Luxemburg/Wiershop. Wiershop. Der Europäische Gerichtshof hat Deutschland wegen Überdüngung verurteilt. Das Problem trifft Bauern und die Buhck-Gruppe.
Seit Jahren ist die Überdüngung von Böden, Grundwasser und Gewässern in Deutschland Thema. – nicht zuletzt durch die intensive Nutztierhaltung, durch die massenweise Gülle und damit Stickstoff in Form des Salzes Nitrat (NO3) anfällt, das das Algenwachstum anregt und damit ein Gewässer „umkippen“ lassen kann. Zudem wird aus Nitrat auch Nitrit (NO2), das zu Durchblutungsstörungen führen kann und im Verdacht steht, Krebs zu erregen.
Strafzahlungen in Millionenhöhe?
Für die Verunreinigung des Grundwassers durch Nitrat gab es am Donnerstag vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Quittung. Er verurteilte nach einer Klage der EU-Kommission die Bundesrepublik. Deutschland könnten damit Strafzahlungen in Millionenhöhe drohen, Umweltschützer fordern seit langem ein Umdenken bei der deutschen Agrarpolitik. Allerdings bezieht sich das EuGH-Urteil auf Verstöße, die sich vor 2014 ereigneten. Die Bundesregierung wies am Donnerstag darauf hin, dass sie mit der Novellierung der Düngemittelverordnung im Jahr 2017 inzwischen reagiert habe.
Bauernverband lobt Verordnung als Fortschritt
Diese Einschätzung teilt Klaus-Peter Lucht. „Das Urteil ist schon jetzt Schnee von gestern“, sagte der Vizepräsident des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes gegenüber unserer Zeitung. 2014 habe eine deutliche Intensivierung der Landwirtschaft stattgefunden, die sich in den Nitrat-Werten niedergeschlagen habe. Inzwischen gebe es ein wesentlich größeres Netz an Messpunkten und die Landwirte würden strikt nach den Bodenwerten düngen. So lege der Nitratwert im Boden fest, wie viel Stickstoff der Bauer noch ausbringen darf. Die Düngemittelverordnung sei dabei ein Fortschritt.
Lucht, der selbst einen Milchviehbetrieb im Kreis Rendsburg-Eckernförde betreibt, berichtet, dass er wesentlich weniger Nitrat und damit Stickstoff in den Boden einbringe als in den zurückliegenden Jahren. „Wir sehen die Verbesserung der Gewässerqualität als gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betonte Lucht. Nicht nur die Bauern seien gefordert.
Wissenschaftler warnt: Änderungen nicht ausreichend
Der Kieler Agrar-Professor Friedhelm Taube hatte in einem Gutachten zur Düngemittelverordnung festgestellt, dass trotz der Änderungen sogar teils mehr Gülle auf den Äckern lande. „Die Belastung durch Nitrat ist in Deutschland inzwischen dramatisch“, sagte er in einem Interview der Zeitung „Die Welt“. Zu den kritischen Gebieten gehöre Schleswig-Holstein, wo auf sandigen Böden Nitrat besonders schnell ins Grundwasser eindringen könne und es gleichzeitig intensive Nutzierhaltung gibt. Gegen diesen pauschalen Vorwurf verwahrt sich Peter Koll, Geschäftsführer der Kreisbauernverbände Herzogtum Lauenburg und Stormarn. In beiden Gebieten seien ihm keine Überschreitungen der EU-Nitratgrenzen im Trinkwasser von 50 Milligramm pro Liter bekannt. Die Bauern würden bereits ihren Teil beitragen.
Buhck bleibt auf Kompost sitzen
Das Abfallwirtschaftszentrum der Buhck-Gruppe in Wiershop (AWZ) verarbeitete 2017 insgesamt 27 000 Tonnen Strauchschnitt und Gartengrün. Hieraus wurden 16 000 Tonnen Kompost, die wieder in Gärten und auf Feldern aufgebracht wurden. „Ein völlig ökologischer Kreislauf ganz ohne Zusatzstoffe, der aber durch eine Änderung der Düngemittelverordnung jetzt leider so nicht mehr problemlos möglich ist“, erklärt Thomas Buhck, Geschäftsführer der Gruppe.
Entsorgungsfirma sieht sich benachteiligt
Hintergrund ist die überarbeitete Düngemittelverordnung, die die Ausbringung von Nitrat und damit Stickstoff auf landwirtschaftlichen Flächen begrenzt. Olaf Hartig von der AWZ-Geschäftsführung kritisiert die Verordnung als „nicht plausibel“. Bei der Änderung sei es vor allem um das gelöste Nitrat im Klärschlamm gegangen. „In unserem Kompost ist ebenfalls Nitrat enthalten, allerdings in fester Form, das über einen langen Zeitraum abgegeben wird“, so Hartig. Durch den Kompost würden die Landwirte schnell die zulässigen Grenzwerte erreichen. Dabei verbessere die Komposterde als Langzeitdünger die Bodenstruktur und bietet gegenüber Kunstdünger so deutliche Vorteile. „Leider werden lösliches und festes Nitrat in der Verordnung in einen Topf geworfen“, kritisiert Hartig.
Holzasche als Lösung?
Während kleinere Kompostierungen aufgeben mussten, hat die Buhck-Gruppe nach Alternativen gesucht, denn die gewerbliche Abnahmemenge ließe sich durch private Kunden nicht kompensieren. Buhck hat den „Regio-Dünger“ entwickelt, der zu 50 Prozent aus Kompost und zu 50 Prozent aus Holzasche (Phosphat-Kalium-Dünger statt Stickstoff) besteht. Die Holzasche wird einem Lohbrügger Heizwerk abgenommen. „Allerdings scheuen viele ehemalige Kunden das Neuprodukt“, so Hartig. Es wird befürchtet, dass es sich nicht streuen lasse oder nicht unbedenklich sei.
Als zweiter Vertriebsweg setzt Buhck auf Biobauern: „Die bevorzugen traditionell Kompost statt Kunstdünger, weil Kompost nun einmal der natürlichste Dünger ist“, berichtet Hartig. Allen Siegeln (Naturland, Bioland) wird Buhck mit den nötigen Zertifikaten gerecht. Für 300 000 Euro hat Buhck für die Kompostierung eine neue Siebanlage gekauft, die Entsorgungspreise für Busch- und Gartenabfall sind deshalb auf 23 Euro pro Kubikmeter gestiegen.