Ratzeburg. Die Kreisforsten sollen viele Funktionen erfüllen. Doch wird damit der kranke Wald nicht völlig überfordert? Eine Online-Diskussion.

In einer Online-Konferenz haben Politiker der CDU-Kreistagsfraktion und weitere Parteimitglieder über die Nutzung von Holz als Baustoff diskutiert, und damit im Nachgang auch über die weitere Zielsetzung für die Entwicklung der lauenburgischen Wälder. Ihre Erkenntnis: Mit Holz als nachwachsendem Rohstoff ließen sich nicht nur viele Bauvorhaben realisieren, zugleich binde verbautes Holz viel Kohlendioxid.

Als Referent äußerte sich Jörg Bühler, Leiter der Fachberatung Holzbau des Informationsdienstes Holz. Eine These: Richtig eingesetzt habe Holz viele Vorteile als Baustoff und könne selbst im Bereich Brandschutz mithalten.

Die Christdemokraten möchten Holz aus seinem Nischendasein holen. Ingo Westphal, forst- und umweltpolitischer Sprecher der Kreistagsfraktion, fordert, Bauvorhaben des Kreises in Holzbauweise zu planen. „Wenn öffentliche Projekte von Beginn an als Holzbau geplant und ausgeschrieben werden, können sie sogar zu Kosteneinsparungen bei Bau und Betrieb führen.“

In 10 Sekunden liefern 90 Milliarden Bäume Holz für ein Einfamilienhaus

Tatsächlich könnten rechnerisch die rund 90 Milliarden Bäume in Deutschland im 10-Sekunden-Rhythmus genug Holz liefern, um je ein Einfamilienhaus damit zu errichten. Allerdings wird Holz vielfach anderweitig genutzt, etwa als Brennstoff oder als Rohstoff. Weiterer Knackpunkt: Nicht jeder Baum ist gleichermaßen als Brenn- oder Bauholz geeignet. Im Gegenteil: Für Dachstühle wird Nadelholz genutzt, manche höherwertigen Hölzer wie Buche müssten als Bauholz aufwendig aufbereitet werden, damit sich die Baukörper nicht verziehen. Buche landet heute viel in Kaminen, Buche wie Eiche finden zudem im Möbelbau oder im Innenausbau etwa als Parkett oder zur Deckenverkleidung Verwendung.

Fichtenbestand in Deutschland bricht weitflächig zusammen

Viele Nadelhölzer, etwa die in Deutschland gern als Bauholz genutzten Rotfichten und auch Kiefern, sind nach einhelliger Erkenntnis besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels. Hitze, Trockenheit und in Folge Schädlingsbefall geben vielen geschwächten Bäumen den Rest. Selbst in den kühleren und feuchteren Mittelgebirgen wie etwa Harz und Schwarzwald bricht der Fichtenbestand weitflächig zusammen. Wenn entsprechende Brachen nicht sich selbst überlassen werden, suchen Experten nach Alternativen. Die Nutzbarkeit als Bauholz tritt dabei gegenüber der Widerstandskraft gegen den Klimawandel zurück.

Nach Meinung der Christdemokraten müsse die Rolle als Baustoff jedoch gestärkt werden. „Wer, wie im Nationalpark Harz, den Wald sich selbst überlässt mit dem Ziel, einen klimastabileren Wald zu schaffen, wird dort in den kommenden Jahrzehnten kaum Holz gewinnen können“, mahnt Westphal nach der Online-Konferenz, an der sich 15 Politiker beteiligt haben.

Tatsächlich hat Holz als Baustoff im Hinblick auf den Klimawandel mehrere Vorzüge. Es wirkt nicht nur als Kohlendioxidspeicher. Der Energieeinsatz für die Holzgewinnung beträgt nur ein Bruchteil gegenüber der Produktion von Stahl oder Mauerwerk. Die Zementproduktion übertrifft den Energieeinsatz und den CO2-Ausstoß der Holzgewinnung um ein Vielfaches. Da Holz in Deutschland weitflächig vorhanden ist, könnten Transportwege minimiert werden.

Im Herzogtum auf nachhaltige Holzwirtschaft setzen

Das wäre für die Umwelt besser, als die deutschen Wälder sich selbst zu überlassen und im Gegenzug immer mehr Holz zu importieren, ist Westphal überzeugt. Statt Raubbau in sibirischen Wäldern zu fördern, wolle er weiter auf nachhaltige Holzwirtschaft auch in den lauenburgischen Wäldern setzen. Mit mehr als 9000 Hektar Waldfläche, davon 7700 Hektar bewirtschaftet, ist der Kreis Deutschlands größter kommunaler Waldbesitzer.

„Etwa 40 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen gehen auf die Errichtung von Gebäuden zurück, sagen Experten“, so der forst- und umweltpolitische Sprecher der CDU-Kreistagsfraktion. Eine stärkere Fokussierung auf Holz als Baustoff könne daher „die Kohlendioxid-Emissionen stärker senken als etwa die Förderung der E-Mobilität“.

Prof. Hans-Joachim Schellnhuber, früherer Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, fordert nicht nur auf alle fossilen Energieträger zu verzichten, sondern auch, verstärkt auf Holz als Baustoff zu setzen. Sein Credo: Werden 90 Prozent der Gebäude in Holzbauweise errichtet, könne damit dem Klimawandel deutlich entgegengewirkt werden.

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