Geesthacht. Droht wieder Homeschooling? Mobile Impfangebote, Maskenpflicht und Luftfilter sollen den Präsenzunterricht sicherstellen.
Am Montag beginnt für Schüler in Schleswig-Holstein wieder der Ernst des Lebens. Das Ende der Sommerferien verbinden Eltern mit der Hoffnung, dass ein Schuljahr mit Präsenzunterricht ansteht. Gleichwohl besteht die Sorge, dass mit steigenden Inzidenzen wieder Homeschooling droht. Was Eltern und Schüler zum Schulstart wissen müssen.
Mobile Impfangebote
Kinder ab zwölf Jahren können sich gegen das Coronavirus impfen lassen, und das ab dem 19. August auch in der Schule. Bis zu den Herbstferien sollen die Impfungen abgeschlossen sein.
Kinder ab 14 Jahren brauchen – zur Verwunderung mancher Eltern – dafür explizit keine Einwilligung der Erziehungsberechtigten. Auf Nachfrage verweist das schleswig-holsteinische Bildungsministerium ans Sozialministerium. Dieses begründet die Haltung mit den Angaben des Robert-Koch-Instituts. Auf dessen Internetauftritt heißt es: „Jugendliche können selbst einwilligen, wenn sie die erforderliche Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit besitzen; das ist in der Regel mit 16 Jahren der Fall.“ Dies festzustellen obliegt dem impfenden Arzt.
Allerdings wird in einem aus dem Jahr 2002 stammenden Artikel zur Rechtsstellung des Kindes bei medizinischen Heilbehandlungen von Gesetzes wegen die nötige Urteilsfähigkeit ab dem 14. Lebensjahr vermutet (§146c, Absatz 1, ABGB). Die mit unabhängigen Experten besetzte Ständige Impfkommission (Stiko) hat wegen fehlender Daten bislang keine generelle Empfehlung ausgesprochen. Nebenwirkungen einer Impfung können bei Kindern heftiger ausfallen, andererseits wird ihnen die Angst genommen, Angehörige und Andere unabsichtlich zu infizieren. Zudem stecken sich derzeit vor allem junge Menschen mit dem Coronavirus an. „Ethisch ist das ein hoch komplexes Thema“, sagt Prof. Dr. Jan Kramer vom Labor LADR in Geesthacht. Er hat seinem 13-jährigen Sohn die Entscheidung freigestellt.
Maskenpflicht, Corona-Tests und Co.
Vollständig geimpfte Kinder sind auch von der Verpflichtung ausgenommen, sich weiterhin zweimal wöchentlich in der Schule auf das Coronavirus testen zu lassen. Das gilt ebenso mindestens in den ersten drei Schulwochen wie auch die Pflicht, im Unterricht und im Schulgebäude ein Maske zu tragen. Im Freien entfallen dagegen sowohl die Maskenpflicht als auch die Kohortenbildung. Das heißt: Einzelne Jahrgänge werden nicht länger räumlich voneinander getrennt.
Mobile Luftfilter
Mobile Luftfilter können unterstützend wirken, den Präsenzunterricht aufrechtzuhalten. Die Bundesregierung hat Fördermittel in Höhe von 200 Millionen Euro bereitgestellt. Wegen der Ferien haben viele Kommunen aber noch nicht entschieden, ob und wie viele Anlagen sie benötigen. Selbst Geesthacht, dass beschlossen hat, Fördermittel zu beantragen, hat noch keine Ausschreibung vorgenommen, weil die genaue Anzahl der benötigten Geräte erst noch festgelegt werden muss. Das geschieht möglicherweise auf der nächsten Sitzung des Sozialausschusses am Dienstag. Einem Hamburger Hersteller lagen dennoch binnen kurzer Zeit 100 Ausschreibungen vor. Bis alle Luftfilter ankommen, wird es dauern.
Sport- und Musikunterricht
Die Schulen entscheiden selbst, wo Sportunterricht gegeben wird – wenn möglich im Freien. Weiter heißt es in den Vorgaben: „Zur Hallennutzung bei schlechtem Wetter sind ortsweise Lösungen zu finden, sodass Abstandhalten und die Bewegungsförderung gleichzeitig möglich sind.“ Schwimmunterricht ist möglich und gewünscht.
Die wichtigsten Varianten des Coronavirus im Überblick
Nach Anregung der Weltgesundheitsorganisation WHO werden die Varianten des Coronavirus seit Mai 2021 nicht mehr nach den Staaten benannt, in denen sie zuerst nachgewiesen wurden, sondern nach den Buchstaben des griechischen Alphabets. So soll eine Stigmatisierung beispielsweise von Ländern verhindert werden, in denen besonders ansteckende Virusmutationen zuerst nachgewiesen wurden.
Derzeit gelten fünf Formen des Coronavirus als besorgniserregend ("Variants of Concern"):
- Alpha: Die im September 2020 zuerst in Großbritannien nachgewiesene Variante B.1.1.7, die das ursprüngliche Coronavirus fast vollständig verdrängt hatte, bevor sie ihrerseits von der Delta-Variante verdrängt wurde
- Beta: Eine Form des Coronavirus, die im Mai 2020 in Südafrika entdeckt wurde, wissenschaftliche Bezeichung: B.1.351, B.1.351.2, B.1.351.3
- Gamma: Die zunächst in Brasilien im November 2020 nachgewiesene Mutation P.1 und ihre Subformen P.1.1 und P.1.2
- Delta: Die Corona-Variante B.1.617.2 (und ihre Subformen AY.1, AY.2, AY.3), zuerst im Oktober 2020 in Indien gefunden
- Omikron: Die Corona-Variante B.1.1.529 wurde im November 2021 in mehreren afrikanischen Ländern nachgewiesen und verbreitet sich
Außerdem beobachtet die WHO weitere vier Mutationen als bedeutsame "Variants of Interest" :
- Lambda: C.37, im Dezember 2020 in Peru entdeckt
- Mu: B.1.621, im Januar 2021 erstmals in Kolumbien nachgewiesen
Auch der praktische Musikunterricht, insbesondere Singen und das Spielen von Blasinstrumenten, soll möglichst im Freien stattfinden, ist aber auch drinnen unter Auflagen möglich. „Wir sind auf alles vorbereitet. Und trotz aller Schwierigkeiten, möchte ich eher das Positive sehen. Wir werden immer das Beste rausholen“, sagt Kai Nerger, Leiter der Bertha-von-Suttner-Schule.