Geesthacht/Ratzeburg. Kiel überlässt den Kreisen, örtlich begrenzte Verbote zu verhängen. Nur noch Restbestände vom vergangenen Jahr können genutzt werden.
Die Verwirrung ist groß, in manchen Wochenblatt- und vereinzelten Zeitungsbeilagen werden weiter Raketen und Böller angepriesen. Dabei ist der Verkauf derartiger Silvesterartikel bundesweit verboten, doch viele Beilagen und Flyer waren längst gedruckt und die Zustellung konnte vereinzelt nicht mehr gestoppt werden. Tatsächlich ist das Chaos aber weitaus größer.
Obwohl der Verkauf verboten ist, ist vielerorts das Abbrennen von Feuerwerk erlaubt. Das gilt in der Regel dort, wo nicht andere allgemeine Beschränkungen gelten, etwa rund um Krankenhäuser und Altenheimen oder zum Schutz von Strohdachhäusern. Oder dort, wo Feuerwerk verboten wurde, weil es immer wieder in großen Menschenansammlungen zu Verletzungen kam.
Verkauf von Raketen ist verboten, das Böllern ist erlaubt
Hamburg hat für das anstehende Silvester ein Böllerverbot für die ganze Stadt ausgesprochen, die niedersächsische Landesregierung ist dagegen mit dem Versuch krachend gescheitert, Feuerwerk per Verordnung landesweit zu untersagen. In Schleswig-Holstein wiederum sollen die Kommunen dies regeln.
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG) hat der Landesregierung in Hannover klare Grenzen gesetzt. Allein der Hinweis auf die Corona-Pandemie und den Infektionsschutz seien nicht geeignet, ein landesweites, allgemeines Böllerverbot zu begründen. Zudem sei ein umfassendes Verbot aller Arten von Feuerwerkskörpern nicht erforderlich, befand das Gericht in dem Normenkontrollverfahren: So hätten etwa Wunderkerzen, Knallerbsen und Tischfeuerwerk nicht das Potenzial, Menschenansammlungen zu provozieren.
OVG: Wunderkerzen und Knallerbsen provozieren keine Menschenmassen
Die Lüneburger Oberverwaltungsrichter gestanden der Landesregierung in dem Fall auch keine Berufung zu. Folge: Wenn Hannover den Plan weiter verfolgen will, kann die Landesregierung nur versuchen, Verbote kleinteiliger durchzusetzen. Das ist inzwischen geschehen: Die Kommunen sollen Verbote für besonders belebte Straßen und Plätze erteilen.
Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat diesen Weg bereits frühzeitig beschritten. Kiel delegiert die Verantwortung an die kommunale Ebene weiter. Folge: erhöhter Abstimmungsbedarf.
„Das kann die Stadt Geesthacht nicht allein entscheiden, dafür ist der Kreis Herzogtum Lauenburg zuständig“, erklärte dazu kürzlich Stadtsprecherin Wiebke Jürgensen auf Nachfrage. Die Abstimmung mit den kreisangehörigen Kommunen ist inzwischen erfolgt. „Nach Rücksprache wurde entschieden, im Kreis Herzogtum Lauenburg keine weiteren Beschränkungen für Feuerwerk zu erlassen“, erläuterte Kreissprecher Tobias Frohnert.
Scharfe Kontaktbeschränkungen gelten auch in Silvesternacht
Angesichts des geltenden Verkaufsverbotes könnten nur noch Restbestände aus dem vergangenen Jahr zum Einsatz kommen. „Wer noch zwei bis drei Raketen im eigenen Garten startet, wird doch kaum viele Nachbarn locken“, ist Frohnert zuversichtlich. Menschenansammlungen, ob auf privaten oder öffentlichen Flächen, seien zudem allein schon durch die verschärften Kontaktbeschränkungen verboten.
Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick:
- Corona-News des Tages: Alle Wichtige im Überblick
- Die aktuelle Corona-Lage in Berlin
- Interaktive Corona-Karte - von China bis Hamburg
- Hier können Sie den täglichen Corona-Newsletter kostenlos abonnieren
Der Ärztekammer Niedersachsen reicht das nicht. Sie hat die Landesregierung in Hannover aufgefordert, alles zu unternehmen, Feuerwerk weitgehend zu beschränken, auch, um die Krankenhäuser in der Silvesternacht vor einem Zustrom von Bölleropfern zu schützen.
Das Landesgesundheitsministerium hatte daraufhin angekündigt zu prüfen, ob durch eine Neufassung der Verordnungen rechtssichere Verbote unter Berücksichtigung des OVG-Urteils erreicht werden können. Ergebnis: Auch in Niedersachsen haben jetzt die Landkreise und kreisfreien Städte das letzte Wort, wo zusätzliche, örtliche begrenzte Böllerverboten erlassen werden.