Ratzeburg/Geesthacht. Die Ausschreibungsfrist wurde verlängert, der Kreis setzt auf Leiharbeiter. Aktive fühlen sich vor den Kopf gestoßen.
Die Ausschreibung der Notarztversorgung für den Kreis Herzogtum Lauenburg ist um gut einen Monat auf den 26. Juli verlängert worden. Die Ausschreibung ist komplex, den Verantwortlichen läuft die Zeit davon: Zum 1. Januar 2022 muss der Kreis das bisherige System durch ein neues ersetzen, nachdem der Vertrag zwischen Kreis und DRK-Kreisverband gekündigt wurde. Damit nicht genug, sollen nur noch angestellte Ärzte auf den drei Notarzteinsatzfahrzeugen (NEF) von Mölln, Ratzeburg und Geesthacht starten.
Bleibt es dabei, ist der Verein Notärzte Herzogtum Lauenburg aus dem Rennen. Dumm nur: Derzeit stellt der Verein für zwei der drei NEF im Kreis die Notärzte, garantiert zu gut 90 Prozent die Einsatzfähigkeit der Fahrzeuge in Ratzeburg und Mölln – mit Mitgliedern, die auf Honorarbasis tätig sind.
Ausschreibung der Notarztversorgung um einen Monat verlängert
„Ein Modell, wie es jetzt ausgeschrieben wurde, würde uns die Möglichkeit nehmen, weiter mitzuwirken“, sagt der Vereinsvorsitzende Dr. Rainer Richard. „Wir sind ein gemeinnütziger Verein. Wir beschäftigen keine angestellten Mediziner, schon gar keine, die wir dem Kreis als Leiharbeiter überlassen könnten.“ Genau das aber ist gefordert: Die Anbieter sollen dem Kreis die bei ihnen angestellten Notärzte stellen.
Die Ausschreibung ist auf drei Jahre befristet, mit der Option, um zwei Jahre zu verlängern. In der Zeit würden die Notärzte, wenn sich den genügend qualifizierte Mediziner dafür finden, mehrfach wechseln müssen. Als Leiharbeiter dürfen sie nur 18 Monate lang für den Kreis arbeiten, müssten dann pausieren, bevor sie wieder als Notärzte im Kreisgebiet tätig werden dürfen.
Notarztfahrzeuge funktionieren aktuell im Mischbetrieb
Das NEF für den Südkreis ist am Johanniter-Krankenhaus in Geesthacht stationiert. Tagsüber wird es von Krankenhausärzten besetzt. „Zusätzlich gibt es einen Pool von Honorarärzten, die außerhalb der Regelarbeitszeit das NEF besetzen“, erläutert Dr. Timo Rath, Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin und zugleich Ärztlicher Direktor am Krankenhaus. Auch hier sind es bislang also häufig Mediziner, die wie die Mitglieder des Notärztevereins auf Honorarbasis zu schlimmen Unfällen, Unglücken oder Menschen mit lebensgefährlichen Erkrankungen ausrücken.
Zur Frage, ob sich das Johanniter-Krankenhaus um das Los für den Südkreis bewirbt, hält sich Geschäftsführer Carsten Schwaab bedeckt, „zumindest solang die Ausschreibungsfrist läuft“. Das Krankenhaus hat einerseits mit Sicherheit Interesse daran, die seit Jahrzehnten geübte Praxis fortzusetzen. Ob das jedoch auch für den Fall gilt, Klinik-Ärzte zeitlich befristet an den Kreis beziehungsweise die Herzogtum Lauenburg Rettungsdienstgesellschaft (HLR) abzutreten, darf bezweifelt werden.
HLR soll kompletten Rettungsdienst stemmen
Für die Bewältigung eines noch größeren Personalbedarfs erhielt HLR-Geschäftsführer Kai Steffens vergangene Woche grünes Licht von seinem Aufsichtsrat. Bis Jahresende muss er den Rettungsdienst komplett neu aufstellen, der Vertrag mit dem DRK-Kreisverband ist gekündigt. Die Hoffnung: In Gesprächen mit den bisherigen Anbietern und Betriebsräten kann erreicht werden, dass möglichst viele Retter zum Kreis wechseln. „Die Gespräche laufen gut an.“
Die kreisweite Ausschreibung des Rettungsdienstes war fehlerbehaftet. Sie wurde gestoppt, neu angeschoben, verlängert und schließlich, wie berichtet, auf der Zielgeraden von der Kreistagsmehrheit gestoppt. Jetzt soll die 2020 für Managementaufgaben gegründete HLR den kompletten Rettungsdienst stemmen und die Notarztversorgung in Windeseile umbauen.
DRK-Kreisverband hat sich nicht um die Notarztversorgung beworben
Angesichts der Modalitäten bestehen große Zweifel, dass das Vorhaben funktioniert. Der DRK-Kreisverband hat erklärt, sich nicht um die Notarztversorgung zu bewerben: Die Region aufzuteilen und den Bietern die Probleme aufzubürden, wie sie Notärzte finden und wie sie sie nach Ablauf der 18-Monate-Leiharbeitsfrist beschäftigen, stößt dort auf keine Gegenliebe.
Es werde versucht, eine seit Jahrzehnten gut funktionierende Struktur zu ersetzen, „ohne zu wissen, wie dies funktionieren kann“, kritisiert ein Mediziner, der Notarzteinsätze fährt. Zurückhaltender ist Rainer Richard: „Unser 30 Vereinsmitglieder besetzen die NEF seit vielen Jahren zu konkurrenzlos günstigen Kosten.“ In Zwölf-Stunden-Schichten stelle man in Absprache mit dem Krankenhaus Ratzeburg sicher, dass beide NEF rund um die Uhr einsatzbereit sind. „Viele im Verein fühlen sich vor den Kopf gestoßen. Und sind zugleich gespannt, wie die HLR am 31. Dezember die Schalter umlegt, damit die NEF weiter fahren.“