Geesthacht. Patienten warten zu lange. Immer häufiger werden bereits entwickelte Tumore im Johanniter-Krankenhaus entdeckt.
Corona steht im Focus, das lässt die Sorge vor anderen Erkrankungen in den Hintergrund treten. Vorsorgeuntersuchungen würden auch während der zweiten Welle nicht in dem Umfang wahrgenommen, wie das vor Corona der Fall war, teilt das Johanniter-Krankenhaus in Geesthacht mit. Untersuchungen und Behandlungen würden aus Angst vor einer Corona-Infektion verschoben, haben die Mediziner beobachtet. Beim ersten Lockdown im Frühjahr war der Zugang zu den Krankenhäusern zur Vermeidung weiterer Corona-Fälle durch die Politik stark beschränkt worden.
Das Verhalten der Patienten bereitet den Ärzten Sorge. „Gerade bei Tumorerkrankungen ist es wichtig, die ersten Anzeichen ernst zu nehmen und sich möglichst bald untersuchen zu lassen. In einem frühen Stadium haben Krebserkrankungen die besten Heilungschancen. Wer hier wegen Angst vor eine Corona-Ansteckung wartet, verschenkt möglicherweise Lebenszeit“, sagt Dr. Klaus von Oertzen, Chefarzt der Frauenklinik und Leiter des Brustzentrums Herzogtum Lauenburg: „Immer wieder stellen sich in der Brustsprechstunde Patientinnen mit einem schon deutlichen Tastbefund vor.“
Erste Symptome auf Darmkrebs werden häufig nicht ernst genommen
Dr. Frank Templin, Chefarzt der Abteilung für Chirurgie im Johanniter- Krankenhaus, ergänzt: „Aufgrund meiner Erfahrungen im Darmzentrum kann ich dies nur bestätigen. Die ersten Symptome wie Übelkeit, Völlegefühl, Bauchschmerzen, Verdauungsbeschwerden sowie veränderte Stuhlgewohnheiten werden häufig nicht ernst genommen. Erst wenn eindeutigere Anzeichen wie Blut im Stuhl auftreten, wird der Arzt aufgesucht. Da hatte der Tumor unter Umständen schon Gelegenheit, sich zu entwickeln. Solche entwickelten Tumore sehen wir jetzt öfter.“
Dr. Timo Rath, Ärztlicher Direktor des Krankenhauses in Geesthacht, fasst zusammen: „Es gibt derzeit keinen Anlass, einen Arztbesuch aus triftigem Grund wegen der zweiten Corona-Welle aufzuschieben. Man sollte nicht vergessen, dass alle im vergangenen halben Jahr dazugelernt haben. Krankenhäuser stehen jetzt mit ihrem gesamten Leistungsspektrum weiter zur Verfügung. Unser Krankenhaus ist zwar gut ausgelastet, die Versorgungslage ist aber nicht angespannt.“
In der Notaufnahme gibt es Isolationszimmer
So sei im Johanniter seit dem Aufkommen von Corona nicht ein einziger Patient mit dem Virus infiziert worden. „Wir haben ein ausgefeiltes Sicherheitskonzept etabliert. Alle Patientinnen und Patienten, die stationär aufgenommen werden oder sich einer ambulanten Operation unterziehen, erhalten einen Corona-Schnelltest“, erklärt Dr. Rath.
Die Klinik verfügt in der Zentralen Notaufnahme über Isolationszimmer, denen Schleusen vorgelagert sind. Verdachtsfälle werden dort mit Corona-Schnelltests innerhalb von 20 Minuten getestet, bestätigte Fälle kommen auf die Isolierstation. Die Operationssäle im Johanniter sind mit einer Absaugtechnik ausgerüstet und somit in der Lage, infektiöse Aerosole – sofern vorhanden – von Patienten und behandelndem Personal fernzuhalten.