Geesthacht. Johanniter Krankenhaus droht 2021 ein Millionendefizit. Jens Spahn will nur noch ausgesuchten Kliniken ihr Corona-Minus ausgleichen.
Geschieht kein Wunder, droht dem Johanniter-Krankenhaus Geesthacht 2021 ein Millionendefizit. Von durchschnittlichen Einnahmen zwischen 42 und 44 Millionen Euro (pro Jahr) könnten Ende 2021 etwa 16 Millionen fehlen. Die Klinikleitung schlägt Alarm, ihr Vorwurf: Kleine Krankenhäuser wie Geesthacht werden in der Corona-Pandemie so stark benachteiligt, dass ihre Existenz gefährdet wird. Und das sei gewollt.
Von März bis September 2020 erhielten Krankenhäuser Ausgleichszahlungen des Bundes für verschobene Operationen und Behandlungen, für Mehrkosten infolge der aufwendigen Behandlung von Corona-Patienten zudem pauschal 50.000 Euro für jedes zusätzlich geschaffene Intensivbett. In der zweiten Corona-Welle hat das Bundesgesundheitsministerium die Regeln geändert: „Wir erhalten jetzt keine finanzielle Unterstützung mehr aus Berlin, dabei haben wir zwei Stationen mit jeweils 34 Betten geschlossen und betreiben jetzt eine Infektionsstation“, klagt Carsten Schwaab, Geschäftsführer des Geesthachter Johanniter-Krankenhauses.
Werden kleine Krankenhäuser in den Ruin getrieben?
Von im Normalfall 187 Betten stehen in Geesthacht derzeit lediglich 110 Betten zur Verfügung. Dazu kommt eine Auslastung von nur etwa 45 Prozent. Auch zwei von vier OP-Sälen sind derzeit geschlossen. Die sonst vom Kieler Gesundheitsministerium angenommene 85-Prozent-Auslastung sei anspruchsvoll, so Schwaab. „Aber uns fehlen etwa 45 Prozent, in der vergangenen Woche betrug unsere Belegung 77 Patienten.“
Umgekehrt ist die Infektionsstation stark belegt, von 20 Plätzen waren vergangene Woche zeitweilig 19 mit Covid-19-Patienten belegt. Es ist also nicht so, dass auf die Kapazitäten des Johanniter-Klinikums verzichtet werden könnte.
Das Geesthacher Krankenhaus erhalte keinen Ausgleich
„Die Behandlung von Corona-Patienten soll nach Vorgaben des RKI nicht nur räumlich, sondern auch personell vom anderen Betrieb getrennt werden“, erläutert Dr. Timo Rath, Ärztlicher Direktor der Klinik. Der hohe Personalbedarf infolge des Betreuungsschlüssels von fast eins zu eins, die Vielzahl leerstehender Betten und viele abgesagte Operationen treffen alle Krankenhäuser, die Corona-Patienten versorgen. Rath: „Nicht nachvollziehbar ist, warum viele einen finanziellen Ausgleich erhalten, das Geesthachter Krankenhaus aber nicht.“
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Die neuen Förderparameter halten die Geesthachter für nicht nachvollziehbar. Etwa die Vorgabe, dass finanzielle Unterstützung nur an Kliniken in Städten oder Landkreisen fließt, in denen der Inzidenzwert über 70 liegt. Und warum die Zahlungen an höhere Level in der Notfallversorgung gebunden werden, was diese Einstufung damit zu tun haben soll, dass an manche Kliniken Geld fließt, an andere nicht, habe ihm noch niemand erklären können, sagt Schwaab.
St.-Adolf-Stift in Reinbek erhält finanzielle Unterstützung
Größere Krankenhäuser in der Region, wie etwa das Reinbeker St. Adolf-Stift, erhalten Unterstützung, die kleineren Kliniken im Lauenburgischen, neben den Johannitern das DRK-Krankenhaus Mölln/Ratzeburg, dagegen nicht. Beide sind Kliniken der Grundversorgung mit deutlich weniger Betten als der St.-Adolf-Stift und das Bethesda-Krankenhaus Bergedorf. Doch alle haben ihren sonstigen Betrieb stark zurückfahren müssen, um hinreichend Betten und vor allem Personal für die Behandlung von Corona-Patienten stellen zu können. „Zur Johanniter GmbH in Berlin gehören neun Krankenhäuser unterschiedlicher Größe, Geesthacht ist derzeit das einzige, das keine Corona-Unterstützung des Bundes erhält“, bestätigt Schwaab.
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Die Ungleichbehandlung sei kein Irrtum, sondern gewollt, so der Vorwurf: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wolle in der Pandemie die Krankenhauslandschaft "bereinigen". Schwaab: „Will der Gesundheitsminister die Situation nutzen und ohne politische Diskussion kleine Krankenhäuser in die Insolvenz treiben?“
Allein die Länder seien für die Krankenhausplanung verantwortlich
Das Bundesgesundheitsministerium weist dies zurück. Für die Krankenhausplanung seien allein die Länder verantwortlich. „Der Bund kann im Rahmen seiner auf die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser beschränkten Kompetenz lediglich Regelungen zur Krankenhausfinanzierung erlassen. Einfluss auf den Fortbestand einzelner Krankenhausstandorte hat der Bund daher nicht.“
Zugleich bestätigt das Ministerium, dass Krankenhäuser allgemein einen „Ausgleich für pandemiebedingte Erlösrückgänge“ für 2020 vereinbaren können. Seit 18. November 2020 müssen sie jedoch „eine besondere Expertise zur intensivmedizinischen Behandlung von an Covid-19 erkrankten Patientinnen und Patienten aufweisen“, zudem werde in Abhängigkeit „von der lokalen Sieben-Tage-Inzidenz“ gezahlt. Künftig könnten „Krankenhäuser mit Spezialisierung auf Lungen- und Herzerkrankungen, die aufgrund ihrer Erfahrung in der intensivmedizinischen Behandlung und Beatmung für die Behandlung von Covid-19-Patienten ebenfalls besonders geeignet sind, (...) Ausgleichszahlungen erhalten.“
Keine Antworten gab das Ministerium auf die Frage, wie die Auswahl der Krankenhäuser begründet ist, und auch nicht, ob für die Behandlung von Corona-Patienten künftig auf die Kliniken verzichtet werden könne, die vom Bund dafür kein Geld mehr erhalten sollen.