Wahlheimat: „Geesthacht fehlt ein Stadtarchitekt“

Werner Büttner lebt im ehemaligen Hotel Stadt Hamburg.
Werner Büttner lebt im ehemaligen Hotel Stadt Hamburg. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Dafür hat er aber eine klare Meinung, was die Architektur in der Stadt angeht. „Was hier erlaubt wird zu bauen, sind große Sünden“, sagt Büttner und verweist auf den Roten Platz oder die Hafencity. „Das ist Käfighaltung. Ein Haus sieht wie das andere aus“, so Büttner, der sich für Geesthacht einen Stadtarchitekten wünscht und hofft, dass wenigstens das Hotel Zur Post in seiner jetzigen Form erhalten bleibt.

Büttner mag den Wochenmarkt, findet die Elbe beruhigend und die Luft „okay“. Er geht gern essen, etwa ins Sebastians oder das Fährhaus Zollenspieker, ist Mitglied in der Rindergilde und unterstützt sowohl die Freiwillige Feuerwehr als auch den Heimatbund und Geschichtsverein.

Ganz besonders liebt er jedoch sein Haus mit den großen Panoramafenstern und dem ehemaligen Festsaal. „So ein Atelier kann in Hamburg keiner mehr bezahlen“, sagt Büttner. Wenn er Feierabend gemacht hat, entspannt er gern vor dem großen Fernseher. Der steht im alten Schankraum, in dem Büttner seine geräumige Wohnküche eingerichtet hat. Häufig schaut der Fan des FC St. Pauli dann Fußball oder eine Serie auf Netflix. Zu den Zeiten aber, als es früher im Hotel Stadt Hamburg hoch herging, liegt der Frühaufsteher schon im Bett.