Bergedorf. Anlagenbetreiber setzen auf Trendwende: Mehr Genehmigungen in Schleswig-Holstein.
Die staatliche Förderung schwindet, aktuell haben Corona-Lockdown und Wirtschaftsrezession zudem die Strompreise auf Sinkflug geschickt. Der Widerstand gegen neue Windräder und Stromtrassen verzögert zudem seit vielen Jahren den Ausbau der Windkraft in Deutschland. Wo Politiker angesichts der Klimaerwärmung immer stärker auf erneuerbare Energien setzen, schlägt die Branche Alarm. Betreiber legen Anlagen im Zweifelsfall still. Tenor: Beschädigte ältere Anlagen wieder instand zu setzen, rechne sich bei den aktuellen Preisen häufig nicht. Und werde nicht bald Planungssicherheit für neue Anlagen beziehungsweise für den Ersatz alter durch neue, leistungsfähige Windräder geschaffen, drohe sich das gewünschte Wachstum ins Gegenteil zu verkehren.
2021 fallen allein in Schleswig-Holstein 500 Anlagen aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), bis 2025 weitere 500, „insgesamt also ein Drittel des aktuellen Bestandes“, sagt Jana Lüth, Sprecherin des Bundesverbands Wind-Energie (BWE) in Schleswig-Holstein.
Ausbaupläne 2015 gekippt
2015 kippte das Oberverwaltungsgericht die damaligen Ausbaupläne. Die Richter rügten, dass von vornherein jene Gemeinden von der Ausweisung von Eignungsflächen ausgeschlossen wurden, die sich gegen Windräder ausgesprochen hatten. Das Land verhängte ein Moratorium, das Ende 2020 ausläuft. Bis dahin können neue Windräder nur mit Ausnahmegenehmigungen gebaut werden.
Jana Lüth setzt auf eine Trendwende: Bei einem Großteil der anvisierten Flächen – es geht nur um zwei Prozent der Landesfläche Schleswig-Holsteins (rund 310 Quadratkilometer) –, sei jetzt klar, dass sie mit Windrädern bebaut werden dürfen.
Zehn Gigawatt angestrebt
Seit Jahresbeginn wurden Ausnahmen für 77 Anlagen erteilt, 2019 waren es nur 59 Projekte. „Um die Ausbaulücken schließen zu können, benötigen wir viele Genehmigungen“, sagt Lüth. Schließlich wolle das Bundesland bis 2025 mit Windenergie an Land zehn Gigawatt Strom erzeugen. 2019 wurden erst 6564 Megawatt Strom erzeugt, also etwa zwei Drittel der anvisierten Menge.
„Das Strommarktdesign muss für die Erneuerbare-Energien-Welt neu organisiert werden. Das ist die Aufgabe der nächsten Bundesregierung“, sagt Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des BWE. Bestandsanlagen, die nach 20 Jahren aus der EEG-Förderung fallen, könnten fast alle „dank guter Wartung und solidem Service technisch noch über eine Dekade nach dem Auslaufen der jetzigen Förderung sauberen Strom liefern“. Die Erlöse sollten zwischen 3,5 und 5 Cent pro Kilowattstunde liegen, fordert er. Aktuell liege die Vergütung jedoch nur bei 2 Cent, betont Jana Lüth.
Sofortlösung gefordert
Wegen der Coronakrise müsse eine Sofortlösung für die ersten Windenergieräder-Jahrgänge, die um 2000 in Betrieb genommen wurden und bisher vom EEG profitierten, auf den Tisch. Für den Verband der Windenergieerzeuger sei die oberste Priorität jedoch eine andere: „So viel Repowering wie möglich zu ermöglichen“, betont Axthelm.