Geesthacht. Der Diplom-Biologe Thomas Kowol kümmert sich um die Spitzahornallee im Hechtholz.

Mit Gummihammer und Bohrmaschine steigt Thomas Kowol in den von Michael Reu bedienten Hubsteiger. Gleich prüft der Diplom-Biologe damit den Baum mit der Nummer 2957 aus dem Geesthachter Baumkataster auf seinen Zustand.

Bei dem Spitzahorn im Hechtholz hatte Kowol, der beim in Bergedorf ansässigen „Institut für Baumpflege“ arbeitet, vor fünf Jahren zwei Schadstellen in drei und sechs Metern Höhe festgestellt. Nach einer Klopf- und Klangprobe stellt er keine fortgeschrittenen Auffälligkeiten fest.

Bei Totholz gibt es nur die Alternative: herausschneiden oder fällen

Sonst wäre noch das Bohrwiderstandsmessgerät zum Einsatz gekommen. Mit diesem bestimmt der Baumprüfer die vorhandene Stammdicke. Bei der routinemäßigen Kontrolluntersuchung der rund 30 Spitzahorne, die dem Hechtholz seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen Allee-Charakter verleihen, stellt Kowol nur einen „Problembaum“ fest.

Ein Exemplar stirbt jedoch von der Krone her langsam ab. „Man kann dort das Totholz sehen“, sagt Kowol und zeigt auf vertrocknete, blätterlose Äste. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder wird das Totholz herausgeschnitten oder der ganze Baum muss gefällt werden. „Das entscheidet aber zum Glück die Stadt“, betont Kowol, der für alle übrigen Bäume zusammen nur ein bis zwei Einkürzungen an der Krone empfiehlt.

Breiter Gehweg, viele Parkplätze und ausreichend Raum für Bäume geht nicht

Der Baumprüfer weiß, dass Bäume ein sensibles Thema sind. „Ich verstehe die Emotionalität, wenn es um den Erhalt von Bäumen geht. Ich ärgere mich aber, wenn Bäume instrumentalisiert werden“, sagt er.

Oftmals liege das Problem im Detail, etwa bei neuen Straßenplanungen. „Man will immer alles haben: einen breiten Gehweg, Platz für Parkplätze und ausreichend Raum für Bäume. Aber man kann es nicht immer allen Recht machen“, betont der Biologe.

Baumkataster listet allein im Innenstadtbereich 15.000 Straßenbäume auf

So werden neue Leitungen meist gerne im Fußweg verlegt, weil dann die Straße während der Arbeiten nicht gesperrt werden muss. Für die Bäume ist das die ungünstigste Lösung. „Unter Straßen ist der Boden verdichteter. Zudem gibt es Vibrationen, wenn LKW fahren. Das mögen Bäume nicht gern. Dort gibt es weniger Wurzeln, die beschädigt werden könnten, als im Bereich der Fußwege“, gibt Kowol zu bedenken.

Im Geesthachter Stadtgebiet, in dem allein im Innenstadtbereich 15.000 Straßenbäume im seit 2002

Über Löcher in der Rinde, wie bei diesem nach heutigem Kenntnisstand unsachgemäß durchgeführten Schnitt aus den 1970er-Jahren, tritt Feuchtigkeit ein, die die Bäume verfaulen lässt.
Über Löcher in der Rinde, wie bei diesem nach heutigem Kenntnisstand unsachgemäß durchgeführten Schnitt aus den 1970er-Jahren, tritt Feuchtigkeit ein, die die Bäume verfaulen lässt. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

bestehenden Baumkataster aufgeführt sind, kennt sich der Diplom-Biologe bestens aus. So weiß er um den langen Kampf um den Erhalt der Bäume am Spakenberg. Dort verlegten die Stadtwerke ihre Leitungen letztlich in der Straße und nicht im Bereich des Gehwegs.

Fehlplanung in der Berliner Straße: Bäume mickern vor sich hin

Den Erhalt vieler alter Bäume in der Fußgängerzone, um den politisch hart gerungen wurde, findet Kowol „gelungen“. „Ich gucke immer aus Sicht des Baumes. Mir geht es um ihren Erhalt“, betont er. Gleichwohl benennt er Probleme. „Eine Fehlplanung“ sei es etwa gewesen, im viel zu schmalen Mittelstreifen der vierspurigen Berliner Straße eine Baumreihe anzupflanzen. Ergebnis: Nach gut 20 Jahren sind die meisten Bäume eingegangen oder mickrig.

Sorgen bereitet dem Baumprüfer die aus Indien eingeschleppt Krankheit „Pseudomonas“, die heimische Rosskastanien unheilbar befällt. Sollte diese Krankheit auch die stattlichen Kastanien an der Berliner Straße befallen, sieht Kowol für ihren Erhalt schwarz.

Manchmal wollen Anwohner Baum nur gekürzt haben, um mehr Sonne zu bekommen

Derweil muss er während der Überprüfung am Hechtholz einer Anwohnerin widersprechen, die in ihren zur Südseite gelegenen Fenstern gern mehr Sonne haben würde und für den Beschnitt eines Spitzahorn vor ihrem Haus wirbt. „Der Baum ist gut“, betont Kowol und berichtet im gleichen Atemzug von einem Fall, in dem andere Anwohner erst einen Baum vor ihrem Haus weghaben wollten und sich dann hinterher beklagten, dass es in ihrem Haus jetzt viel zu warm sei.