Die neuen Windräder sind etwa 200 Meter groß. Sieben Gemeinden aus dem Kreis teilen sich die finanzielle Umlage.
Hamwarde. Der Kampf der Gemeinde ist vorbei, in der Nachbarschaft von Hamwarde werden zwei neue Windräder gebaut. „Wir gehen davon aus, irgendwann im nächsten Jahr starten zu können“, sagt Rainer Heinsohn, der Leiter der Unternehmenskommunikation bei der PNE AG. Das Unternehmen ist ein erfahrener Projektierer von Windparks an Land und auf See. Verantwortlich für den Betrieb bei Hamwarde ist die Unternehmenstochter WKN.
Der Kreis Herzogtum Lauenburg hat sich über den Widerstand der Gemeinde hinweggesetzt, die finale Genehmigung indes steht noch aus. „Der Antrag ist gestellt und wird vom LLUR in Lübeck bearbeitet“, teilt Heinsohn mit. Gemeint ist das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume. Wie lange eine Behörde benötigt, sei unterschiedlich, sagt Rainer Heinsohn. Das reiche je nach Bundesland von neun Monaten bis zu drei Jahren. Aber sein Unternehmen hat in Schleswig-Holstein gute Erfahrungen gemacht, hier dauere es eher nicht so lange.
Für den Kreis waren die Gründe der Ablehnung nicht stichhaltig
Hamwardes Bürgermeister Friedrich-Wilhelm Richard nimmt den Bau eher säuerlich auf. „Schöner Wohnen“, sagt er mit Blick auf die Projekte, die seinen Ort zu umzingeln drohen. Auch die Ortsumgehung für Geesthacht hat er da im Blick. Das Feld an der Gemeindegrenze zu Kollow, wo gebaut werden soll, war 2010 eine Repowering-Fläche. 2012 gab es einen ablehnenden Bürgerentscheid zur Errichtung von Windkrafträder, 2015 hat das Land dann die Fläche in eine Vorrangfläche umgewandelt. Die Bauanträge wurden 2020 gestellt.
„Die Gemeinde muss ihre Ablehnung begründen, und das waren keine stichhaltigen Gründe“, erläutert Kreissprecher Tobias Frohnert, warum der Kreis das gemeindliche Einvernehmen ersetzt hat. „Wir hatten einen Fachanwalt und Ornithologen eingeschaltet. Irgendwo findet man immer ein Haar in der Suppe“, meint Richard dazu. Er bemängelt zudem, dass das „Schmerzensgeld“ für die das Ortsbild prägenden Windräder eher spärlich ausfallen wird. Gemeint ist die EEG-Umlage, die Gemeinden an den Anlagen je nach Größe der betroffenen Fläche beteiligt – 0,2 Cent pro Kilowatt-Stunde. Hamwarde bekommt einen Anteil von 25,25 Prozent (siehe Grafik) am Kuchen, das entspricht etwa 10.000 Euro im Jahr.
Durchschnittliche Kalkulation:1,4 bis 1,8 Millionen Euro pro Megawatt
„Außerdem gibt es Diskussionen, sie ganz abzuschaffen“, meint Richard. Der Strompreis ist zu teuer, soll für den Verbraucher so günstiger werden. „Dann kriegt die Gemeinde nichts mehr.“
Die beiden Anlagen – Typ Nordex N149 – sollen knapp 200 Meter groß werden, das Rotor-Zentrum befindet sich auf 125 Metern. Zum Vergleich: Die markanten Windräder an der A 25 bei Bergedorf messen fast 180 Meter, die Nabe ist auf 120 Metern Höhe. Leisten sollen die Windmühlen bei Hamwarde insgesamt 11,4 Megawatt. Details zur Investitionssumme möchte Rainer Heinsohn wegen der Mitbewerber nicht nennen, nur soviel: „Die durchschnittliche Kalkulation für die Errichtung einer Windkraftanlage in Deutschland liegt bei etwa 1,4 bis 1,8 Millionen Euro pro Megawatt“, erklärt er.
Bau des Fundaments wird sich zwei bis drei Monate hinziehen
Die Arbeiten beginnen mit dem Ausheben der Fläche für das Fundament und der Kabelschächte bis zu den Punkten für die Netzeinspeisung, zudem müssen die Zufahrtswege für die schweren Transporte auf etwa 4,5 bis 6,5 Meter verbreitert und ertüchtigt werden. Diese Eingriffe in die Feldwege werden rückgebaut, wenn sie nicht mehr benötigt werden. Der Bau des Fundaments aus Beton mit Stahlmatten wird sich etwa zwei bis drei Monate hinziehen. „Beteiligt werden möglichst Tiefbau-Unternehmen aus der Region“, kündigt Heinsohn an.
„Dann wird der Bau langsam weithin sichtbar“, so Heinsohn. Die Turmteile werden geliefert. Nordex baut in Norderstedt und Rostock. Für den Transport der Turmteile, Maschinenhäuser und Rotorblätter sind Schwerlasttransporte notwendig. Die Route sprechen die Speditionen mit der Verkehrsbehörde ab, beachtet werden Faktoren wie die Traglast von Brücken und Kurvenradien. Die Einzelteile sind zerlegt in Stücke mit maximal vier Metern Höhe, sonst würde es knapp werden bei Brückenunterquerungen.
Nach 20, maximal 25 Jahren wird wieder abgebaut
Für den Aufbau vor Ort sorgen Spezialkräne. In neun Monaten sollen die Anlagen fertig sein. Nach der Abnahme durch die Behörden können sie den Betrieb aufnehmen. Die Rotoren benötigen etwa 12 km/h Windgeschwindigkeit, um zu laufen, das entspricht Windstärke 2 bis 3 (schwache Brise), dann wird vernünftig Strom produziert. Bei Windstärke 10 bis 11 (schwerer Sturm mit 118,53 km/h) wird aus Sicherheitsgründe abgestellt. „Die Anlagen laufen etwa zu 95 Prozent im Jahr, aber das natürlich nicht mit voller Nennleistung“, erklärt Rainer Heinsohn. Der erzeugte Strom fließt ins allgemeine Netz ein.
Nach 20, maximal 25 Jahren wird wieder abgebaut, dann könnte die Fläche wieder aussehen wie jetzt. Auch das Fundament soll komplett entsorgt werden. Rainer Heinsohn führt technische Gründe wegen Materialermüdung an. „Gerade im Turm gibt es durch den Wind enorme Belastungen“, sagt er. Das Material lässt sich zum großen Teil recyceln und weiternutzen. Vielleicht wird aus dem eingeschmolzenen Stahl dann ein neues Windrad.