Hamburg. Böllerverbot, kein Anstoßen im öffentlichen Raum: Polizei und Feuerwehr mit Großaufgebot. Nur fünf Personen dürfen sich treffen.
Die Polizei bereitet sich mit einem Großaufgebot auf den Jahreswechsel vor. Sämtlich Peterwagen werden besetzt sein, auch die gesamte Bereitschaftspolizei ist im Einsatz. In der ganzen Stadt gelten ein Böllerverbot und weitere drastische Einschränkungen.
Es wird ein ganz anderes Silvester, leiser und kontaktärmer. Feuerwerk über den Landungsbrücken? Große Partys? Nicht erlaubt! Das sonst so beliebte Böllern ist in diesem Jahr verboten, um die Kliniken mit ihren Notaufnahmen zu entlasten. Das Verwaltungsgericht Hamburg lehnte am Montag zwei Eilanträge ab, mit denen sich die Antragssteller gegen das Böllerverbot gewandt hatten. Nach Auffassung der zuständigen Kammern „dürfte sich das Feuerwerksverbot als notwendige Schutzmaßnahme zur Eindämmung der Pandemie erweisen“. Es diene vorrangig dazu, Kontakte zu reduzieren und Menschen-Ansammlungen zu verhindern, heißt es in der Begründung.
Mit Sekt auf der Straße anstoßen? Verboten
Es bleibt also dabei: Feuerwerkskörper dürfen weder auf der Straße noch auf privatem Grund, also auch nicht im Garten, auf Balkonen und Terrassen, abgebrannt werden. Ausgenommen sind so genannte Knallerbsen, Tischfeuerwerk oder Wunderkerzen, die zum Feuerwerk der Kategorie F1 zählen und ohnehin das ganze Jahr über verkauft werden dürfen.
Mehr noch: Verboten ist es in diesem Jahr auch, auf der Straße mit Sekt und anderen alkoholischen Getränken anzustoßen. Denn wegen Corona gilt in ganz Hamburg ein „Alkoholverbot im öffentlichen Raum“. Auch für den privaten Bereich gibt es drastische Einschränkungen. So dürfen neben den Angehörigen des eigenen Haushalts höchstens Verwandte und Verschwägerte, Verlobte oder Pflegeeltern, aber auch die Ex-Frau/Ex-Mann zur Silvesterfeier kommen. Auch das Treffen mit Personen aus dem eigenen Haushalt ist zulässig. In allen Fällen dürfen aber nicht mehr als fünf Menschen ab einem Alter von 14 Jahren zusammen sein. Kleinere Kinder zählt die Behörde nicht mit. Als Faustregel gilt: Es dürfen fünf Personen aus zwei Haushalten zusammen feiern.
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Polizei, Feuerwehr und weitere Einsatzkräfte stellen sich auf die neue Lage ein. Zwar rechnen die Beamten nicht damit, dass große Massen von Menschen auf den Kiez oder an den Hafenrand kommen. Stattdessen gehe man davon aus, dass viele Menschen in ihren Stadtvierteln bleiben – und es gerade dort zu Verstößen kommen könnte, wie ein Polizist sagt. Daher wird in jeder der acht polizeilichen Regionen, in die Hamburg aufgeteilt ist, das örtliche Leit-Polizeikommissariat eigene Schwerpunkte für den Silvestereinsatz setzen. Hauptziel ist es, die Einhaltung der Corona-Eindämmungsverordnung zu überwachen und zu verhindern, dass größere Silvesterpartys gefeiert werden.
Wo die Schwerpunkte liegen werden und in welchem Umfang die Einhaltung der Verordnung durchgesetzt werden muss, ist unklar. „Wir haben bislang keine Erfahrung mit der bevorstehenden Situation machen können“, so der Beamte. „Wir gehen aber davon aus, dass sich das Geschehen in die Stadtteile verlagern wird. Wir haben damit den Fokus auf der Fläche.“ So wird die Polizei unter anderem eine Reserve bereithalten, die für Schwerpunkte angefordert werden kann. „In Hamburg sind die Wege kurz. Es wird kein Problem sein bei Bedarf auch in entsprechender Stärke schnell vor Ort zu sein.“
Die Feuerwehr ist stärker aufgestellt als in den Vorjahren. „Das ist Corona geschuldet“, so Feuerwehrsprecher Jan Ole Unger. So ist an der Feuerwehrakademie die zweite Stelle für Fahrzeugdesinfektionen, insbesondere nach dem Transport von Coronapatienten, auch zum Jahreswechsel besetzt.
In der Leitstelle wird „jeder Telefonhörer“ erreichbar sein. „Dort sind wir mit doppelt so viel Personal im Einsatz wie normalerweise“, so Unger. Es werden zusätzliche Löschfahrzeuge, zwei weitere Drehleitern und zahlreiche Rettungswagen mehr einsatzbereit sein. „Es gibt zwar das Böllerverbot. In den vergangenen Jahren waren aber illegales Feuerwerk das Problem, das auch damals nicht verkauft werden durfte“, so Unger. „Durch solche Pyrotechnik gab es die schweren Verletzungen. Wir müssen erst einmal davon ausgehen, dass dieses Feuerwerk schon besorgt und in vielen Fällen auch gezündet wird.“
In der Silvesternacht gilt ein Versammlungsverbot
Den freiwilligen Feuerwehren bleibt es in diesem Jahr selbst überlassen, wie sie verfahren. Einige Wehren verzichten auf durchgehende Präsenz an den Gerätehäusern. Auch weil weniger Kleinbrände durch Feuerwerkskörper zu erwarten sind.
Schwierig könnte es für die Polizei beim Versammlungsverbot werden, das - obwohl die Demonstrationsfreiheit durch das Grundgesetz besonders geschützt ist - für den 31. Dezember und 1. Januar verhängt wurde. Zwar wurde die angekündigte Demonstration unter dem Motto „Silvester zum Knast“ offiziell abgesagt. Es wird aber nicht ausgeschlossen, dass es Aktionen durch Linksextremisten gibt.
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Der Landesverband des Deutschen Mieterbundes (DMB) rechnet während der Silvesternacht mit erheblichen Lärmbelästigungen in den Wohnhäusern. Der Grund: Die meisten Menschen sind gezwungen, die Silvesternacht weitestgehend in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Es werde sich daher nicht vermeiden lassen, dass es vermehrt zu Lärmstörungen kommt, sagte Siegmund Chychla, Landesvorsitzender des Mieterbundes in Hamburg. Er betont, dass es zu Silvester eine „erweiterte Toleranzgrenze“ beim Lärm gebe. „Dennoch gilt auch an diesem Tag das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.“ Auch der Mieterbund verweist darauf, dass Feuerwerkskörper mit Ausnahme von pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F1 nicht abgebrannt werden dürfen. Wer sich nicht daran halte, begehe eine Ordnungswidrigkeit und riskiere eine Geldstrafe. Der Mieterverein hofft, dass sich die Hamburger bemühen, Störungen der Nachbarschaft weitestgehend zu vermeiden. „Lautes Musikhören bis in die frühen Morgenstunden geht auf gar keinen Fall.“
Unterdessen meldete die Hansestadt am Montag 153 neue Corona-Neuinfektionen. Die Zahl der Neuinfektionen in den vergangenen sieben Tagen pro 100.000 Einwohner ging somit auf 145,4 leicht zurück. Diese Daten sind allerdings nur bedingt aussagefähig, weil an den Wochenenden weniger getestet wird und nicht alle Zahlen von den Gesundheitsämtern übermittelt werden.
Doch es gibt weitere Zeichen der Hoffnung: Die Mobilen Impfteams setzen ihre Arbeit in den Alten- und Pflegeheimen fort. Rund 500 weitere Personen sollten am Montag im Poppenbüttler Hospital zum Heiligen Geist ihr Vakzin gegen das Corona-Virus erhalten, außerdem standen Impfungen in der Barmbeker Pflegen- und Wohnen-Einrichtung Finkenau auf dem Programm. Nach Behördenangaben verfügen sämtliche Mobile Teams derzeit über ausreichend Personal, weil zahlreiche Mediziner dem Aufruf der Gesundheitsbehörde gefolgt waren. Am Montag wurde in der Hansestadt eine weitere Lieferung mit 4875 Impfdosen erwartet. Mit Beginn des neuen Jahres werde Hamburg wöchentlich 14.625 Dosen der Firma Biontech/Pizer erhalten. Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) hofft, dass bis zum Ende dieses Jahres mehr als 10.000 Menschen gegen das Virus geimpft sein werden.
Die Impfverordnung des Bundesgesundheitsministeriums legt fest, wer sich zuerst impfen lassen darf. Das sind in der Stufe 1 (höchste Priorität) Menschen im Alter von 80 Jahren und älter, Bewohner von Senioren- und Altenpflegeheimen sowie das dortige und ausgewähltes medizinisches Personal. Die betreffenden Personen werden informiert und müssen selbst nicht aktiv werden. An diesem Dienstag beginnt der Testlauf im Corona-Impfzentrum in den Messehallen. Dort können täglich bis zu 7000 Menschen geimpft werden. Weitere Informationen zum detaillierten Anmeldeverfahren werden die Behörden mitteilen.
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Hamburger Mediziner
Bereits in der vergangene Woche hatte der Senat den Schutz für Bewohner von Pflegeeinrichtungen verstärkt und verfügt, dass Besuche nur noch gestattet sind, wenn Besucher einen negativen Test vorlegen können, der nicht älter als 48 Stunden (Antigentest) bzw. 72 Stunden (PCR-Test) ist. Eine entsprechende Ausnahmeregelung wegen der Weihnachtstage ist jedoch am Montag ausgelaufen. „Danach muss auf jeden Fall auch für den Besucherbereich ein negatives schriftliches oder elektronisches Testergebnis vorliegen“, heißt es in der Mail einer Senioreneinrichtung an die Besucher. Ausnahmen gebe es nur, wenn sich ein Bewohner in einem „unmittelbaren Sterbeprozess“ befinde. Die Einrichtungsleitungen setzen darauf, dass nunmehr zusätzliche kostenfreie Schnelltests für die Besucher angeboten werden können.
Indes ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen einen Mediziner. Er soll falsche Atteste im Zusammenhang mit der Pandemie ausgestellt haben. „Die Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht waren bei unterschiedlichen Gelegenheiten, beispielsweise bei Kontrollen in Zügen, aufgefallen“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag. Der Hamburger Arzt sei ein bekannter Corona-Skeptiker und bereits bei mindestens einer „Querdenken“-Demonstration als Redner aufgetreten. Außerdem gehöre er zur coronakritischen Initiative „Ärzte für Aufklärung“. Auf Anfragen habe er zunächst nicht reagiert, hieß es. Im Falle einer Verurteilung könnte dem Arzt auch der Entzug der Approbation drohen.
Der Gründer der „Querdenken“-Initiative, Michael Ballweg, hatte am Heiligabend angekündigt, vorerst keine großen Demonstrationen mehr anzumelden. Er wolle den Winter nutzen, um Kräfte für den Frühling zu sammeln, begründete er sein Vorgehen. Dies empfehle er auch anderen „Querdenken“-Gruppen. „Ich möchte euch bitten, das Verbot zu akzeptieren“ sagte Ballweg in einem Video.